Afghanistan Mutter verkauft vor Hunger ihre sechsjährige Tochter

tali

22.11.2018

Nach einer Dürre ist die Hungersnot in Afghanistan so gross, das manche Eltern sich offenbar gezwungen sehen, ihre Kinder zu verkaufen.
Nach einer Dürre ist die Hungersnot in Afghanistan so gross, das manche Eltern sich offenbar gezwungen sehen, ihre Kinder zu verkaufen.
Keystone/Archiv

Noch mehr als unter dem Krieg leiden die Bewohner des Westens von Afghanistan unter den Folgen einer verheerenden Dürre. Um zu überleben, verkaufen manche Eltern ihre Kinder.

Sie habe keine andere Wahl gehabt, sagt Mamareen dem Kameramann von CNN. «Ich bin aufgrund der furchtbaren Dürre mit drei Kindern aus meinem Dorf geflohen», erzählt die Witwe, die der Reporter in einem Flüchtlingscamp nahe Herat getroffen hat. «Ich bin hierher gekommen, weil ich dachte, man würde mir hier helfen, aber man gab mir nichts.» Deshalb habe sie ihre Tochter verkauft – damit ihre Kinder nicht verhungern.

3'000 US-Dollar war die sechsjährige Akila dem Käufer Najmuddin wert, der im selben Flüchtlingscamp lebt, allerdings in einem grösseren Zelt. 70 Dollar konnte er der Mutter bereits geben: «Ich weiss, ich bin auch arm, aber ich bin sicher, dass ich die Summe langsam abzahlen kann ... in zwei oder drei Jahren», sagt Najmuddin, der Akila als Braut für seinen zehnjährigen Sohn Sher Agha erstanden hat. Dass die beiden noch Kinder sind, ist für ihn nicht weiter problematisch: «Diese Dinge passieren hier. Selbst alte Männer heiraten junge Mädchen», meint er.

«Würden Sie sonst einen Teil Ihres Herzens verkaufen?»

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind rund 3,5 Millionen Menschen von der Dürre in Afghanistan betroffen, mehr als 200'000 mussten ihre Heimatorte deswegen verlassen.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind rund 3,5 Millionen Menschen von der Dürre in Afghanistan betroffen, mehr als 200'000 mussten ihre Heimatorte deswegen verlassen.
Keystone/ Archiv

Auch Najmuddin gehört zu den 275'000 Menschen, die nach UNO-Schätzungen vor der Dürre flohen, die den Nordwesten, die einstige Kornkammer des kriegszerrütteten Landes, besonders schwer traf. «Der Weizen wollte nicht wachsen, wir konnten keine Melonen anbauen, alle Getreidesorten vertrockneten», klagt Najmuddin. «Wir haben unser Vieh verloren. Unsere Schafe, Kühe und Ziegen sind alle vor Hunger gestorben, weil es kein Futter für sie gab.» Und trotzdem geht es Najmuddin noch besser als Mamareen, die nach dem Tod ihres Mannes vor dem Nichts stand: «Ich hatte kein Geld, kein Essen und keinen Ernährer mehr.» Nur aus Verzweiflung habe sie ihre Tochter verkauft: «Würden Sie einen Teil Ihres Herzens verkaufen, wenn Sie nicht wirklich müssten?», fragt sie.

Fälle wie der von Akila, die von ihrem Schicksal noch nichts weiss, scheinen keine Einzelfälle zu sein. Ein weiterer Mann, der anonym mit CNN sprach, sah ebenfalls keinen anderen Ausweg, als seine Vierjährige einem Gläubiger zu überlassen: «Ich hatte keine andere Wahl, ich hatte weder Geld noch Einkommen. Der Mann kam zu mir und gab mir zwei Optionen: ihm sein Geld zurückzuzahlen oder ihm meine Tochter zu geben. Ich entschied mich für Letzteres.»

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