Ärger über Japans MarineMoskau fühlt sich «bedroht» und droht mit «Gegenmassnahmen»
Von Philipp Dahm
28.4.2022
Spannungen auch im Osten: Russland warnt vor «Gegenmassnahmen», weil Japan mit der US Navy angeblich Manöver zu nahe an der Grenze abhält. Auch in Tokio wird der Ton rauer: Wird nun der Wehretat verdoppelt?
Von Philipp Dahm
28.04.2022, 06:45
28.04.2022, 08:57
Philipp Dahm
Moskau verschärft seinen Ton gegenüber Tokio: Wie CNN berichtet, hat Russland Japan mit Konsequenzen gedroht, falls dieses seine Marinemanöver mit den USA nahe der russischen Grenze ausweite.
Sie seien «in ihrem Wesen potenziell offensiv», erklärte am 26. April der stellvertretende Verteidigungsminister in Moskau. «Wir sehen in diesen Handlungen der japanischen Seite eine Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes», sagte Igor Morgulow laut CNN.
Und weiter: «Wenn sich solche Tätigkeiten ausweiten, wird Russland Gegenmassnahmen ergreifen, um die Wehrhaftigkeit zu stärken.» Um welche Marineübung es genau ging, liess Morgulow offen. Eine offizielle Reaktion aus Tokio auf den wenig diplomatischen Vorstoss gab es bisher nicht.
Diplomaten ausgewiesen
Als Reaktion auf die Ausweisung russischer Diplomaten hat Moskau am 27. April seinerseits acht japanische Diplomaten zur Ausreise angehalten. Japan habe sich auf die Seite der Ukraine gestellt, unterstütze sie politisch, wirtschaftlich und militärisch und habe acht russische Diplomaten ausgewiesen, hiess es zur Begründung.
Unruhiger Pazifik
Die maritime Lage ist angespannt: Japan hat sich vom 8. bis 18. April mit zwei Zerstörern an einem Manöver mit dem US-Flugzeugträger USS Abraham Lincoln und seinen Begleitschiffen in der Philippinensee beteiligt. Tokio verwies zuletzt öffentlich darauf, dass russische und chinesische Militär- und Spionageschiffe im Gegenzug die Koreastrasse passieren.
Russlands Drohung markiert einen neuen Tiefpunkt in den bilateralen Beziehungen, die sich seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine stetig verschlechtert haben. Japans Kritik an dem russischen Einmarsch hat Ende März schliesslich zu einem diplomatischen Knall geführt.
Wegen Tokios «unfreundlicher Schritte» hat Moskau die Verhandlungen über die Kurilen-Inseln abgebrochen, um deren Status seit dem Zweiten Weltkrieg gestritten wird. Nun verschärft deshalb auch Japan den Ton, wie der jüngste Jahresbericht des Aussenministeriums zeigt.
«Illegal besetztes Gebiet»: Neue alte Töne
Im Diplomatic Bluebook, das am 22. April erschienen ist, werden die umstrittenen Inseln erstmals seit 19 Jahren wieder als «illegal besetztes Gebiet» bezeichnet. Weiter wird kritisiert, der Krieg in der Ukraine untergrabe «das Fundament einer internationalen Ordnung, die in den letzten 100 Jahren aufgebaut worden ist».
«Hat Tokio den Friedensvertrag mit Moskau aufgegeben?», fragt «The Diplomat» ob des neuen rauen Tons, während die «Japan Times» observiert, dass Japan zu einer «Hardliner-Haltung» zurückgekehrt ist. Und wenn es nach der Regierungspartei LDP geht, bleibt die Insel auf diesem Kurs: Sie hat gerade vorgeschlagen, den Wehretat zu verdoppeln und auch die Militärstrategie zu überdenken.
Es geht um eine offensivere Ausrichtung der Armee, die per Verfassung nur der Verteidigung dienen darf. Dieses Gebot der Zurückhaltung wirkt sich einerseits auf militärische Taktiken aus – etwa beim Präventivschlag, schlägt sich aber andererseits auch in der Beschaffung wieder. So diskutiert das Land nun erstmals über die Beschaffung von Kampfdrohnen, was ebenfalls dem Krieg in der Ukraine geschuldet ist.