Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Irland acht Opfer des jahrzehntelangen Missbrauchs durch Vertreter der katholischen Kirche getroffen.
Papst Franziskus habe am frühen Samstagabend acht "Überlebende" getroffen, die von Mitgliedern des Klerus, Mönchen und Vertretern der katholischen Institutionen missbraucht worden seien, teilte Vatikan-Sprecher Greg Burke mit.
Unter den acht Teilnehmern der anderthalbstündigen Begegnung war demnach ein Opfer des Priesters Tony Walsh, der über einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten hunderte Kinder missbrauchte, bis er schliesslich aus dem Priesterstand entlassen und inhaftiert wurde. Das Opfer wolle anonym bleiben, sagte der Vatikansprecher.
Auch die 71-jährige Marie Collins nahm an dem Gespräch mit dem Papst teil. Sie hatte das Kirchenoberhaupt vor seiner Irlandreise zum entschiedenen Vorgehen gegen sexuelle Gewalt durch katholische Priester aufgefordert.
"Jeder faule Apfel sollte entfernt werden und das sollte jetzt geschehen", sagte Collins der Nachrichtenagentur AFP. Collins war nach eigenen Angaben im Alter von 13 Jahren wiederholt von einem Geistlichen während eines Krankenhausaufenthalts missbraucht worden.
Bis zum vergangenen Jahr war sie Mitglied der päpstlichen Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, verliess das Gremium aber nach eigenen Worten wegen "ständiger Rückschläge" und Blockaden durch "einige Mitglieder der Kurie".
Unter den Iren, die den Papst trafen, war auch Paul Jude Redmond, dessen Mutter als eine von tausenden "gefallenen" Frauen in ein katholisches Heim gesteckt wurde. Redmond wurde nach seiner Geburt zur Adoption freigegeben, seine Geburtsurkunde gefälscht und seine Adoptiveltern als seine wahren Eltern ausgegeben, wie die "Sunday Times" berichtete.
Kirche hat versagt
Zu Beginn seines Irlandbesuchs hatte Papst Franziskus der Kirche "Versagen" im Umgang mit den Missbrauchsskandalen in Irland bescheinigt. Das Fehlverhalten der Kirche bleibe "eine Quelle des Schmerzes und der Scham für die katholische Gemeinschaft", sagte er.
Der Pontifex beklagte, dass kirchliche Autoritäten versäumt hätten, "mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umzugehen". Er warnte aber auch davor, die positive Rolle der Kirche zu vergessen: "Die Kirche in Irland hat in der Vergangenheit und in der Gegenwart eine Rolle bei der Förderung des Wohlergehens von Kindern gespielt, die nicht verdunkelt werden darf."
Seit 2002 haben mehr als 14'500 Menschen Entschädigung wegen sexuellen Missbrauchs durch katholische Priester beantragt. Die Missbrauchsskandale haben der einstmals mächtigen katholischen Kirche in Irland einen dramatischen Vertrauensverlust beschert. Anlass des Papstbesuchs ist der Abschluss des katholischen Weltfamilientreffens in Dublin.
Regierungschef Leo Varadkar rief Franziskus dazu auf, seinen Einfluss zu nutzen, um für "Gerechtigkeit und Wahrheit" in den Missbrauchsfällen der katholischen Kirche in Irland und weltweit zu sorgen. Trotz der klaren Worte scheint es fraglich, ob es Franziskus gelingen wird, die grossen Ressentiments in Teilen der irischen Bevölkerung zu überwinden. Viele Iren verlangen konkrete Schritte, um Missbrauch zu verhindern und die Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Letzter Papstbesuch vor 40 Jahren
Der letzte Besuch eines Papstes in Irland liegt schon beinahe 40 Jahre zurück. Johannes Paul II. wurde 1979 unter grossem Jubel empfangen. Damals war die katholische Kirche dort noch weitgehend unumstritten - der grösste Teil der Bevölkerung ging noch regelmässig am Sonntag in die Kirche. Noch immer bekennen sich viele Iren zum katholischen Glauben, doch das Land hat sich grundlegend verändert.
Erst im vergangenen Mai stimmten die Iren für eine Lockerung des strengen Abtreibungsverbots. Im Jahr 2015 führte Irland als erstes Land der Welt per Volksentscheid die Homo-Ehe ein.
Varadkar, der sich offen zu seiner Beziehung mit einem Mann bekennt, sagte kurz vor dem Papstbesuch, er sei froh, dass die katholische Kirche nicht mehr so viel Einfluss in Irland habe.
Im Beisein des Papstes warb er für ein "neues Kapitel" in der Beziehung zwischen seinem Land und der katholischen Kirche, bei der die Kirche zwar nicht mehr im Zentrum der Gesellschaft stehe, aber weiterhin eine "wichtige Rolle" habe.
Am Sonntagmorgen wollte Franziskus den Wallfahrtsort Knock im Westen Irlands besuchen. Am Nachmittag ist eine Messe unter freiem Himmel in Dublin geplant. Dazu werden Hunderttausende Gläubige erwartet. Zeitgleich sind aber auch Mahnwachen für die Opfer von Missbrauch in kirchlichen Institutionen angekündigt.
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