Partei Mitte will Ehe-Diskriminierung bei Steuern und Renten stoppen

gg, sda

18.10.2022 - 16:00

Nationalrat und Mitte-Präsident Gerhard Pfister will mit zwei neuen Volksinitiativen die Heiratsstrafe bei den Bundessteuern und den Renten abschaffen.
Nationalrat und Mitte-Präsident Gerhard Pfister will mit zwei neuen Volksinitiativen die Heiratsstrafe bei den Bundessteuern und den Renten abschaffen.
Keystone

Alle Paare – ob verheiratet oder nicht – sollen künftig gleich viele Steuern bezahlen und gleich hohe Renten erhalten. Mit diesem Ziel hat die Mitte-Partei zwei Volksinitiativen lanciert, die sie am Dienstag beworben hat.

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«Faire Steuern und Renten endlich auch für Ehepaare»: Mit diesem Slogan sammelt die Mitte-Partei mit Unterstützung der EVP Unterschriften für zwei Volksbegehren. Die Initiativen mit den Titeln «Ja zu fairen Steuern» und «Ja zu fairen AHV-Renten» zielen darauf ab, die aktuell ungerechte Situation zu korrigieren.

So werden auf steuerlicher Ebene heute bei der Berechnung der direkten Bundessteuer verheiratete Paare gegenüber unverheirateten Paaren mit demselben Einkommen oft benachteiligt. Von der sogenannten Heiratsstrafe betroffen sind gemäss Angaben des Bundes aus dem Jahr 2019 rund 454'000 Zweiverdiener-Ehepaare und 250'000 Rentner-Ehepaare.

Schwierige Lösungsfindung

Finanzielle und steuerliche Berechnungen dürften bei der Wahl des Lebensmodells eines Menschen niemals eine Rolle spielen, sagte Mitte-Präsident Gerhard Pfister vor den Medien in Bern. Die Diskriminierung von Ehepaaren bei den Steuern sowie den AHV-Renten führe zu Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft. «Diese Situation muss korrigiert werden», so Pfister.

Das Bundesgericht hatte bereits 1984 entschieden, dass die steuerliche Diskriminierung verheirateter und eingetragener Paare gegenüber Konkubinatspaaren verfassungswidrig ist. «Trotzdem tun sich Bundesrat und Parlament seit Jahren schwer, eine Lösung zu finden», sagte Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (SO).

2016 hatte das Stimmvolk die Volksinitiative der damaligen CVP «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» äusserst knapp abgelehnt. Weil der Bund falsche Zahlen vorgelegt hatte, entschied das Bundesgericht später, dass die Abstimmung aufzuheben sei.

Neue Regeln «nur fair»

Nun lanciert die Mitte zwei neue Initiativen zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Die Bundeskanzlei hatte Ende September dem Komitee grünes Licht erteilt für die Unterschriftensammlung. Die Sammelfrist läuft bis zum 27. März 2024.

In der Verfassung soll einerseits verankert werden, dass Ehepaare gegenüber anderen Steuerpflichtigen nicht benachteiligt werden dürfen. Konkret soll für Ehepaare neben der gemeinsamen Besteuerung eine alternative Steuerberechnung anhand des Tarifs und der Abzüge für unverheiratete Personen erfolgen und der tiefere der beiden berechneten Steuerbeträge in Rechnung gestellt werden.

Die zweite Initiative will verfassungsmässig eine Kürzung der Summe der beiden Renten eines Ehepaares verbieten. Sind zwei Personen verheiratet oder leben in eingetragener Partnerschaft, bekommen sie heute höchstens 150 Prozent der Maximalrente. Dies im Gegensatz zu unverheirateten Paaren, die zwei Vollrenten erhalten. Die Aufhebung der bisher geltenden Begrenzung für Ehepaare sei «gerecht» und «nur fair», sagte Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (AG).

Mitte gegen Individualbesteuerung

Die Besteuerung von Ehepaaren steht seit Jahren auf der politischen Agenda. Das Parlament nahm sie vor zwei Jahren in die Legislaturplanung 2019 bis 2023 auf. Eine Auslegeordnung des Bundesrats liegt seit rund einem Jahr vor.

Zur Abschaffung der Heiratsstrafe stehen für den Bundesrat zwei Varianten im Vordergrund: eine Vorlage mit einer Entlastungsmassnahme für Einverdiener-Ehepaare, die durch die Reform steuerlich stärker belastet werden könnten, sowie eine Vorlage ohne eine solche Massnahme. Entlastungsmassnahmen sind gemäss Bundesrat ebenfalls für Steuerpflichtige mit Kindern geplant.

Aus Sicht der Mitte ist dies aber nicht der richtige Weg. Die Individualbesteuerung würde einen massiven Eingriff in das bestehende Steuersystem bedeuten, hielt die Luzerner Mitte-Kantonsrätin Karin Stadelmann fest. Ihre Partei schlägt vor, die gemeinsame Besteuerung beizubehalten. Damit entstehe zwischen Bund und Kantonen kein Systembruch und auch kein Bürokratiemonster.