Hunderte wütende Demonstranten haben sich am Donnerstag im Libanon vor dem Sitz von Präsident Michel Aoun versammelt. Der Staatschef hatte am Vorabend im Fernsehen gesagt, wer alle Vertreter des Staates ablehne, solle den Libanon verlassen.
Zudem wies er Forderungen nach einer Regierung aus unabhängigen Experten als unrealistisch zurück. «Wo soll ich sie suchen? Auf dem Mond?«, fragte Aoun in der Fernsehansprache.
Unter den Demonstranten sorgten die Äusserungen für Empörung. «Die Worte des Präsidenten waren voller Geringschätzung», sagte die 47-jährige Angie, die mit hunderten anderen Menschen vor dem Präsidentenpalast in Baabda bei Beirut demonstrierte.
«Vielleicht meint er, dass wir gar nicht existieren. Daher sind wir gekommen, damit er unsere Stimme hört.» Sie hätten grosse Hoffnung in den Libanon und wollten das Land nicht verlassen, sagte sie.
Die Wut der Demonstranten wurde angeheizt durch den Tod eines Mannes, der in der Nacht zum Mittwoch bei Protesten südlich von Beirut von der Armee erschossen worden war. Es war der zweite solche Todesfall seit Beginn der Proteste Mitte Oktober.
Anders als im Irak, wo bei ähnlichen Protesten gegen die politischen Eliten seit Anfang vergangenen Monats mehr als 320 Menschen getötet wurden, sind die Demonstrationen im Libanon weitgehend friedlich geblieben.
In der Nacht zum Donnerstag eröffnete ein Mann in einem Dorf aber das Feuer auf Demonstranten, die eine Strasse blockiert hatten, wie die libanesische Nachrichtenagentur meldete. Dabei wurden vier Menschen verletzt. Die Demonstranten im Libanon fordern eine komplette Erneuerung des politischen Systems, in dem die wichtigsten Posten unter den Religionsgruppen aufgeteilt werden, was Korruption und Klientelismus begünstigt.
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