Frankreich Macron will mit umstrittenem nationalen Reformdialog Konsens schaffen

SDA

8.9.2022 - 16:54

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, gibt während der Eröffnung des sogenannten Nationalen Rats der Erneuerung eine Pressekonferenz. Foto: Michel Euler/AP Pool/dpa
Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, gibt während der Eröffnung des sogenannten Nationalen Rats der Erneuerung eine Pressekonferenz. Foto: Michel Euler/AP Pool/dpa
Keystone

In einem politisch wie gesellschaftlich gespaltenen Frankreich will Staatschef Emmanuel Macron mit einem umstrittenen Reformdialog Übereinstimmung in Grundsatzfragen erreichen.

«Das erste Ziel ist es, (...) wieder Konsens darüber zu schaffen, wohin das Land sich bewegt», sagte Macron am Donnerstag in Marcoussis bei Paris anlässlich der Eröffnung des sogenannten Nationalen Rats der Erneuerung. Unklar blieb, was genau das von den politischen Institutionen losgelöste Forum inhaltlich erreichen soll.

Gemeinsam mit etwa 40 Vertreterinnen und Vertretern aus der Lokalpolitik, von Verbänden und Gewerkschaften wollte Macron beim ersten Treffen des Dialogforums die Themen Bildung, Gesundheit, Arbeit, Klimawandel und Altern besprechen. Macron kündigte bei den Punkten Klimawandel und Altern auch Bürgerbeteiligung an, da diese Themen für viel Spannung innerhalb der Gesellschaft sorgten. Ziel sei es, die Franzosen wieder ins Zentrum der entsprechenden Entscheidungen zu stellen. Auch soll es darum gehen, wie Themen konkret in den Kommunen angegangen werden können.

Macron will mit dem Format, wie zu seiner Wiederwahl angekündigt, eine neue politische Arbeitsweise schaffen und Akteure aus verschiedensten Bereichen zur Lösungsfindung zusammenbringen. Die Opposition sieht das Vorhaben kritisch und will die Debatte lieber im Parlament führen. Trotz Einladung blieben die Parteien dem Treffen fern.

«Das ist die zweite Staffel des grossen Blabla», sagte das linke Urgestein Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise. Auch aus den Reihen des rechtsnationalen Rassemblement National hiess es, das Forum sei «ein weiteres Dingsbums». Der Parteivorsitzende Jordan Bardella twitterte, man wolle sich nicht an der Kommunikationsstrategie des Präsidenten beteiligen. Die Vorsitzende der konservativen Republikaner, Annie Genevard, schrieb in einem Brief an Macron, Antworten auf die grundlegenden Fragen sollten zunächst durch eine Vertiefung der Debatten in den Parlamentskammern erdacht werden. Angst davor, Macron wolle das Parlament umgehen, gibt es auch, weil Macrons Lager seit den Parlamentswahlen im Juni im Unterhaus geschwächt ist und Vorhaben nicht mehr alleine durchbringen kann.

Da bisherige Foren mit Bürgerbeteiligung nicht den erhofften Einfluss hatten, herrscht teils erhebliche Skepsis. Die Grünen-Abgeordnete Sandrine Rousseau veröffentlichte auf Twitter eine Liste bisheriger Dialog- und Reformformate. «Das war bisher. Und natürlich waren die von der Regierung getroffenen Massnahmen nie angemessen.» Entsprechend kassierte Macron reihenweise Absagen von Parteien, Gewerkschaften und auch vom wichtigen Vorsitzenden des Senats.

«Die Abwesenden haben immer Unrecht», konterte Macron und versicherte gleichzeitig, die Tür werde immer offen stehen. Der Élyséepalast versuchte, zu beschwichtigen. Das Forum sei keine neue Institution und ersetze das Parlament nicht. Gesetze mache weiterhin das Parlament, Sozialverhandlungen lägen weiterhin bei den Sozialpartnern. Es sei aber auch notwendig, dass alle zusammenarbeiteten.