Erstes Interview seit Vergiftung Nawalny: «Ich habe keine Angst!»

DPA

1.10.2020

Kremlgegner Alexej Nawalny macht in einem «Spiegel»-Interview den russischen Präsidenten Wladimir Putin für die Tat verantwortlich. Moskau bestreitet dies und spricht von einer Provokation und Inszenierung.

Wochenlang lag er wegen einer Vergiftung im künstlichen Koma. Nach seiner Vergiftung hat der Kremlgegner Alexej Nawalny in einem «Spiegel»-Interview nun den russischen Präsidenten Wladimir Putin für die Tat verantwortlich gemacht.

«Ich behaupte, dass hinter der Tat Putin steht, und andere Versionen des Tathergangs habe ich nicht», sagte er dem Nachrichtenmagazin. Wie der «Spiegel» mitteilte, kündigte der 44-Jährige am Vortag bei einem Redaktionsbesuch in Berlin auch an, nach Russland zurückzukehren. «Meine Aufgabe ist jetzt, der Typ zu bleiben, der keine Angst hat. Und ich habe keine Angst!»

Die russische Regierung bestreitet, dass es eine Vergiftung gegeben habe und spricht von einer Provokation und Inszenierung. Der prominenteste Gegner von Kremlchef Putin soll mit dem Nervengift der Gruppe Nowitschok vergiftet worden sein.

«Du fühlst keinen Schmerz, aber du weisst, du stirbst»

Der Kampfstoff ist nach dem internationalen Verbot von Chemiewaffen geächtet. Russische Geheimdienstler und Regierungsmitglieder betonten mehrfach, dass alle Vorräte des zu Sowjetzeiten entwickelten tödlichen Gifts vernichtet worden seien. Zu dem Attentat am 20. August sagte Nawalny: «Du fühlst keinen Schmerz, aber du weisst, du stirbst.»

Der Politiker durchläuft nach seiner Entlassung aus der Berliner Klinik Charité inzwischen eine Reha-Massnahme, um wieder zu Kräften zu kommen. Nawalny, der nach «Spiegel»-Darstellung «rund um die Uhr» von Personenschützern begleitet wird, hatte sich in den vergangenen Tagen auch immer wieder in den sozialen Netzwerken zu Wort gemeldet.

Der Fall hat die Spannungen in den deutsch-russischen Beziehungen noch einmal deutlich verschärft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Nawalny auch in der Klinik besucht hatte, forderte Russland zur Aufklärung des Verbrechens auf. Moskau aber verlangt Beweise für eine Vergiftung und lehnt bis dahin Ermittlungen in dem Kriminalfall ab.

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