Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ukrainische Gegenangriffe entlang der Front bestätigt. Im Rahmen der Verteidigung liefen solche Angriffe, sagte er am Samstag bei einer Pressekonferenz in Kiew. «In welchem Stadium sie sind, werde ich im Detail nicht sagen.» Er liess damit offen, ob es sich um den Beginn der seit Monaten erwarteten ukrainischen Gegenoffensive handelt.
10.6.2023 - 17:07
SDA
Zugleich widersprach Selenskyj Russlands Präsident Wladimir Putin, der am Freitag erklärt hatte, die ukrainische Gegenoffensive habe begonnen, jedoch ihre Ziele nicht erreicht. Er würde weder Telegram-Kanälen noch Putin glauben, die das Scheitern der Offensive erklärten, sagte Selenskyj. Er sei täglich im Gespräch mit seinen Generälen und die seien «in guter Stimmung». «Das können Sie Putin so mitteilen.»
Der ukrainische Generalstab hat bislang öffentlich noch nichts zum Beginn der Gegenoffensive mitgeteilt. Die Offensive wird seit März erwartet. Für ihre Durchführung hat Kiew von westlichen Verbündeten zahlreiche Waffensysteme bekommen, unter anderem deutsche Panzer vom Typ Leopard. Mit der Grossoffensive will die ukrainische Führung von Russland besetzte Territorien des eigenen Landes zurückerobern. Zuletzt gab es Berichte über schwere Gefechte im Süden der Ukraine. Russland hat das Nachbarland am 24. Februar 2022 überfallen und hält derzeit rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt.
ISW: Ukrainische Angriffe an mindestens vier Frontabschnitten
Nach Angaben des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) hat die Ukraine in den vergangenen Tagen an mindestens vier Frontabschnitten Gegenangriffe durchgeführt. Demnach haben Gefechte in der Nähe der Stadt Bachmut, bei der Stadt Kreminna, im Südwesten der Region Donezk sowie im Westen der Region Saporischschja stattgefunden, hiess es in dem jüngsten Lagebericht vom Freitag (Ortszeit) unter Berufung auf Angaben aus Kiew, Moskau und von russischen Militärbloggern.
Zum Verlauf der Gefechte gab es widersprüchliche Angaben. Grossbritannien geht in einigen Abschnitten von militärischen Fortschritten der Ukraine aus. Während in einigen Gegenden bei Einsätzen in den vergangenen 48 Stunden im Osten und Süden gute Fortschritte erzielt und die erste russische Verteidigungslinie durchbrochen worden sei, gehe es für die Ukrainer anderswo langsamer voran. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. Die russische Luftwaffe sei über der Südukraine zudem ungewöhnlich aktiv gewesen, hiess es weiter. Selenskyj hatte in seiner abendlichen Videoansprache am Freitag von «besonders schwierigen Schlachten» gesprochen.
Beobachter gehen davon aus, dass die ersten Angriffe einer Gegenoffensive Schwachstellen in der russischen Verteidigung aufspüren und Moskaus mögliche Verteidigungstaktik offenlegen sollen, bevor von Kiew grössere Teile seiner im Westen ausgebildeten Soldaten und vom Westen erhaltene Waffen in den Kampf geschickt werden.
Trudeau zu Überraschungsbesuch in Kiew
Kanadas Premierminister Justin Trudeau traf am Samstag zu einem unangekündigten Besuch in Kiew ein. Medienangaben zufolge begann die Visite mit einer Kranzniederlegung für die ukrainischen Gefallenen nahe dem St. Michaelskloster im Zentrum der Hauptstadt. Später traf er auch Präsident Selenskyj. Ottawa gilt als wichtiger Unterstützer Kiews und hat der Ukraine auch Panzer vom Typ Leopard übergeben.
Scholz will «demnächst» wieder mit Putin reden
Bundeskanzler Olaf Scholz will weiter mit Putin Kontakt halten. Er habe auch nach Beginn des Kriegs mit ihm gesprochen. «Ich habe vor, das demnächst wieder zu tun», sagte er auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Voraussetzung für einen «fairen Frieden» sei, dass Russland seine Truppen zurückziehe. «Das ist das, was verstanden werden muss.» Vereinzelt kamen im Kirchentags-Publikum «Verhandeln»-Rufe auf. Scholz antwortete darauf: Ruf: «Verhandeln ist okay. Die Frage ist: Wer verhandelt mit wem und worüber.»
Behörden: Pegelstand im Stausee sinkt weiter schnell ab
Der Stausee des Dnipro im Süden der Ukraine hat nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Nacht zum Dienstag laut Behördenangaben inzwischen mehr als ein Drittel des im Frühjahr angesammelten Wassers verloren. «Stand 12.00 Uhr am 10. Juni ist das Niveau des Kachowka-Stausees im Raum Nikopol auf 10,2 Meter gesunken», teilte Wasserkraftversorger Ukrhidroenerho über Telegram mit. Man staue nun am Oberlauf des Dnipro stärker Wasser an, um im Sommer Strom generieren zu können. Der Dnipro ist als drittgrösster Fluss Europas in der Ukraine an sechs Stellen für die Stromproduktion aufgestaut.
Das britische Aussenministerium kündigte unter anderem mit Blick auf die Zerstörung des Staudamms an, weitere 16 Millionen Pfund (knapp 18,7 Millionen Euro) an humanitärer Hilfe für den wachsenden Bedarf der Ukraine zur Verfügung zu stellen.
Stau an polnisch-ukrainischem Grenzübergang wegen Bauernprotesten
Wegen Bauernprotesten an einem polnisch-ukrainischen Grenzübergang stauten sich auf der Seite der Ukraine rund 450 Lastwagen. Die Abfertigungsschlange für den Güterverkehr am Übergang Dorohusk sei 13 Kilometer lang, sagte ein Sprecher des zuständigen Zollamts am Samstag der polnischen Agentur PAP. Die polnischen Bauern blockieren den Grenzübergang seit Freitag. Sie wollen damit gegen den Preisverfall protestieren, der durch den Import von Getreide und anderen Agrarprodukten aus der Ukraine entstanden ist.
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Bundeskanzler Olaf Scholz bleit bei seinem Nein zur Lieferung der deutschen Taurus-Raketen. Auch die neuen Hilfszusagen der USA an die Ukraine bringen ihn nicht davon ab. Der britische Premier Rishi Sunak und Scholz versprechen dem von Russland angegriffenen Land aber weiterhin in ihrer Hilfe nicht nachzulassen.
O-Ton Rishi Sunak,
«Heute gehen wir noch weiter, eröffnen ein neues Kapitel in der Sicherheits-Beziehung unserer Nationen.»
Die Regierungschefs haben eine Rüstungskooperation vereinbart. Sie wollen eine ferngesteuerte Haubitze entwickeln, die 155-Millimeter-Geschosse 40 Kilometer weit feuern können soll.
Grossbritannien und Deutschland stünden zu diesem gefährlichen Zeitpunkt für die Welt Seite an Seite, um Sicherheit und Wohlstand zu Hause und auf dem ganzen europäischen Kontinent zu erhalten.
Sunak hat seinerseits gerade das bisher grösste britische Militärpaket für die Ukraine zugesagt. Neben 60 Kampfbooten und Hunderten gepanzerten Fahrzeugen umfasst es auch weitere Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow.
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