Neue Protest-Generation«Junge Leute gehen für uns raus und stecken die Prügel ein»
AP/phi
16.9.2018
In Russland wächst eine neue Protest-Generation heran. Einige Jugendliche werden seit Geburt nur von Putin regiert: Sie setzen auf Sitzfleisch und Social Media, um das zu ändern.
Die Oppositionellen werden massiv eingeschüchtert.
Bild: SRF
Die Oppostionellen werden massiv eingeschüchtert.
Bild: SRF
Oppositionsführer Alexej Nawalny nach einer Farb-Attacke.
Bild: SRF
Vor allem junge Russen demonstrieren im März 2017.
Bild: SRF
Der Kampf der Opposition März 2017: Zehntausende Russen protestieren auf den Strassen.
Bild: SRF
Sie will Russland verändern: Präsidentschaftskandidatin Xenia Sobtschak.
Bild: SRF
Die meisten waren schon wieder nach Hause gegangen – zurück blieb ein «harter Kern» aus Teenagern und jungen Erwachsenen. Wer die russischen Protestwellen der vergangenen Jahre verfolgt hat, dürfte überrascht gewesen sein. Denn die Jugend galt bisher als wichtige Stütze des Systems.
Wer in Russland unter 18 ist, hat nie einen anderen Machthaber als Wladimir Putin erlebt. Und die Vorteile der lange Zeit gut laufenden Wirtschaft schienen die fehlenden Freiheiten kompensieren zu können. Doch inzwischen wächst gerade unter jungen Russen die Wut.
«In meinen Kreisen sind mehr und mehr Leute auf Protest eingestellt», sagt der Student Andrej Sabara. Am Sonntag übernachtete der 20-Jährige mit zwei Dutzend Gleichaltrigen in einem Widerstandscamp auf den Strassen Moskaus.
«Meine Eltern unterstützen die Demonstrationen», betont er. Sie seien bloss zu ängstlich, um an Kundgebungen teilzunehmen. Bei anderen sei das ähnlich. «Das Mädchen, das gestern Abend auf Instagram gestreamt hat – ihre Mutter hat uns geholfen, sie hat uns Essen gebracht.»
Ältere eingeschüchtert
Nach dem Zerfall der Sowjetunion dominierten bei Protesten in Russland zunächst meist ältere Menschen. Die Generation, die damals auf das Rentenalter zusteuerte, fand sich im Kapitalismus schlecht zurecht. Die Kinder der Unzufriedenen waren hingegen vollauf damit beschäftigt, sich unter den neuen Bedingungen eine berufliche Existenz aufzubauen.
Als Putin 2011 seine Rückkehr ins Amt des Präsidenten ankündigte, war es die aufstrebende, mittelalte Mittelschicht, die auf die Strassen ging. Doch das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte im Mai 2012 zeigte Wirkung: Die meisten Angehörigen dieser Generation blieben in der Folge lieber zu Hause – aus Angst.
Die Einschüchterung wurde immer mehr zur Methode. Und die unter Putin aufgewachsenen Teenager sahen lange auch gar keinen Grund zu protestieren. Dank der russischen Ölindustrie ging es ihnen materiell vergleichsweise gut. In den vergangenen paar Jahren ist Putin aus Sicht vieler Jugendlicher aber zu weit gegangen.
Die penetrante anti-westliche Propaganda kommt bei ihnen nicht gut an – und die ausufernde Korruption tut ihr Übriges. Trotz strenger Verbote und harter Strafen erheben sie immer öfter ihre Stimmen. Anders als ihre Eltern zeigen sie dabei auch weniger Angst vor der Polizeigewalt.
«Die jungen Leute gehen stellvertretend für ihre Eltern auf die Strassen», sagt die in Moskau ansässige Politologin Ekaterina Schulmann. Die ältere Generation scheue das Risiko. «Aber sie teilt die gleichen Werte.» Der Trend ist nicht nur in Moskau zu erkennen. In der am Ural gelegenen Grossstadt Jekaterinburg kam es am vergangenen Sonntag ebenfalls zu grösseren Protesten.
Die Menge sei wesentlich jünger gewesen als erwartet, sagte der kremlkritische Ex-Bürgermeister Jewgeni Roisman. «Junge Leute gehen für uns raus und stecken die Prügel ein», erklärte er zu Beginn der Woche in einem Internet-Video. Die Älteren sollten «sich schämen». Landesweit wurden in Russland am Sonntag mehr als tausend Demonstranten von der Polizei festgenommen.
Wind of Change
Einer der Auslöser der aktuellen Protestwelle war ein YouTube-Video des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, in dem es um die privaten Reichtümer von Ministerpräsident Dmitri Medwedew geht. Das Video von Anfang 2017 wurde mehr als 27 Millionen Mal aufgerufen. Gerade über YouTube und andere soziale Medien haben sich viele russische Teenager politisiert.
Das Video von Nawalny wurde bisher knapp 28 Millionen mal angeschaut.
Inzwischen fühlen sich etliche von ihnen aber offenbar ermutigt, auch ausserhalb des Internets aktiv zu werden. «Ich spüre, dass sich etwas verändert in der Jugend – in ihrem Bewusstsein», sagt der Schüler Viktor, der nach eigenen Angaben seit dem vergangenen Jahr an Demonstrationen teilnimmt.
