«Moralische Unfähigkeit» Perus Parlament setzt Präsident Vizcarra ab

dpa

10.11.2020 - 01:57

Perus Staatspräsident Martin Vizcarra spricht am Montag nach seiner Amtsenthebung vor dem Präsidentenpalast in Lima.
Perus Staatspräsident Martin Vizcarra spricht am Montag nach seiner Amtsenthebung vor dem Präsidentenpalast in Lima.
Bild: Keystone/AP Photo/Martin Mejia

Bis vor kurzem hatte es nicht so ausgesehen, als kämen genug Stimmen für eine Amtsenthebung Martín Vizcarras zusammen. Aber dann wurden kompromittierende Nachrichten veröffentlicht – und der Präsident brüskiert einige Abgeordnete.

Mitten in der Coronakrise hat das peruanische Parlament mit deutlicher Mehrheit Präsident Martín Vizcarra seines Amtes enthoben. Bei der Abstimmung am Montag in Lima votierten 105 Kongressabgeordnete für die Absetzung des Staatschefs «wegen dauerhafter moralischer Unfähigkeit». 19 waren dagegen und vier Parlamentarier enthielten sich. Um Vizcarra abzusetzen, waren 87 Stimmen nötig.

Vizcarra erklärte, er verlasse den Regierungspalast, ohne mit der Entscheidung des Parlaments einverstanden zu sein. Es wird erwartet, dass Parlamentspräsident Manuel Merino die Präsidentschaft des Landes bis Juli übernimmt. Die politische Krise erschüttert Peru, während das Land stark von der Coronapandemie heimgesucht wird.

Vorwurf der Bestechung

Vizcarra wurde vorgeworfen, während seiner Amtszeit als Gouverneur der Region Moquegua von 2011 bis 2014 Bestechungsgelder von einer Baufirma in Höhe von 2,3 Millionen Soles (rund 589'000 Franken) angenommen zu haben. Der Staatschef wies die Vorwürfe als «ohne Grundlage» und «falsch» erneut zurück. Die Amtsenthebung dürfe nicht «als politische Waffe» eingesetzt werden.

Bis vor einigen Tagen hatte es nicht so ausgesehen, als ob genug Stimmen für eine Absetzung Vizcarras zusammenkommen würden. Aber das Blatt begann sich zu wenden, nachdem kompromittierende Nachrichten rund um die Korruptionsvorwürfe veröffentlicht wurden – ausgetauscht zwischen dem Präsidenten und dem ehemaligen Landwirtschaftsminister José Hernández. Darüber hinaus brachte Vizcarra einige Abgeordnete gegen sich auf, weil er in seiner Verteidigungsrede am Montag daran erinnerte, dass gegen 68 von ihnen ebenfalls Ermittlungen liefen. «Müssen sie auch ihre Ämter aufgeben?», fragte er.

Erst Mitte September hatte Vizcarra ein Amtsenthebungsverfahren im Kongress überstanden. Damals wurde Vizcarra vorgeworfen, Mitarbeiter in einer parlamentarischen Untersuchung zu aufeinander abgestimmten Aussagen gedrängt zu haben. In dem Fall ging es um umstrittene Verträge mit einem Sänger im Wert von 50’000 US-Dollar. Der recht unbekannte Künstler soll mehrfach Motivationskurse für Mitarbeiter des Kulturministeriums gegeben haben, obwohl ihm dafür die Qualifikation fehlte.

Peru ist stark von der Coronapandemie betroffen. Mit rund 925’000 Infektionen steht der Andenstaat weltweit an zwölfter Stelle. Fast 35’000 Patienten sind bereits im Zusammenhang mit der Krankheit Covid-19 gestorben. Vizcarra hatte erst Mitte Juli den Premierminister und mehrere andere Minister ausgetauscht, nachdem die hohe Zahl der Coronafälle in dem Land und die Wirtschaftskrise seine Popularität geschmälert hatten.

In der Bevölkerung äusserst populär

Der parteilose Politiker war 2018 an die Staatsspitze gerückt, nachdem sein Vorgänger Pedro Pablo Kuczynski wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten war. Vizcarra hatte das Präsidentenamt vor zwei Jahren mit dem erklärten Ziel angetreten, die weit verbreitete Korruption in dem südamerikanischen Land zu bekämpfen. Der 57-Jährige ist in der Bevölkerung äusserst populär. In seiner Amtszeit geriet er immer wieder mit dem Kongress aneinander. Im April stehen in dem südamerikanischen Land Präsidenten- und Parlamentswahlen an.

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