Drama um Sea-Watch polarisiertHeldin oder Kriminelle? Flüchtlings-Kapitänin wird gefeiert und beschimpft
SDA/DPA
30.6.2019 - 14:39
Eine deutsche Kapitänin bringt 40 Migranten unerlaubt nach Italien. Ist sie kriminell oder beispiellos menschlich? Der jüngste Rettungseinsatz von Sea-Watch scheint niemanden kalt zu lassen.
Für die einen ist sie eine Heldin, für andere eine Gesetzesbrecherin: Als die deutsche Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete am Samstag im Hafen von Lampedusa anlegte, wurde sie von Anwohnern und Aktivisten mit Jubel, aber auch Beschimpfungen empfangen.
«Schande», «Handschellen!» und «Hau ab!«, riefen einige. Andere zollten ihr Respekt, darunter der italienische Schriftsteller und Mafia-Experte Roberto Saviano: «Carola, danke, dass du dich in diesen Kampf der Zivilisation geworfen hast.»
Trotz dem strikten Verbot aus Rom hatte sich die 31-jährige Kapitänin des Rettungsschiffs «Sea-Watch 3» den Weg in den Hafen von Lampedusa erkämpft – in der Nacht zum Samstag wurde sie deshalb festgenommen. Um aus Seenot gerettete Menschen in Sicherheit zu bringen, riskiert die junge Frau aus Kiel eine lange Gefängnisstrafe: Ihr drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Aus Deutschland erreichte die Kapitänin eine Welle der Solidarität. Die Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf riefen zu Spenden für die Seenotretter auf – bis zum frühen Sonntagnachmittag kamen bereits mehr als 400'000 Euro zusammen. «Mit den Ereignissen der letzten Tage hat diese unmenschliche, kaltblütige und skrupellose Politik einen neuen Tiefpunkt erreicht», sagte Böhmermann.
«Was Menschen sich und dem Planeten antun»
Die Kapitänin mit dem entschlossenen Blick und den langen, zusammengebundenen Dreadlocks hat auf See schon einige Erfahrung. Nach meereskundlichen und umweltwissenschaftlichen Studien war sie zu Polar-Expeditionen in der Arktis und der Antarktis unterwegs. Von den Polarreisen nahm sie die «traurige» Erkenntnis mit, «was Menschen dem Planeten antun».
Nach Racketes Überzeugung fügen die Menschen sich auch «gegenseitig Schaden zu». Die europäische Bevölkerung schaue dabei zu, wie ihre Regierungen im Mittelmeer eine Bastion gegen Flüchtlinge errichteten.
Für die Unzufriedenheit in Italien über den Umgang mit der Flüchtlingsproblematik hat Rackete Verständnis. Es gebe in der EU «eine Ungerechtigkeit», weil es Italien überlassen worden sei, mit den Flüchtlingen zurechtzukommen. Eine «viel grössere Ungerechtigkeit» bestehe aber zwischen der Nord- und der Südhalbkugel der Erde.
Auf ihrer bislang letzten Mission nahm die «Sea-Watch 3» am 12. Juni vor der Küste Libyens 53 Flüchtlinge an Bord. 13 von ihnen, durften zwischenzeitlich nach Italien gebracht werden. Mit 40 weiteren Migranten an Bord harrte das Schiff bis zuletzt vor Lampedusa aus – in der Nacht zum Samstag dann verlor Rackete die Geduld und nahm Kurs auf den Hafen.
«Kein Akt der Gewalt, sondern des Ungehorsams»
Nach Angaben der italienischen Polizei steuerte sie das Schiff ohne Rücksicht an einem Polizei-Schnellboot vorbei. Ein Manöver, für das Rackete sich später entschuldigte. Das Anlegen im Hafen sei «kein Akt der Gewalt, sondern nur des Ungehorsams» in einer verzweifelten Situation gewesen, sagte Rackete. Wegen Widerstands gegen ein Kriegsschiff drohen ihr bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Der Hardliner Matteo Salvini, Innenminister der rechtsnationalistischen Lega, sieht sich in dem Kräftemessen als Sieger: «Mission erfüllt», schrieb der Minister auf Twitter. «Verbrecherische Kapitänin festgenommen, Piratenschiff beschlagnahmt, Höchststrafe für die ausländische Nichtregierungsorganisation.»
