Die Opposition in Ungarn hat bei den landesweiten Kommunalwahlen am Sonntag einen unerwarteten Sieg erzielt. Ihr Kandidat, der 44-jährige Soziologe Gergely Karacsony, wurde Oberbürgermeister von Budapest.
Er löst den bisherigen Amtsinhaber Istvan Tarlos von der rechts-nationalen Regierungspartei Fidesz ab. Die Opposition sicherte sich darüber hinaus eine satte Mehrheit im Stadtrat von Budapest und erzwang in sieben Grossstädten einen Machtwechsel. Für den ungarischen Ministerpräsidenten und Fidesz-Chef Viktor Orban stellt dies eine herbe Niederlage dar.
Karacsony gewann in Budapest mit 50,1 Prozent der Stimmen, wie die Nationale Wahlkommission nach vollständiger Auszählung der Stimmen am Montag mitteilte. Gegen Tarlos, der auf 44,1 Prozent der Stimmen kam, setzte er sich deutlicher durch als erwartet. Die Meinungsforscher hatten zuletzt einen knappen Vorsprung des Fidesz-Mannes oder einen Gleichstand vorausgesagt.
Kandidaten der Opposition siegten ausserdem bei den Bürgermeisterwahlen in 14 von 23 Budapester Stadtbezirken. Bisher hatte die Fidesz-Partei 17 Bezirksbürgermeister gestellt. Im Stadtrat von Budapest, der nicht direkt gewählt wird, hat die Opposition 18 und Fidesz 14 Mandate. Bisher hatte die Orban-Partei in dem Gremium eine klare Mehrheit.
Breite Bündnisse
Die Opposition war diesmal in breiten Bündnissen angetreten, die von links bis rechts reichten und Teile der Zivilgesellschaft einschlossen. Karacsony kommt beispielsweise aus der kleinen grün-liberalen Partei Dialog für Ungarn (PM). 2014 wurde er mit Unterstützung der Sozialisten (MSZP) zum Bürgermeister des Budapester Bezirks Zuglo gewählt.
Über Budapest hinaus waren Oppositionsbündnisse in mehreren Grossstädten des Landes erfolgreich. Ihre Kandidaten besiegten unter anderen in Pecs, Miskolc, Szombathely und Eger die jeweiligen amtierenden Fidesz-Bürgermeister.
In den ländlichen Gemeinden setzten sich wiederum die Kandidaten des Regierungslagers oder Unabhängige durch. Die Wahlbeteiligung betrug 48,6 Prozent und war damit um 4,3 Prozentpunkte höher als vor fünf Jahren.
In seiner ersten Rede in der Wahlnacht sprach Karacsony von einem «historischer Sieg für Budapest». Die Bürger würden «sich nun ihre Stadt von der Macht (der Orban-Regierung) zurückholen». Seine Verwaltung werde auf eine «transparente, solidarische und grüne Stadt» hinarbeiten.
Kalte Dusche für Regierungslager
Für das Regierungslager war der Wahlausgang eine kalte Dusche. Ministerpräsident Orban wandte sich an seine Anhänger, um die Tragweite herunterzuspielen. «Der Fidesz ist weiterhin die stärkste politische Kraft in Ungarn», sagte er mit Blick auf die Ergebnisse in den ländlichen Gebieten.
Kommentatoren führten den Erfolg der Opposition auf ihr geeintes Auftreten zurück. Der Prozess der Auswahl der gemeinsamen Kandidaten sei von vernünftigen Kompromissen bestimmt gewesen, teilweise mit Vorwahlen unter den Oppositionsanhängern, schrieb das Internet-Portal «index.hu» am Montag. «Der Mythos von der Unbesiegbarkeit des Systems Orban ist dahin», hiess es weiter.
Sex-Skandal im Wahlkampf
Die Tage vor der Wahl waren zudem überschattet vom Sex-Skandal um den Fidesz-Bürgermeister der westungarischen Stadt Györ, Zsolt Borkai. Ein anonymer Blogger hatte Video-Clips von einer Sex-Orgie auf einer Luxusjacht veröffentlicht, auf denen Borkai beim Geschlechtsverkehr mit einer mutmasslichen Prostituierten zu sehen ist.
Der verheiratete Familienvater gewann am Sonntag dennoch die Wahl in seiner Stadt, wenn auch nur mit einem knappen Vorsprung von anderthalb Prozentpunkten.
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