Umstrittener Prozess Nawalny soll dreieinhalb Jahre hinter Gitter

SDA/jka

2.2.2021 - 10:55

Das Vorgehen der russischen Justiz gilt als politisch motiviert. 
Das Vorgehen der russischen Justiz gilt als politisch motiviert. 
Bild: Keystone

Unter einem beispiellosen Polizeiaufgebot hat in Moskau der international umstrittene Prozess gegen Alexej Nawalny begonnen. Der Kremlgegner soll dreieinhalb Jahre hinter Gitter, so fordert es der russische Strafvollzug. 

Der russische Strafvollzug hat gegen den Kremlkritiker Alexej Nawalny eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert. Der 44-Jährige habe gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstossen und insgesamt siebenmal die Meldepflicht bei den russischen Behörden verletzt, hiess es vor Gericht.

Zudem forderte der Strafvollzug eine Geldstrafe von 500'000 Rubel (rund 5900 Franken), wie russische Agenturen aus dem Gerichtssaal am Dienstag meldeten. Der Strafvollzug hatte bereits zuvor erklärt, dass er die Bewährungsstrafe gegen Nawalny aus dem umstrittenen Verfahren von 2014 in echte Haft umwandeln lassen wolle.

Anti-Terror-Einsätze vor dem Moskauer Gericht

Das Vorgehen steht als politisch motiviert in der Kritik. Der Staatsmacht rüstete sich gegen Proteste von Nawalnys Unterstützern. Es gab mehr als 120 Festnahmen, wie das unabhängige Portal ovdinfo.org berichtete.

Die Verhandlung am Moskauer Stadtgericht lief unter einem beispiellosen Polizeiaufgebot ab. Das Moskauer Stadtgericht wurde von Hundertschaften der auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierten Sonderpolizei OMON bewacht und weiträumig abgesperrt mit Metallgittern, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete.



Die Zufahrtsstrassen zum Gerichtsgebäude waren gesperrt, es standen zahlreiche Gefangenentransporter bereit. Vor dem Gericht gab es auch Polizei auf Pferden. Viele Experten sehen in dem Prozess einen neuen Versuch, den Gegner von Kremlchef Wladimir Putin zum Schweigen zu bringen.

Nawalny: Strafe dafür, dass er nicht gestorben sei

Nawalny überlebte im August nur knapp einen Mordanschlag mit dem international geächteten chemischen Kampfstoff Nowitschok. Der 44-Jährige macht für das Attentat Putin und Agenten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB verantwortlich. Nawalny sieht den Prozess als Strafe des Kremls dafür, dass er nicht gestorben ist. Putin und der FSB hatten die Vorwürfe des Anschlags zurückgewiesen.

In seiner Zeit in Deutschland, als er sich von dem Attentat erholte, soll Nawalny sich nicht – wie in dem früheren Verfahren vorgeschrieben – bei den russischen Behörden gemeldet haben. Der Strafvollzug warf ihm nun vor Gericht vor, in Deutschland Sport getrieben und sich frei bewegt zu haben, ohne seinen Meldepflichten in Moskau nachzukommen.

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