Parlamentswahl in Israel Netanjahu steuert auf Sieg zu

SDA

10.4.2019 - 05:25

Laut Hochrechnungen dürfte der Sieger der Parlamentswahl in Israel  Benjamin Netanjahu heissen. Der Ministerpräsident könnte sich eine fünfte Amtszeit sichern, wenn er den Auftrag zur Regierungsbildung erhält.

Bei der Parlamentswahl in Israel steuert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu laut Hochrechnungen auf einen Sieg zu. Zunächst blieb unklar, wer den Auftrag für die Regierungsbildung bekommen wird. Auch sein Herausforderer Benny Gantz reklamierte den Sieg für sich.

Nach Auszählung von 96 Prozent der Stimmen könnte Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei laut Medienberichten vom Mittwoch zusammen mit potenziellen Koalitionspartnern eine Mehrheit von 65 bis 67 der 120 Knesset-Sitze erhalten. Der Regierungschef könnte sich damit eine fünfte Amtszeit sichern.

Die Liste Blau-Weiss seines Herausforderers Benny Gantz kommt demnach zwar auf ähnliche viele Sitze wie die Likud-Partei, hat aber weniger Koalitionsoptionen. Offizielle Ergebnisse werden im Laufe des Tages erwartet. Beide Seiten hatten sich noch in der Nacht zu Siegern erklärt.

Erklärte sich ebenso wie sein Rivale zum Sieger der Wahlen in Israel: Premierminister Benjamin Netanjahu der rechtsgerichteten Likud-Partei.
Erklärte sich ebenso wie sein Rivale zum Sieger der Wahlen in Israel: Premierminister Benjamin Netanjahu der rechtsgerichteten Likud-Partei.
Source: Keystone

Zwei Fernsehsender sahen das rechte Lager mit Netanjahus konservativem Likud, den strengreligiösen und siedlerfreundlichen Parteien klar vorn. Das Mitte-Links-Lager mit Gantz' Bündnis Blau-Weiss, der Arbeitspartei, der linken Merez-Partei und den arabischen Parteien erhielt dabei 54 bis 56 Mandate. Bei einem weiteren Fernsehsender kamen beide Lager auf jeweils 60 Mandate. Für eine Regierungsmehrheit sind mindestens 61 von 120 Mandaten notwendig.

Keine klare Tendenz

Auch mehrere Stunden nach Schliessung der Wahllokale lagen in der Nacht zum Mittwoch zunächst nur Teilergebnisse vor. Diese liessen jedoch noch keine verlässlichen Schlüsse auf das Endergebnis zu. Für gewöhnlich lässt sich nach israelischen Wahlen bis zum Morgen danach eine klare Tendenz ablesen.

«Der rechte Block unter Führung des Likud hat eindeutig gesiegt», sagte Netanjahu (69) am Dienstagabend. «Ich danke den israelischen Bürgern für ihr Vertrauen. Ich werde noch heute Nacht damit beginnen, gemeinsam mit meinen natürlichen Partnern eine rechte Regierung aufzubauen.» Später fügte er hinzu, nachdem ein Sender, der zuvor den Konkurrenten in Front gesehen hatte und nun Likud mit einem Sitz vorne sah: «Dies ist die Nacht eines grossen Siegs.» Er dankte seinen Unterstützern für einen «unvorstellbaren Erfolg».

Der oppositionelle Ex-Militärchef Gantz (59) sprach von «einem historischen Tag für Israel». Die grösste Partei müsse den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen, sagte er Richtung Amtsinhaber Benjamin Netanjahu von der konservativen Likud-Partei. «Wir danken Netanjahu für seine Dienste», sagte er, als ob die Wahl schon entschieden sei.

Bei Wahlen gebe es Gewinner und Verlierer. «Wir sind die Gewinner», sagte Gantz vor jubelnden Anhängern. Er wolle ein möglichst breite Koalition bilden. Gantz rief die Bevölkerung zur Einheit auf.

Grosse Koalition ausgeschlossen

Rechnerisch möglich ist nach den Prognosen auch eine grosse Koalition von Likud und Blau-Weiss. Allerdings hatten sowohl Netanjahu als auch Gantz im Wahlkampf gesagt, sie würden nicht mit dem jeweils anderen in einer Regierung sitzen.

Netanjahu führte zuletzt eine Regierungskoalition mit den rechten und strengreligiösen Parteien an. Die Wahlen waren wegen einer Regierungskrise vorgezogen worden. Ursprünglich waren sie erst für November angesetzt gewesen.

Korruptionsvorwürfe

Netanjahu ist seit 2009 durchgängig im Amt und war auch von 1996 bis 1999 Ministerpräsident. Er steht aktuell wegen Korruptionsvorwürfen massiv unter Druck. Israels Generalstaatsanwalt will in drei Fällen wegen Korruption Anklage gegen Netanjahu erheben. Es geht um Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Vor einer endgültigen Entscheidung, ob der Regierungschef wirklich vor Gericht muss, hat aber noch eine Anhörung zu erfolgen. Netanjahu weist alle Vorwürfe zurück.

Präsident Reuven Rivlin wird nach der Wahl den Kandidaten mit den grössten Chancen mit der Bildung einer Regierungskoalition beauftragen. Das neue Parlament soll am 23. April vereidigt werden. Mit einer neuen Regierung wird bis Anfang Juni gerechnet.

US-Präsident Donald Trump will nach der Wahl seinen lange erwarteten Friedensplan zur Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern präsentieren.

Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, kritisierte das Wahlergebnis. «Israelis haben dafür gestimmt, den Status Quo zu erhalten, was die Besatzung von Palästina angeht», schrieb Erekat auf Twitter. «Prognosen zeigen, dass nur 18 Mitglieder des Parlaments mit 120 Sitzen zwei Staaten in den Grenzen von 1967 unterstützen.»

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