Doppeltes Spiel von Politberater Russland-Affäre: Spur führt zu mutmasslichem Agenten Moskaus

Jeff Horwitz und Maria Danilova, AP

5.7.2018

Konstantin Kilimnik (ganz links) soll gemeinsam mit Donald Trumps früherem Wahlkampfchef Paul Manafort (4. v. r.) versucht haben, wichtige Zeugen in der Russland-Affäre zu beeinflussen.
Konstantin Kilimnik (ganz links) soll gemeinsam mit Donald Trumps früherem Wahlkampfchef Paul Manafort (4. v. r.) versucht haben, wichtige Zeugen in der Russland-Affäre zu beeinflussen.
Keystone / AP

Neben dem Ex-Wahlkampfchef von Donald Trump hat US-Sonderermittler Robert Mueller eine weitere Person angeklagt: Konstantin Kilimnik. Bis zuletzt setzte sich dieser für seinen Partner ein – vermutlich aber vor allem für russische Geheimdienste.

In offiziellen Akten wird er mal als Übersetzer, mal als Büroleiter und mal als ortskundiger Helfer bezeichnet. Vieles deutet aber darauf hin, dass Konstantin Kilimnik weit mehr war als das. Erst kürzlich soll er gemeinsam mit Donald Trumps früherem Wahlkampfchef Paul Manafort versucht haben, wichtige Zeugen in der Russland-Affäre zu beeinflussen. Und aus internen Dokumenten geht hervor, dass die beiden schon vor sehr langer Zeit an einer Lobby-Strategie im Sinne Moskaus feilten.

Die Unterlagen, die von der Nachrichtenagentur AP eingesehen werden konnten, enthalten auch eines der wenigen bekannten Fotos Kilimniks. Es stammt aus dem Jahr 2006 und zeigt ihn neben Manafort und anderen damaligen Vertretern von dessen Beratungsfirma. Mehr als ein Jahrzehnt vor der mutmasslichen Einmischung Moskaus in den US-Wahlkampf wurde in der Runde gemahnt, dass Russland auf geschicktere Art Einfluss auf die globale Politik nehmen müsse.

«Der Westen versteht sich einfach besser auf das moderne Spiel, in dem die Wahrnehmung der weltweiten Öffentlichkeit und die Darstellung einer Sache wichtiger sind als das, was tatsächlich passiert», schrieb Kilimnik schon im Dezember 2004 an Manafort, der später für einige Zeit den Wahlkampf von Donald Trump leiten würde. «Russland wird am Ende der Verlierer sein, wenn es nicht lernt, dieses Spiel zu spielen.»

Paul Manafort, Trumps früherer Wahlkampfchef, sitzt derzeit in Untersuchungshaft und wartet auf seinen Prozess.
Paul Manafort, Trumps früherer Wahlkampfchef, sitzt derzeit in Untersuchungshaft und wartet auf seinen Prozess.
Keystone/Jose Luis Magana

Kilimnik trieb ein doppeltes Spiel

Kilimnik, der sich nach Einschätzung des US-Sonderermittlers Robert Mueller derzeit in Russland aufhält und Verbindungen zu dortigen Geheimdiensten hat, verhalf Manafort laut den Unterlagen auch zu Geschäften mit diversen Oligarchen. Zu den Klienten des Amerikaners zählten demnach unter anderem Oleg Deripaska und andere ultrareiche Russen mit engen Beziehungen zu Präsident Wladimir Putin.

Die Aufzeichnungen zeigen zudem, dass Kilimnik zunächst ein doppeltes Spiel trieb: Mit seiner Tätigkeit für Manafort und dessen Klienten begann er zu einem Zeitpunkt, als er offiziell noch für das von der US-Regierung finanzierte International Republican Institute (IRI) arbeitete, das sich vor allem für Demokratie-Bewegungen einsetzt. Ein Motiv für dieses Verhalten wird nicht genannt.