«Früher hat man bei Kundgebungen nur irgendwas gerufen und dann sind alle wieder gegangen», sagt der 16-Jährige, der nur seinen Vornamen nennen will, um keine Probleme in der Schule zu bekommen. «Heute bleiben die Leute, organisieren Mahnwachen, marschieren bis zum Kreml.»
Am Sonntag liessen sich Dutzende Demonstranten vor dem Kreml auch von Strassensperren nicht abhalten und stiessen mit der Polizei zusammen. Nachdem die Sicherheitskräfte mehrere Personen verprügelt und in Gewahrsam genommen hatten, löste sich die Kundgebung weitgehend auf.
Etwa 20 junge Demonstranten blieben aber und schlugen vor Ort ihr Lager auf. Am nächsten Morgen wurden sie von Polizisten aufgefordert, zur Wache mitzukommen. Trotzdem kam es in Moskau in den folgenden vier Tagen vereinzelt zu weiteren Protesten.
Nicht nur beim eigentlichen Demonstrieren gehen die Jugendlichen ein grosses persönliches Risiko ein. Selbst das Erwähnen von Zusammenstössen mit der Polizei auf Twitter oder in Blogs wird mitunter hart bestraft. Doch angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen scheinen viele bereit, dieses Risiko einzugehen.
«Die jungen Leute lehnen die anti-westliche Stimmungsmache und das Festklammern an alten Werten ab», sagt Lew Gudkow vom russischen Meinungsforschungsinstitut Lewada. Die Teenager, die sich heute über Messenger-Dienste verabredeten und dann von der Polizei verprügelt würden, bekämen gerade einen Crashkurs in politischem Aktivismus. «Wir können davon ausgehen, dass daraus schon bald ein gefestigter Widerstand gegen das autoritäre Regime entsteht.»
Überraschende Entdeckung in Thailand // Würdest du es schaffen, diese Pythonschlange einzufangen?
Stell dir vor, du entdeckst eine zwei Meter lange Pythonschlange unter deinem Haus. Was würdest du machen? In diesem Video siehst du, wie drei Männer versuchen, das Tier einzufangen.
25.04.2024
Trotz neuer Ukraine-Hilfen der USA: Scholz bleibt bei Nein zu Taurus
Bundeskanzler Olaf Scholz bleit bei seinem Nein zur Lieferung der deutschen Taurus-Raketen. Auch die neuen Hilfszusagen der USA an die Ukraine bringen ihn nicht davon ab. Der britische Premier Rishi Sunak und Scholz versprechen dem von Russland angegriffenen Land aber weiterhin in ihrer Hilfe nicht nachzulassen.
O-Ton Rishi Sunak,
«Heute gehen wir noch weiter, eröffnen ein neues Kapitel in der Sicherheits-Beziehung unserer Nationen.»
Die Regierungschefs haben eine Rüstungskooperation vereinbart. Sie wollen eine ferngesteuerte Haubitze entwickeln, die 155-Millimeter-Geschosse 40 Kilometer weit feuern können soll.
Grossbritannien und Deutschland stünden zu diesem gefährlichen Zeitpunkt für die Welt Seite an Seite, um Sicherheit und Wohlstand zu Hause und auf dem ganzen europäischen Kontinent zu erhalten.
Sunak hat seinerseits gerade das bisher grösste britische Militärpaket für die Ukraine zugesagt. Neben 60 Kampfbooten und Hunderten gepanzerten Fahrzeugen umfasst es auch weitere Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow.
25.04.2024
Westküste Australiens // Diese gestrandeten Grindwale kämpfen ums Leben
Am Donnerstag strandeten zwischen 50 und 160 Grindwale an der Westküste Australiens. Laut örtlichen Behörden sind 26 Säugetiere ums Leben gekommen. Die Rettungsaktionen laufen noch auf Hochtouren.
25.04.2024
Trump-Prozess: Zeuge bestätigt Deal zur Beseitigung negativer Berichte
Trump-Prozess: Zeuge bestätigt Deal zur Beseitigung negativer Berichte
23.04.2024
Durchbruch im US-Kongress: Kiew sieht Milliarden als Hilfe für Sieg
Für die Ukraine rückt die ersehnte Milliardenhilfe der USA in greifbare Nähe. Das US-Repräsentantenhaus billigte am Wochenende mit überparteilicher Mehrheit ein Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar. Das beinhaltet auch dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland. Damit folgte die Parlamentskammer einer Forderung von US-Präsident Joe Biden. Die nötige Zustimmung des Senats gilt als sicher.
22.04.2024
Überraschende Entdeckung in Thailand // Würdest du es schaffen, diese Pythonschlange einzufangen?
Trotz neuer Ukraine-Hilfen der USA: Scholz bleibt bei Nein zu Taurus
Westküste Australiens // Diese gestrandeten Grindwale kämpfen ums Leben
Trump-Prozess: Zeuge bestätigt Deal zur Beseitigung negativer Berichte
Durchbruch im US-Kongress: Kiew sieht Milliarden als Hilfe für Sieg