Waffenlobbyist Wayne LaPierre NRA-Chef trotzt interner Kritik mit Lobby-Erfolgen

Lisa Marie Pane, AP

11.8.2019

Wayne LaPierre soll US-Präsident Donald Trump nach den Schiessereien gewarnt haben, die Waffengesetze zu verschärfen.
Wayne LaPierre soll US-Präsident Donald Trump nach den Schiessereien gewarnt haben, die Waffengesetze zu verschärfen.
Bild: Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

Es ist fast schon Routine: Auf jedes Massaker folgen Rufe nach schärferen Waffengesetzen. Und am Ende ändert sich nichts. Als Grund dafür gilt der Einfluss von Wayne LaPierre in Washington. Auch handfeste Skandale haben dem umstrittenen Lobbyisten bisher kaum geschadet.

Die Schiessereien in Texas und Ohio haben in den USA erneut eine Debatte ausgelöst. Doch die National Rifle Association (NRA) braucht offenbar nur kurz im Weissen Haus anzurufen – und schon ist die Debatte beendet. Der Mann, der wie kein anderer die kompromisslose Haltung der US-Waffenlobby verkörpert, ist Wayne LaPierre. Hinter den Kulissen rumort es inzwischen zwar. Mit einem baldigen Umbruch innerhalb des Verbands rechnen Experten aber trotzdem nicht.

Die Justiz nimmt die Finanzen der NRA unter die Lupe, mehrere hochrangige Funktionäre haben frustriert das Handtuch geworfen, hinzu kommt ein Rechtsstreit mit der langjährigen PR-Firma des Verbands.
LaPierre selbst sorgt mit Luxus-Shopping-Touren für Schlagzeilen.
Zugleich scheint er sich nicht mit seinem siebenstelligen Gehalt zufrieden geben zu wollen – Berichten zufolge soll er den Verband aufgefordert haben, ihm zusätzlich ein millionenschweres Anwesen zu kaufen.

LaPierre intern in der Kritik

Angesichts dieser Entwicklungen haben sich etliche Waffenliebhaber in den vergangenen Monaten gegen LaPierre gestellt. Einige fordern ganz offen seinen Rücktritt. Die interne Kritik gilt allerdings nicht seinem harten Kurs. Im Gegenteil: Viele Mitglieder fragen sich, ob der zuletzt vor allem durch Skandale aufgefallene LaPierre auch weiterhin in der Lage sein wird, die Positionen der NRA gegen den öffentlichen Druck zu verteidigen.

«Sie haben ihrem Ruf so sehr geschadet, dass die Wirksamkeit jeglicher Statements der NRA dabei, die Meinung wirklich zu beeinflussen, als vermindert betrachtet werden muss», sagt Rob Pincus, der seit vielen Jahren Mitglied des Verbands ist und ein Anführer einer Gruppe ist, die einen Führungswechsel fordert. Wann immer sich LaPierre öffentlich äussere, werde in den Medien im Nebensatz auch auf die Skandale hingewiesen.

Die öffentliche Reaktion der NRA auf die beiden jüngsten Attentate war die übliche: Nach einer abwartenden Phase des Schweigens erklärte ein Sprecher, man werde sich nicht «am politischen Ausschlachten dieser Tragödien beteiligen» und bekenne sich weiterhin zur «sicheren und legalen Nutzung von Schusswaffen» gemäss dem zweiten Zusatzartikel zur Verfassung.

Effektivität als Lobbyist

Und ungeachtet seiner zuletzt schlechten Presse scheint LaPierre gerade erneut seine Effektivität als Lobbyist unter Beweis gestellt zu haben. Wie die «Washington Post» berichtet, soll er US-Präsident Donald Trump nach dessen Andeutungen zu Background-Checks bei Waffenkäufen gewarnt haben, dass ein solches Gesetz bei vielen Stammwählern nicht auf Begeisterung stossen würde. Eine Interview-Anfrage lehnte der NRA-Lobbyist ab. In einer schriftlichen Stellungnahme am Donnerstag hiess es nur kurz, dass keine der aktuell vorgeschlagenen Massnahmen die jüngsten Attentate verhindert hätte.

Generell sucht LaPierre nur sehr selten direkten Kontakt mit den Medien. Sein Image nach fast drei Jahrzehnten als «Gesicht der NRA» ist das eines knallharten Anführers, der mit voller Überzeugung gegen jegliche Verschärfung des Waffenrechts kämpft. Gespräche der AP mit Dutzenden Personen aus seinem Umfeld sowie mit aktuellen und ehemaligen Verbandsmitgliedern zeichnen derweil ein etwas anderes Bild.

Intern gilt der 69-Jährige vielmehr als zurückgezogener Mensch, der nicht öfter als nötig zur Abstimmung mit seinen Mitarbeitern in die NRA-Zentrale kommt. Vielen gilt er nicht einmal als echter Waffennarr. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er im US-Staat Virginia, wo er grosse Teile seiner Kindheit verbracht hatte, sogar für Abgeordnete der Demokraten. Kurz bevor ihn die NRA im Jahr 1977 engagierte, soll er als Mitarbeiter des ranghohen demokratischen Repräsentantenhausvertreters Tip O'Neill im Gespräch gewesen sein.

Der Waffenaktivist Jeff Knox berichtet, wie sein Vater, der frühere NRA-Lobbyist Neal Knox, sich einst beim Besuch eines Schiessstands in der Nähe von Washington über die rostige Schrotflinte von LaPierre mokiert und diese für ihn gereinigt habe. «Er hat sich seitdem einige nette Waffen beschafft, aber ich würde ihn nicht als gun guy bezeichnen», sagt Knox, dessen inzwischen verstorbener Vater sich im Ringen um die Kontrolle über die NRA seinerzeit LaPierre schliesslich geschlagen geben musste.

Seit 1991 ist LaPierre Geschäftsführer der NRA. Und mit den Jahren gelang es ihm, ein politisches Klima zu schaffen, in dem sich die Republikaner selbst dann, wenn Kinder bei Amokläufen getötet werden, nicht an Verschärfungen des Waffenrechts herantrauen. Mit Trump hat die US-Waffenlobby auch im Weissen Haus einen Verbündeten. Dessen Wahlkampf wurde von der NRA mit 30 Millionen Dollar (26,8 Millionen Euro) unterstützt. Trotzdem häuften sich zuletzt die Probleme.

Der NRA-Chef bei einer Veranstaltung der Waffenlobby: Wayne LaPierre können selbst handfeste Skandale nichts anhaben - Grund ist sein Einfluss in Washington.
Der NRA-Chef bei einer Veranstaltung der Waffenlobby: Wayne LaPierre können selbst handfeste Skandale nichts anhaben - Grund ist sein Einfluss in Washington.
Bild: Michael Conroy/AP/dpa

Die Behörden in New York überprüfen die Gemeinnützigkeit der Organisation. Intern gibt es Vorwürfe der Vetternwirtschaft. Der bisherige Präsident Oliver North trat im Frühjahr während einer hitzigen Jahresversammlung zurück. Vor wenigen Wochen schied auch der Top-Lobbyist Chris Cox aus, der als möglicher Nachfolger von LaPierre gehandelt worden war.

Viele Mitglieder stehen aber trotz aller Skandale weiterhin fest hinter ihrem Geschäftsführer. Denn an der eigentlichen Arbeit von LaPierre gibt es aus Sicht der Waffenbefürworter wenig auszusetzen. «Wenn man gewinnt, lassen einem die Leute vieles durchgehen», sagt der ehemalige NRA-Lobbyist Rick Manning. Und LaPierre «hat gewonnen».


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