Grossfahndung «Käfig» Polizei sperrt Barcelona ab, um Carles Puigdemont zu fassen

SDA

8.8.2024 - 14:14

Separatistenchef zurück aus dem Exil – Belastungsprobe für Regierung in Madrid

Separatistenchef zurück aus dem Exil – Belastungsprobe für Regierung in Madrid

Trotz einer drohenden Verhaftung ist der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont in Barcelona aufgetaucht. Nach sieben Jahren im Exil zeigte er sich am Donnerstag erstmals wieder auf spanischem Boden vor Tausenden Unterstützern. Seine Ankunft schien von der Polizei nicht behindert zu werden. Jedoch droht Puigdemont in Spanien weiterhin eine Verhaftung wegen seines 2017 gescheiterten Versuchs, Katalonien von Spanien loszulösen.

08.08.2024

Die spanische Polizei hat eine Grossfahndung unter dem Codenamen «Käfig» zur Ergreifung des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont eingeleitet. Dieser war kurz zuvor in Barcelona aufgetaucht.

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  • Der katalanische Separatistenführers Carles Puigdemont ist heute in Barcelona eingetroffen und durch die Strassen flaniert.
  • Er sagte, er wolle nicht «in einem Land leben, in dem die Amnestiegesetze nicht amnestieren».
  • Als die Polizei Puigdemont schliesslich verhaften will, ist der 61-Jährige bereits wieder untergetaucht.
  • Seither läuft die Grossfahndung «Käfig»: Ausfallstrassen werden kontrolliert und Barcelona durchkämmt.

Update 14.14 Uhr: Die spanische Polizei hat Medienberichten zufolge einen ihrer Kollegen unter dem Verdacht festgenommen, dem katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont beim Untertauchen in Barcelona geholfen zu haben.

Der Beamte habe das weisse Auto zur Verfügung gestellt, mit dem Puigdemont nach einer kurzen Rede vor Anhängern im Zentrum der Stadt entkommen sein soll, schrieben die Zeitungen «El País» und «La Vanguardia» unter Berufung auf Polizeiquellen. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Inzwischen läuft eine Grossfahndung unter dem Codenamen «Käfig» nach Puigdemont – siehe unten.

Die Polizei kontrolliert am 8. August auf einer Strasse, die aus Barcelona führt, die Fahrzeuge.
Die Polizei kontrolliert am 8. August auf einer Strasse, die aus Barcelona führt, die Fahrzeuge.
KEYSTONE

Die zuständigen Sicherheitskräfte hätten sich auf alle möglichen Entwicklungen vorbereitet, nur nicht auf eine erneute Flucht Puigdemonts, nachdem er ja freiwillig nach Spanien eingereist war, schrieb «La Vanguardia» unter Berufung auf Polizeiquellen. Alle Mitglieder der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, einer Art Landespolizei, die für die Festnahme Puigdemonts zuständig war, seien erschüttert über das Versagen.


Die spanische Polizei hat in Barcelona eine Grossfahndung unter dem Codenamen «Käfig» zur Ergreifung des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont eingeleitet. An allen grösseren Ausfallstrassen aus der Millionenmetropole am Mittelmeer wurden Strassensperren errichtet.

Polizisten kontrollierten jedes Fahrzeug, das aus der Stadt herauswollte, wie im staatlichen TV-Sender RTVE zu sehen war. In einigen Fällen wurden die Kofferräume kontrolliert, Motorradfahrer mussten den Helm abnehmen. Gefahndet werde nach einem weissen Auto, berichtete die Zeitung «El País», die von surrealen Szenen sprach.

Der Beamte habe das weisse Auto zur Verfügung gestellt, mit dem Puigdemont nach einer kurzen Rede vor Anhängern im Zentrum der Stadt entkommen sein soll, schrieben die Zeitungen «El País» und «La Vanguardia» unter Berufung auf Polizeiquellen. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

Puigdemont war am heutigen Morgen nach fast sieben Jahren im Exil im Zentrum Barcelonas aufgetaucht. Umringt von führenden Politikern seiner Partei Junts ging er unbehelligt zu Fuss durch die Strassen und grüsste links und rechts. Die Polizei, die mit starken Sicherheitskräften vor Ort war, griff nicht ein, obwohl ein Haftbefehl gegen den 61-Jährigen besteht.