Kapitänin arbeitet ohne Lohn
Die Besatzung der «Sea-Watch 3» einschliesslich Kapitänin Rackete arbeitet ehrenamtlich. 2016 übernahm Rackete ihre erste Mission für die Hilfsorganisation Sea-Watch mit Sitz in Berlin. Damals ergänzten sich zivile Seenotretter und eine Flottille von europäischen Militärbooten. Inzwischen wurde die staatliche Seenotrettung zurückgefahren, geblieben sind private Hilfseinsätze.
Auf Seenotrettung besteht nach Racketes Meinung ein unumstössliches Recht. «Es spielt keine Rolle, wie jemand in Not gerät – da können auch Feuerwehren und Krankenhäuser nicht nach fragen», sagt Rackete.
Salvinis Regierung wiederum droht Kapitänen, Eignern und Betreibern von Flüchtlingsschiffen mit bis zu 50'000 Euro Strafe sowie juristischer Verfolgung und Beschlagnahmung der Schiffe, wenn sie ohne Genehmigung in italienische Hoheitsgewässer einfahren. In Rackete sieht er eine «Nervensäge», die «auf dem Rücken von Einwanderern» einen politischen Kampf führt.
«Wenn mich jemand anklagt, bin ich bereit, ins Gefängnis zu gehen», sagte Rackete vor ihrer Festnahme entschlossen.
Ein Mann geht an Tonnen von Müll vorbei, die am Fusse des Wasserkraftwerks am Potpecko-Stausee in Serbien schwimmen. Vor allem Plastikabfälle gelangen durch Nebenflüsse in den Stausee und sammeln sich hier an. Eine serbische Zeitung schrieb bereits von einer «fliessenden Müllhalde». (26.1.2021)
Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa
Klein, aber oho: Ein internationales Forscherteam hat auf Madagaskar eine neue Chamäleonart entdeckt, bei der das Männchen lediglich 13,5 Millimeter lang ist. Obwohl das männliche Tier das kleinste unter rund 11'050 Reptilienarten ist, verfügt es in Relation zur Körpergrösse über die grössten Genitalien. Der Grund: Eine erfolgreiche Paarung mit den bedeutend grösseren Weibchen wäre sonst nicht möglich. (28.1.2021)
Bild: Frank Glaw/SNSB-ZSM/dpa
Feuer an der Tankstelle: Die deutsche Rastanlage Hunsrück Ost an der Autobahn A61 ist einer nur knapp einer Katastrophe entgangen, nachdem hier ein Kleintransporter beim Betanken in Vollbrand geriet. Erst die Feuerwehr konnte das Feuer löschen – zuvor hatte der Kassier allerdings richtig reagiert und per Notschalter die ganze Tankanlage ausser Betrieb genommen. (28.1.2021)
Bild: Keystone
Winston hat das Coronavirus besiegt: Der Gorilla erholt sich im Zoo von San Diego nach einer umfangreichen medikamentösen Behandlung von einem schweren Verlauf seiner Corona-Infektion. Bei dem 48-jährigen Silberrücken Winston waren im Zuge der Infektion eine Lungenentzündung und Herzprobleme aufgetreten. Er wurde daraufhin mit einer Antikörper-Therapie, Herzmedikamenten und Antibiotika behandelt. (26.1.2021)
Bild: Ken Bohn/San Diego Zoo Global/dpa
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Bild: Bruna Prado/AP/dpa
Von Ruhe auf einer Parkbank kann hier nicht die Rede sein: Möwen und Tauben schwirren und fliegen um eine Frau in Tokio umher. (26.1.2021)
Bild: Eugene Hoshiko/AP/dpa
Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Bild: Kapo TG
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Bild: Slamet Riyadi/AP/dpa
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Bild: Keystone
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