Inzwischen gibt es aber zumindest eine klare Vermutung: Nach Aussage des Teams von Mueller bestanden die Geheimdienst-Kontakte Kilimniks sogar noch während der US-Wahl 2016. Kilimnik hat dies abgestritten. Und Deripaska hat abgestritten, Manafort je mit pro-russischer Lobby-Arbeit beauftragt zu haben. Aus neuen Gerichtsakten geht jedoch hervor, dass Manafort genau dies bereits 2014 gegenüber der US-Bundespolizei FBI in einer Befragung einräumte.

«Russische Politikberater waren unbrauchbar»

Geboren wurde Kilimnik in der Ukraine, als diese noch Teil der Sowjetunion war. Nach der politischen Wende war er für einige Zeit bei den Streitkräften, ehe er 1995 einen Job als Übersetzer am IRI erhielt. Schliesslich nahm er im Moskau-Büro des US-Instituts sogar eine Führungsposition ein.

Das IRI unterstützte zu dieser Zeit die «Orange Revolution» in der Ukraine, die sich gegen einen offensichtlichen Versuch der Wahlmanipulation vonseiten einer pro-russischen Regierung richtete.
Doch schon im Dezember 2004, als die Revolution noch in vollem Gange war, arbeitete Kilimnik im Geheimen für Manafort daran, ebendiese zu unterminieren – und zwar nicht, wie er Anfang dieses Jahres der «New York Times» sagte, als Übersetzer, sondern als Stratege.

In einem der älteren Dokumente, die der AP vorliegen, verweist Kilimnik auf mangelnde Erfahrung Russlands mit freien Wahlen nach Jahrzehnten der Einparteien-Herrschaft und auf die Schwächen der üblichen Taktiken Moskaus bei zurückliegenden Versuchen der Einflussnahme. «Russische Politikberater, ausgebildet in der Manipulation einer fiktiven öffentlichen Meinung und im Erzielen virtueller Ergebnisse in virtuellen Wahlen, waren unbrauchbar», schrieb er.

10'000 Dollar Grundgehalt im Monat

Als das IRI im März 2005 von Kilimniks Kontakten zu Manafort erfuhr, wurde er sofort entlassen. Von da an arbeitete er in Vollzeit für den Lobbyisten. Den Unterlagen zufolge erhielt er dafür ein monatliches Grundgehalt von 10'000 Dollar (nach heutigem Kurs etwa 9920 Franken).
Vertreter der US-Regierung gehen davon aus, dass Kilimnik Manaforts wichtigster Berater in dessen Diensten für den pro-russischen Politiker Wiktor Janukowitsch war, der 2010 ukrainischer Präsident wurde.

Aus den Akten geht weiter hervor, dass Kilimnik auch Teil des Projekts «Eurasia21» war, mit dem Manafort Einfluss auf westliche Politiker und Medien nehmen wollte. Offiziell ging es bei diesem Projekt darum, Informationen über die Staaten der früheren Sowjetunion zur Verfügung zu stellen. De facto handelte es sich um einen Propaganda-Plan, mit dem in Washington und in europäischen Hauptstädten Anführer ausgebildet werden sollten, «auf die man sich in künftigen Regierungen verlassen kann», wie in einem Dokument vermerkt wird.

Kilimnik war sogar noch für Manafort tätig, als dieser bereits seinen Job im Trump-Team verloren und Mueller ihn wegen seiner Lobbyarbeit angeklagt hatte. Andere Ex-Mitarbeiter zeigten weniger Treue – etwa Rick Gates, der einräumte, Manafort bei Geldwäsche in Millionenhöhe geholfen zu haben. Kurz nach diesem Geständnis kontaktierte Kilimnik offenbar andere Personen aus dem Umfeld der Affäre. «Hey, hier Konstantin», schrieb er im April laut Gerichtsunterlagen in einer Kurznachricht an einen Zeugen. «Mein Freund sucht nach Wegen, sich mit Dir in Verbindung zu setzen und Dir eine Reihe von Mitteilungen zukommen zu lassen. Können wir das arrangieren?»

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