Giftanschlag London gegen gemeinsame Ermittlungen

SDA

4.4.2018 - 19:01

Nun befasst sich die OPCW mit dem Fall Skripal. Die britische Delegation lehnt es jedoch entschieden ab, bei den Ermittlungen mit Russland zusammenarbeiten zu wollen.
Nun befasst sich die OPCW mit dem Fall Skripal. Die britische Delegation lehnt es jedoch entschieden ab, bei den Ermittlungen mit Russland zusammenarbeiten zu wollen.
Source: KEYSTONE/EPA ANP/BART MAAT

Grossbritannien lehnt den Vorschlag Russlands für eine gemeinsame Untersuchung des Nervengift-Anschlags von Salisbury ab. Es hält an den Vorwürfen gegen den Kreml fest.

Beim Vorschlag handle es sich um ein Ablenkungsmanöver, twitterte die britische Delegation bei der Sondersitzung der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) am Mittwoch in Den Haag. Russland wolle lediglich weitere Desinformationen streuen, um sich vor den eigentlichen Fragen wegzuducken, die die russischen Behörden beantworten müssten.

Ein Vertreter Grossbritanniens erklärte an der Sitzung, es sei höchstwahrscheinlich, dass der russische Staat für die Attacke verantwortlich sei. Das britische Chemiewaffen-Labor hatte am Dienstag erklärt, die Herkunft des Gifts lasse sich nicht bestimmen.

Die EU forderte Russland auf, mit der OPCW bei deren Untersuchung zu kooperieren. Die Regierung in Moskau müsse die legitimen Fragen Grossbritanniens beantworten, erklärte die EU bei der Sondersitzung in Den Haag, die auf Antrag Russlands einberufen worden war.

Nach Einschätzung aus Diplomatenkreisen dürfte dabei jedoch nicht die Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommen, um eine neue, gemeinsame Untersuchung zu starten. Die OPCW überwacht die Einhaltung der Chemiewaffen-Konvention von 1997. Grossbritannien macht die Regierung in Moskau für den Anschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter verantwortlich, was diese zurückweist.

Ergebnisse nächste Woche

Die OPCW hatte nach dem Anschlag in Salisbury Proben genommen, die in zwei unterschiedlichen Labors untersucht werden sollen. Die Ergebnisse sollen voraussichtlich in der kommenden Woche vorliegen.

Die Experten des britischen Bio- und Chemiewaffenlabors in Porton Down kamen unterdessen zum Schluss, dass es sich bei dem verwendeten Nervengift um eine Substanz aus der in der Sowjetunion entwickelten Nowitschok-Gruppe handelt. Sie konnten nach eigenen Angaben aber nicht herausfinden, ob das Gift in Russland hergestellt wurde.

Die deutsche Regierung wies russische Unschuldsbeteuerungen erneut zurück. Über die Untersuchung der Nervengift-Spuren in Salisbury hinaus gebe es weitere Erkenntnisse, die auf Russland als Urheber des Anschlags hindeuteten, sagte ein Sprecher des Aussenministeriums.

Über welche weiteren Erkenntnisse die deutsche Regierung verfüge, um Russland die Verantwortung zuzuweisen, wollte der Sprecher nicht sagen. "Da ist eine Vertraulichkeit zu wahren, auch zum Schutze der Betroffenen", sagte er.

Putin für "gesunden Menschenverstand"

Russland will nun eine Sondersitzung des Uno-Sicherheitsrates einberufen. Das Gremium solle sich am Donnerstag mit den britischen Vorwürfen gegenüber dem Kreml befassen, sagte der russische Uno-Botschafter Wassili Nebensja in New York.

Während seines Besuchs in Ankara sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch, er erwarte, dass sich in dem Streit der "gesunde Menschenverstand" durchsetze und die internationalen Beziehungen nicht länger derart beschädigt würden.

Am Vorabend hatte Putins Sprecher von London eine Entschuldigung gefordert, nachdem das britische Militärlabor die russische Herkunft des Nervengifts im Fall Skripal nicht nachweisen konnte. Der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergej Narischkin, machte am Mittwoch erneut amerikanische und britische Nachrichtendienste für das Attentat verantwortlich.

Skripal ist nach dem Anschlag weiter in kritischer Verfassung, während sich der Zustand seiner Tochter Julia gebessert hat. Der Anschlag hat die Beziehungen zwischen Grossbritannien und Russland sowie zahlreichen weiteren westlichen Staaten auf den tiefsten Stand seit dem Ende des Kalten Krieges stürzen lassen.

Viele westliche Staaten wiesen nach dem Attentat etwa 130 russische Diplomaten aus, worauf Russland ebenfalls mit Ausweisungen reagierte. Am Mittwoch erklärte Moskau je einen Diplomaten aus Belgien und Ungarn zu unerwünschten Personen, nachdem diese Länder ebenfalls russische Diplomaten ausgewiesen hatten.

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