Krise in WienÖsterreichs Konservative wollen Klimaministerin der eigenen Regierung verklagen
tchs
17.6.2024
An der Grünen Leonore Gewessler und ihrer Abstimmung zu einem EU-Gesetz entzündet sich ein Streit in Wien: Die Konservativen wollen eine Ministerin der eigenen Regierung verklagen.
tchs
17.06.2024, 18:39
Christopher Schmitt
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Aus den Reihen der österreichischen Konservativen wird der österreichischen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) Amtsmissbrauch vorgeworfen.
Nun kündigte die ÖVP an, juristisch gegen Gewessler vorgehen zu wollen.
Die Klimaschutzministerin hatte im Vorfeld für das umkämpfte EU-Renaturierungsgesetz gestimmt.
Zudem kündigte das Kanzleramt in Wien eine sogenannte Nichtigkeitsklage am Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.
Politbeben im Nachbarland: In Luxemburg hatte sich Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) über ein Machtwort ihres Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP) hinweggesetzt und dem umstrittenen EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt. Das Ganze hat jetzt Folgen: Nun wollen die Konservativen auf juristischem Wege gegen die Grünen-Politikerin, die Teil der eigenen Regierung ist, vorgehen.
Der Vorwurf aus den Reihen der ÖVP lautet: Amtsmissbrauch. Eine entsprechende Anzeige kündigte am Montag ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker an. Unklar bleibt, ob es sich bei der Aktion um ein Wahlkampfmanöver seitens der Kanzlerpartei handelt, die Parlamentswahlen in Österreich am 29. September werfen bereits ihre Schatten voraus.
ÖVP-Funktionär: «Gewessler stellt sich über die Verfassung»
«Leonore Gewessler stellt sich über die Verfassung, weil sie es mit ihrer grünen Ideologie nicht vereinbaren kann, gesetzeskonform zu handeln», befand Stocker. Der ÖVP-Funktionär warf der Klimaschutzministerin vor, sie habe durch ihre Zustimmung zu dem EU-Gesetz in Luxemburg wissentlich Verfassungsrecht gebrochen. Nach Argumentation der Konservativen sei Gewessler an einen Einspruch der österreichischen Bundesländer gegen das Renaturierungsgesetz gebunden.
Gewessler selbst ist hingegen davon überzeugt, dass Veto gelte nicht mehr. Österreich hatte zuletzt den Länderkonsens verlassen und sprach sich für das EU-Umweltgesetz aus.
Mit dem Renaturierungsgesetz, um das monatelang zäh gerungen wurde, verfolgt die EU das Ziel, die Umweltzerstörung in den Mitgliedsstaaten abzumildern. Bei einem Treffen der Umweltministerinnen und -Minister stimmte Grünenpolitikerin Gewessler für das Gesetz.
Kanzler Nehammer forciert Nichtigkeitsklage
Zudem erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer, eine sogenannte Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreichen zu wollen. Wie das Kanzleramt in Wien am Montag mitteilte, entspreche das Votum Gewesslers «nicht dem innerstaatlichen Willen und konnte daher nicht verfassungskonform abgegeben werden». In der Erklärung heisst es ausserdem: «Niemand steht über dem Recht.»
Wie das Wiener Kanzleramt mitteilte, handele es sich beim Klimaschutz zwar um «ein wichtiges Anliegen», jedoch gelte die Verfassung «auch für Klimaschützer». Nun müsse die Entscheidung des EuGH abgewartet werden. Man gehe davon aus, «dass der EuGH so rechtzeitig entscheiden wird», dass die nationale Umsetzung des Gesetzes vorab nicht notwendig sein werde. Bereits im Vorfeld hatte das Kanzleramt erklärt, Gewesslers Votum sei «nicht verfassungskonform».