Italien Regierungsverhandlungen in Rom gescheitert

SDA

27.5.2018 - 22:30

Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella spricht in Rom vor den Medien.
Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella spricht in Rom vor den Medien.
Source: KEYSTONE/AP ANSA/FABIO FRUSTACI

Drei Monate nach der Wahl in Italien sind die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Partei Lega mit ihrer geplanten Regierungsbildung überraschend gescheitert. Eine Neuwahl scheint damit kaum mehr abwendbar.

Ihr gemeinsamer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, gab am Sonntag nach nur vier Tagen den Regierungsauftrag an Staatspräsident Sergio Mattarella zurück.

Grund für das Scheitern der Allianz war vor allem der Streit der Bündnispartner mit Mattarella über die geplante Ernennung eines ausgewiesenen Euro- und Deutschland-Kritikers zum Finanzminister. In Italien muss der Präsident das Kabinett erst formell absegnen, bevor es sich im Parlament zur Wahl stellt und die Regierungsgeschäfte aufnehmen darf.

Mattarella lud derweil den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli zu Gesprächen in den Präsidentenpalast ein. Cottarelli sei für Montagmorgen zum Gespräch gebeten worden, teilte ein Sprecher am Sonntagabend mit. Der 64-Jährige war früher hoher Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) und 2013 Sparkommissar der italienischen Regierung unter Enrico Letta.

Mattarella verteidigt sich

Mattarella verteidigte in einer Stellungnahme nach dem Scheitern der Regierungsverhandlungen seinen Beschluss, Savona abzulehnen. Der Wirtschaftsminister spiele eine Schlüsselrolle in einer Regierung, so Mattarella. Zudem kritisierte der Staatspräsident die Unnachgiebigkeit der Parteien, eine Alternative zu Savona vorzuschlagen.

Er betonte, dass er alles unternommen habe, um ein Ministerkabinett aufzustellen. "Niemand kann behaupten, dass ich die Regierungsbildung verhindert habe. Im Gegenteil, ich habe mit Kooperationsbereitschaft diese Bemühungen unterstützt", sagte der Staatschef. Der Verbleib Italiens in der Eurozone sei ein Prinzip, an dem nicht gerüttelt werden könne.

Gegen Sparpolitik

Zuvor hatten die geplanten Mehrausgaben der populistischen Parteien und ihre Anti-EU-Rhetorik die Finanzmärkte in Unruhe versetzt und Schockwellen durch Europa gesendet. Geplant waren unter anderem Steuersenkungen und ein Mindesteinkommen. Italien ist mit knapp 132 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet, nach Griechenland ist das der zweithöchste Wert in Europa. Erlaubt sind 60 Prozent.

Conte sagte am Abend in Rom, er habe "maximale Anstrengung" darauf verwendet, eine Regierung des Wandels zu bilden. Der parteilose Anwalt war erst am Mittwoch mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Präsident Mattarella kündigte an, in Kürze über den Ruf nach einer erneuten Wahl zu entscheiden.

Am 4. März hatten die Italiener gewählt. Mit 32 Prozent waren die Sterne stärkste Kraft geworden. Die Lega hatte 17 Prozent innerhalb einer Mitte-Rechts-Allianz bekommen. Befürchtet wird, dass eine Neuwahl ein ähnliches Ergebnis bringt und die Regierungsbildung auch nicht leichter wird.

Italiener als Sklaven Europas?

Lega-Chef Matteo Salvini sieht Neuwahlen dennoch als unumgänglich an. "Das Wort geht wieder an Euch", schrieb er auf Twitter. Die Italiener dürften nicht länger "Sklaven" sein, Italien sei keine Kolonie.

"Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen (...). An diesem Punkt muss das Wort wieder an euch zurückgegeben werden." Auch die Sterne hatten sich vor eine rasche Neuwahl eingesetzt, falls das Bündnis platzen sollte.

Streit mit Mattarella hatte es zuletzt vor allem wegen der geplanten Besetzung des Finanzministeriums mit dem Euro-Gegner Paolo Savona gegeben, dem Wunschkandidaten der Lega. Seine Ansichten über Deutschland drohten die Beziehungen mit Berlin zu belasten.

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