Südafrika in Sorge «Wir sind alle furchtbar beunruhigt über dieses Virus»

AP, gbi

27.11.2021 - 20:20

Besser mit Maske: Junge Männer auf Shoppingtour in einer Mall in Johnnesburg. 
Besser mit Maske: Junge Männer auf Shoppingtour in einer Mall in Johnnesburg. 
Bild: AP Photo/Denis Farrell

Die neue Virusvariante führt in Südafrika zu einem sprunghaften Anstieg von Ansteckungen junger Menschen. Fachleute sind besorgt – und wollen jetzt so schnell wie möglich mehr über Omikrom herausfinden.

27.11.2021 - 20:20

Die Corona-Situation in Südafrika versetzt Gesundheitsexpert*innen in grosse Sorge. Die Spitäler könnten bald an ihre Belastungsgrenzen geraten – weil sich die neue Corona-Variante   Omikrom unter jungen Menschen rasch verbreitet.

Es gebe eine «deutliche Veränderung im demografischen Profil» der Patienten mit Covid-19, berichtete Rudo Mathivha, Leiterin der Intensivstation des Baragwanath-Spitals im Johannesburger Stadtteil Soweto in einem virtuellen Pressegespräch. Junge Leute in ihren Zwanzigern und jene um Ende 30 kämen mit mässigem bis schwerem Krankheitsverlauf, einige müssten intensivmedizinisch versorgt werden.

Zwei Drittel sind ungeimpft

Rund 65 Prozent der Betroffenen seien nicht geimpft, die meisten anderen hätten erst einen Teil der nötigen Impfdosen erhalten. Sie befürchte angesichts steigender Fallzahlen eine Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems, sagte Mathivha. Es müssten dringend Vorkehrungen getroffen werden, damit Kliniken für einen möglichen Ansturm von Intensivpatienten gerüstet seien.

«Wir wissen, dass wir eine neue Variante haben. Im schlimmsten Fall trifft es uns wie Delta», ergänzte sie mit Blick auf die Delta-Variante, auf die fast alle aktuellen Neuinfektionen weltweit zurückgeführt werden.

Was zunächst nach einer Cluster-Infektion unter einigen Studenten in Pretoria aussah, wuchs sich binnen zwei Wochen zu einem Ausbruch mit Hunderten und Tausenden Infizierten aus. Neben der Hauptstadt ist auch das nahe gelegene Johannesburg betroffen, die grösste Stadt Südafrikas. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist zwar als relativ gering – am Freitag lag sie bei 2828 Fällen. Dennoch alarmiert die rasche Ausbreitung unter jungen Menschen die Fachleute vor Ort.

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Das südafrikanische Genomforschungsinstitut NGS-SA gab am Donnerstag bekannt, dass die neue Virusvariante zahlreiche Mutationen aufweise. Dies lege nahe, dass sie leichter übertragbar sei.

Diagnostischen Tests zufolge gehen wahrscheinlich bis zu 90 Prozent der neuen Fälle auf die Variante zurück, wie nun aus Kreisen der Gesundheitsbehörden verlautete. Erste Studien zeigten zudem, dass der R-Wert bei 2,0 liege. Das bedeutet, dass eine infizierte Person rechnerisch zwei weitere Menschen ansteckt.

Der Westen macht die Grenzen dicht

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte die Variante am Freitag als ein hoch übertragbares, «besorgniserregendes» Virus ein und gab ihr den griechischen Namen Omikron. Auf Empfehlung der EU-Kommission beschlossen die 27 EU-Mitgliedstaaten, Flugreisen aus Südafrika vorerst auszusetzen. Auch die Schweiz und andere Länder stoppten oder begrenzten den Luftverkehr nach Südafrika und in dessen Nachbarstaaten.



Willem Hanekom, Direktor der Forschungseinrichtung Africa Health Research Institute in Durban, ist besorgt über die neue Variante. «Wir sind alle furchtbar beunruhigt über dieses Virus», sagte er der Nachrichtenagentur AP. «Diese Variante ist vor allem in der Provinz Gauteng, dem Raum Johannesburg. Aber wir haben Hinweise aus diagnostischen Tests (...), die nahelegen, dass diese Variante schon in ganz Südafrika verbreitet ist.»

Die Reaktion der Forschergemeinde in Südafrika sei, rasch so viel wie möglich über die Variante in Erfahrung zu bringen. «Wir wissen denkbar wenig», sagte Hanekom, der auch als Co-Vorsitzender des südafrikanischen Forschungskonsortiums zu Covid-Varianten fungiert. Zum Beispiel sei noch unklar, wie virulent der Erreger sei. Dies bedeute, dass man nicht wisse, wie schlimm die Krankheit sei, die er verursacht.

Hanekom rief die Bevölkerung auf, sich impfen zu lassen. Die neue Variante scheint besonders stark unter Ungeimpften zu grassieren. Aktuell sind rund 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Südafrikas geimpft, in der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen ist der Anteil viel geringer.

AP, gbi