Deutsche setzen Russland-Frachter fest Mit der Ladung stimmt was nicht, aber das Uran ist kein Problem

tafi/dpa

3.4.2024

Seit Wochen darf die «Atlantic Navigator II» nicht aus dem Rostocker Hafen auslaufen: Der deutsche Zoll vermutet Sanktionsverstösse.
Seit Wochen darf die «Atlantic Navigator II» nicht aus dem Rostocker Hafen auslaufen: Der deutsche Zoll vermutet Sanktionsverstösse.
Bild: Keystone

Ein Frachter aus Russland muss im deutschen Ostseehafen Rostock wegen einer Panne Halt machen. Dann verbietet der Zoll die Weiterfahrt in die USA. Grund: die Ladung aus Birkenholz und Uran.

tafi/dpa

3.4.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Birkenholz und angereichertes Uran für US-Atomkraftwerke an Bord: Ein Frachter aus Russland liegt seit Wochen in Deutschland fest.
  • Die Behörden vermuten Sanktionsverstösse: Dabei ist das Uran nicht das Problem.
  • Ursprünglich sollte nur der Schiffspropeller repariert werden.

Schon seit Anfang März liegt ein Schiff im deutschen Ostseehafen Rostock fest. Zuerst wegen technischer Probleme, dann trat der Zoll auf den Plan: Mit der Ladung stimmt etwas nicht. An Bord des Frachters «Atlantic Navigator II» befinden sich Birkenholz und angereichertes Uran.

Nach Recherchen der «Ostsee-Zeitung» war das aus Russland kommende Schiff auf dem Weg in die USA: Der unter der Flagge der Marshall Islands fahrende, 193 Meter lange Frachter «Atlantic Navigator II» lief Anfang März wegen technischer Probleme am Propeller zur Reparatur in den Rostocker Hafen ein.

Doch auch nach der Reparatur ging es nicht weiter: Die deutschen Zollbehörden erliessen eine «Festhalteverfügung». Das Schiff darf nicht ablegen.

Das zuständige Hauptzollamt wies darauf hin, dass die Schiffsladung, wie alle in die EU verbrachten Waren, der zollamtlichen Überwachung unterliege. In diesem Rahmen werde insbesondere die Einhaltung der Sanktionen gegenüber Russland geprüft.

Birke und Brennstoff

Details zur Ladung nannte der Zoll zunächst nicht, aber um die Ladung gibt es längst kein Geheimnis mehr. Der Frachter hat 251 Container mit Birkensperrholz aus Russland an Bord sowie schwach angereichertes Uran für US-amerikanische Atomkraftwerke.

So absurd es klingt: Das radioaktive Uran ist nicht das Problem. Er steht nicht auf der Sanktionsliste, Russland verdient weiterhin Milliarden mit dem Nuklear-Brennstoff.

Ein Sprecher der kanadischen Reederei CISN teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit, sie seien die einzigen Transporteure von Seefracht, «die für den sicheren Transport von Gütern der Klasse 7 wie Kobalt 60 und schwach angereichertes Uran», auf der Transatlantikroute zwischen Russland und den Vereinigten Staaten zugelassen seien.

Man arbeite eng mit den deutschen Behörden zusammen, damit die «Atlantic Navigator II» die Fahrt in die USA so bald wie möglich fortsetzen kann. Überhaupt lege man grossen Wert auf die strenge Einhaltung der Gesetze, darunter kanadische, amerikanische, europäische und britische Sanktionsgesetze, so der Sprecher gegenüber der dpa.

Holz spaltet den Westen

Doch während das Uran den Zoll-Check problemlos überstanden hat, fällt das scheinbar harmlose Birkenholz unter die Sanktionen. Die Logik dahinter, so erklärt es der «Spiegel»: «Sowohl die EU als auch die USA bemühen sich, möglichst solche Strafmassnahmen gegen Russland einzusetzen, die dem Kreml mehr schaden als dem Westen.» In diesem Fall: Holz kann man sich auch aus anderen Quellen beschaffen, ohne russisches Uran aber stünden viel AKW im Westen still.

Allerdings ist das Holz auf dem Frachter gar nicht für die EU bestimmt, sondern für US-amerikanische Firmen. Dort aber gibt es keine Sanktionen, die Import von Holz verbieten. Für die NGO Earthsight eine bizarre Situation unter Verbündeten, wie Direktor Sam Lawsom dem «Spiegel» erklärt: «Es geht nicht nur darum, dass die EU etwas tun muss, sondern auch darum, dass die USA sich weigern, etwas zu tun.» Ob die deutschen Behörden den Weitertransport des russischen Holzes weiter verhindern können, ist deshalb fraglich.

Zum Jahrestag des Kriegsbeginns: EU plant neue Russland-Sanktionen

Zum Jahrestag des Kriegsbeginns: EU plant neue Russland-Sanktionen

Brüssel, 05.02.24: Zum zweiten Jahrestag des Krieges in der Ukraine wird in der EU ein neues Paket mit Russland-Sanktionen vorbereitet. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sieht es eine erhebliche Erweiterung der Liste mit Personen und Einrichtungen vor, deren in der EU vorhandene Vermögenswerte eingefroren werden müssen. Auch sollen auch weitere Unternehmen sanktioniert werden, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen. An sie dürften aus der EU dann keine militärisch nutzbaren Güter und Technologien mehr verkauft werden. Zuletzt hatte die EU mit diesem Instrument beispielsweise auch Unternehmen ins Visier genommen, die in China, Usbekistan, dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässig sind und die an der Umgehung der EU-Strafmassnahmen beteiligt sein sollen. Insgesamt könnten den Planungen zufolge deutlich mehr als 200 Personen und Unternehmen von den zusätzlichen Strafmassnahmen betroffen sein.

06.02.2024