Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Ehrendoktorwürde der US-Universität Harvard erhalten, weil ihre Zeit im Amt geprägt gewesen sei «von Pragmatismus und kluger Entschlossenheit». In ihrer Rede beschwor Merkel die internationale Zusammenarbeit und den freien Handel.
Harvard-Präsident Larry Bacow verlieh Merkel die Auszeichnung am Donnerstag bei einer feierlichen Zeremonie in der Hochschule in Cambridge, einem Vorort von Boston.
Explizit lobte die Universität Merkels Slogan «Wir schaffen das» in der Flüchtlingskrise, der ihr in Deutschland viel Kritik eingebracht hatte. Merkels Entscheidung, in grosser Zahl Migranten und Flüchtlinge ins Land zu lassen, habe ihren Willen gezeigt, für das einzustehen, was sie für richtig halte – auch wenn dies unpopulär sei.
Das Gleiche gelte etwa auch für ihr Vorgehen in der europäischen Schuldenkrise. Merkel bekam bei der Verleihung viel Applaus. Während der Ehrung brandete mehrfach Beifall von Absolventen und anderen Zuhörern auf. Merkel war in eine pinkfarbene akademische Robe gekleidet.
Am späten Abend hielt Merkel eine Rede. Dabei beschwor sie die internationale Zusammenarbeit und den freien Welthandel. «Mehr denn je müssen wir multilateral statt unilateral denken und handeln», sagte Merkel unter dem Jubel von rund 20'000 Absolventen, Angehörigen und Professoren der US-Eliteuniversität Harvard.
Gehandelt werden müsse global statt national, weltoffen statt isolationistisch – «gemeinsam statt alleine». Protektionismus und Handelskonflikte gefährdeten den freien Welthandel und damit die Grundlage des Wohlstands, warnte Merkel, ohne US-Präsident Donald Trump zu nennen.
Mit Blick auf den von Menschen verursachten Klimawandel und die daraus folgenden Krisen sagte die Kanzlerin, man müsse «alles Menschenmögliche tun, um diese Menschheitsherausforderung wirklich in den Griff zu bekommen». Noch sei dies möglich. «Doch dazu muss jeder seinen Beitrag leisten», sagte Merkel.
«Das sage ich auch selbstkritisch» – man müsse hier besser werden. Sie werde sich deshalb «mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass Deutschland 2050 das Ziel der Klimaneutralität erreichen werde. «Veränderungen zum Guten sind möglich, wenn wir sie gemeinsam angehen. In Alleingängen wird das nicht gelingen.»
Vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen mit US-Präsident Donald Trump war die Ansprache mit Spannung erwartet worden. Ein Treffen mit Trump ist bei Merkels Kurzbesuch in den USA nicht geplant. Nach Angaben eines deutschen Regierungssprechers hatte die US-Seite frühzeitig mitgeteilt, dass der Präsident an diesem Tag nicht in Washington sein werde.
Trump wollte am Donnerstag vor Absolventen der US Air Force Academy im US-Bundesstaat Colorado sprechen – fast 3000 Kilometer von Harvard entfernt. Merkel war zuletzt im April 2018 zu Besuch bei Trump. Ihr Verhältnis zum US-Präsidenten ist durch zahlreiche politische Meinungsverschiedenheiten geprägt.
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