Nato-Manöver in Norwegen «Eine einzige Provokation und Drohgebärde gegenüber Russland»

dpa

25.10.2018

Ist Trident Juncture ein Akt der Abschreckung oder der Provokation? Das grösste Manöver der Nato seit Ende des Kalten Krieges schlägt hohe Wellen.

Die Nato hält von diesem Donnerstag an ihr grösstes Manöver seit Ende des Kalten Krieges ab. Um eine Minute nach Mitternacht übernahm der amerikanische Admiral James G. Foggo das Kommando über rund 50'000 Soldaten, die an der zweiwöchigen Feldübung in Norwegen beteiligt sind. Hinzu kommen 10'000 Fahrzeuge sowie mehr als 300 Kampfflugzeuge, Helikopter und Schiffe. Sind zusätzliche Spannungen mit Russland vorprogrammiert? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Trident Juncture:

Warum übt die Nato wieder in diesem Ausmass?

Ziel ist es, ein Signal der Abschreckung an Russland zu senden und für den sogenannten Bündnisfall zu trainieren. Dieser könnte ausgerufen werden, wenn einer oder mehrere der 29 Mitgliedstaaten von einem Gegner angegriffen würden. In der Folge müssten dann die anderen Verbündeten Beistand leisten. «Trident Juncture wird die klare Botschaft aussenden, dass wir bereit sind, alle Bündnispartner gegen jegliche Gefahr zu verteidigen», sagt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Um glaubhaft abschrecken zu können, müsse man die Stärke des Bündnisses zeigen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde massiv abgerüstet, jahrelang wurde auch kaum noch für den Bündnisfall trainiert. Seit wann wird Russland wieder als Gefahr gesehen?

Das Jahr der Wende war 2014. Damals begann der von Russland befeuerte Krieg in der Ostukraine, den Russland auch nutzte, um sich die ukrainische Halbinsel Krim einzuverleiben. Seit diesen Ereignissen drängen vor allem östliche Bündnispartner darauf, sich wieder besser für den Bündnisfall zu wappnen. Es könne nicht mehr ausgeschlossen werden, dass Russland auch in einem Nato-Land für Unfrieden oder sogar Krieg sorgen könnte, lautet die Argumentation.

Ist diese Gefahr wirklich gegeben?

Das ist umstritten. Während Polen sowie die Ex-Sowjetrepubliken Lettland, Litauen und Estland von einer tatsächlichen Bedrohung ausgehen, sind andere führende Nato-Militärs entspannter. Sie sehen keine Anzeichen dafür, dass Russland einen Angriff auf einen Nato-Staat plant. Um dennoch für den Fall der Fälle gewappnet zu sein, wird seit 2014 allerdings wieder stark aufgerüstet und deutlich mehr geübt. Russland empfindet das als Provokation, obwohl es selbst zuletzt riesige Manöver abhielt.

Flugzeugdarts und Panzerbiathlon: Russlands grosse Armeespiele

Was ist das Szenario der Nato-Übung?

In der ersten Runde von Trident Juncture werden von Ländern wie Deutschland, Italien und Grossbritannien gebildete «südliche Kräfte» einen Angriff von «nördlichen Kräften» abwehren. Letztere sollen unter anderem aus Truppen der USA, Kanadas und Norwegens bestehen. In der zweiten Runde sieht das Szenario nach Bündnisangaben dann einen Gegenangriff der «südlichen Kräfte» auf die «nördlichen Kräfte» vor.

Wird bei «Trident Juncture» auch das Schiessen trainiert?

Ja, allerdings eher am Rande und nur auf Übungsplätzen. Hauptziel ist es, das internationale Zusammenspiel von Truppen zu trainieren. Es soll gezeigt werden, dass die Nato Kräfte innert kürzester Zeit in Stellung bringen, einsetzen und versorgen kann. Bei den Luftübungen geht es unter anderem darum, das Zusammenwirken von modernen Luftstreitkräften mit Patriot-Flugabwehrsystemen zu üben.

Spielen auch offensive Cyberwaffen eine Rolle – zum Beispiel solche, die Computer- und Telekommunikationsnetze lahmlegen können?

Das ist offen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bestätigte am Mittwoch lediglich, dass es einen Cyber-Teil in dem Manöver geben werde. Details wollte er allerdings nicht nennen.

Was sagt Russland zu der Übung?

Die Regierung in Moskau vertritt die Meinung, das Grossmanöver der Nato trage weiter zur Destabilisierung in der Region bei. Rückendeckung bekommt sie dabei sogar aus dem deutschen Bundestag. Die russische Seite werde es sich nicht nehmen lassen, im Gegenzug ebenfalls aufzurüsten und Militärmanöver zu starten, kommentiert der Linken-Bundestagsabgeordnete Alexander Neu. Die gesamte Übung sei «eine einzige Provokation und Drohgebärde gegenüber Russland». Neu verwies zudem darauf, dass die Nato-Staaten zuletzt mehr als 14-mal so viel Geld für die Verteidigung ausgegeben hätten wie Russland. «Russland hat momentan weder die materiellen noch die finanziellen und auch nicht die personellen Fähigkeiten, um die Nato überhaupt erfolgreich angreifen zu können.»

Keine Science Fiction: Russland präsentiert Kampfroboter
Bilder des Tages
Zurück zur Startseite