Kurze Ansprache vor Anhängern

Puigdemont war nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum von 2017 und der anschliessenden gescheiterten Abspaltung heimlich in einem Auto ausser Landes geflohen.

Carles Puigdemont (Mitte) war zuvor ganz offen durch die Stadt marschiert.
Carles Puigdemont (Mitte) war zuvor ganz offen durch die Stadt marschiert.
KEYSTONE

Anschliessend hielt Puigdemont eine kurze Ansprache vor einigen Tausend Anhängern in unmittelbarer Nähe des Regionalparlaments, wo die Wahl des Sozialisten Salvador Illa zum neuen Ministerpräsidenten Kataloniens anstand. «Heute bin ich hierhergekommen, um Sie daran zu erinnern, dass wir immer noch da sind, weil wir kein Recht haben, aufzugeben», sagte er und bezog sich auf seinen Kampf für die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien.

«Wir haben kein Interesse daran, in einem Land zu leben, in dem die Amnestiegesetze nicht amnestieren», fügte Puigdemont hinzu. Er bezog sich auf die Weigerung der Justiz, die beschlossene Amnestie für Separatisten auch auf ihn anzuwenden.

Tunnel unter dem Parlament durchsucht

Unterdessen begann im Parlament die Sitzung zur Wahl Illas. Illas wäre seit Jahren der erste regionale Regierungschef Kataloniens, der für einen Verbleib der wohlhabenden Region bei Spanien eintritt. Puigdemont hatte angekündigt, er wolle an der Parlamentssitzung teilnehmen.

Auch Puigdemonts Unterstützer gehen am 8. August auf die Strasse.
Auch Puigdemonts Unterstützer gehen am 8. August auf die Strasse.
KEYSTONE

Das sei sein demokratisches Recht als gewählter Abgeordneter. Aber statt nach seiner Rede zum Parlament zu ziehen, tauchte er in der Menge unter. Die Polizei hatte sich Medienberichten zufolge darauf konzentriert, ein Vordringen von Puigdemont ins Parlament zu verhindern. Sogar Tunnel unter dem Parlamentsgebäude seien kontrolliert worden.

Auf Fernsehbildern war Puigdemont jedoch kurz nach der Rede nicht mehr zu sehen und spanische Medien rätselten, wo er abgeblieben sein könne. Die führenden Mitglieder seiner Partei schritten in aller Ruhe und wortlos durch die Menschenmenge Richtung Parlament, aber Puigdemont war da schon untergetaucht.

Rätselraten nach Verbleib Puigdemonts

Dass ihm trotz eines Amnestiegesetzes für Separatisten die Festnahme droht, liegt an der umstrittenen Auslegung des Gesetzes durch die Justiz. Das Amnestiegesetz schliesst Fälle persönlicher Bereicherung von einer Strafverschonung aus. Obwohl Puigdemont nicht vorgeworfen wird, öffentliche Gelder in die eigene Tasche gesteckt zu haben, wirft ihm der Ermittlungsrichter Pablo Llarena persönliche Bereicherung vor.

Denn für seine illegalen politischen Ziele bei dem Unabhängigkeitsreferendum 2017 habe er statt eigenen Geldes öffentliche Mittel verwendet und das komme einer persönlichen Bereicherung gleich, lautet die Argumentation.

Illas Partei war aus der vorgezogenen Wahl im Mai als stärkste Kraft hervorgegangen, benötigt aber die Unterstützung der linken Separatistenpartei ERC, die durch Zugeständnisse bei Finanzfragen und der Förderung der katalanischen Sprache erreicht wurde.

Wenn es jedoch bis zum 25. August keine neue Regierung gibt, müsste erneut gewählt werden. Bei seiner Bewerbungsrede im Parlament versprach er eine Stärkung Kataloniens und setzte sich für eine vollständige Anwendung der Amnestie auf Separatisten ein.


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