Satellitenbilder deuten auf Arbeiten hinMacht Israel Ernst mit der Pufferzone im Gazastreifen?
AP/toko
4.2.2024 - 17:25
Offiziell wird es von Israel bisher nicht bestätigt. Einiges deutet aber darauf hin, dass die umstrittene Errichtung eines Schutzstreifens entlang der Grenze längst begonnen hat.
DPA, AP/toko
04.02.2024, 17:25
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Satellitenbilder lassen Arbeiten an einer Pufferzone im Gazastreifen erahnen. Eine offizielle Bestätigung seitens Israels gibt es bisher nicht.
Die israelischen Streitkräfte lehnten es ab, die Frage, ob die Arbeiten an der Pufferzone bereits begonnen hätten, eine klare Antwort zu geben.
Ein Vertreter der israelischen Regierung, räumte unter der Bedingung der Anonymität ein, dass entlang der fast 60 Kilometer langen Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen derzeit eine «temporäre» Sicherheitszone eingerichtet werde.
Gemessen am Ausmass der Zerstörungen insgesamt mag es fast unbedeutend erscheinen – doch es ist ein klares Muster zu erkennen, das noch für viel Streit sorgen könnte: Laut Berichten von Experten sowie einer Analyse der Nachrichtenagentur AP sind die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen dabei, praktisch alles, was weniger als einen Kilometer von der Grenze zum eigenen Territorium entfernt ist, dem Erdboden gleichzumachen.
Als israelische Politiker vor einiger Zeit andeuteten, dass in dem palästinensischen Küstengebiet eine Pufferzone angelegt werden könnte, war die Kritik von internationaler Seite gross. Begründet wurde das mögliche Vorhaben damit, dass Terrorangriffe wie der vom 7. Oktober, als Extremisten über die Grenze stürmten, etwa 1200 Menschen töteten und rund 250 weitere als Geiseln verschleppten, verhindert werden müssten. Die Zone würde allerdings wohl auf Landflächen entstehen, die von den Palästinensern für einen künftigen eigenen Staat beansprucht werden.
«Diverse zwingende Massnahmen»
Die israelischen Streitkräfte lehnten es ab, der AP auf die Frage, ob die Arbeiten an der Pufferzone bereits begonnen hätten, eine klare Antwort zu geben. Sie erklärten lediglich, es würden «diverse zwingende Massnahmen» ergriffen, um «einen Verteidigungsplan zur Gewährleistung von mehr Sicherheit im Süden Israels» umzusetzen. Gleichzeitig machen die Streitkräfte keinen Hehl daraus, dass sie im Gazastreifen gezielt Gebäude abgerissen haben.
Ein Vertreter der israelischen Regierung, der gegen Zusicherung von Anonymität mit der AP sprach, räumte ein, dass entlang der fast 60 Kilometer langen Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen derzeit eine «temporäre» Sicherheitszone eingerichtet werde. Die auf Satelliten-Bildern sichtbaren Zerstörungen lassen es jedoch fraglich erscheinen, ob es sich bei dem Projekt wirklich nur um eine temporäre Massnahme handelt.
Der Gazastreifen, in dem seit fast vier Monaten Krieg herrscht, ist nur etwa 360 Quadratkilometer gross. Das Gebiet würde auf etwa 300 Quadratkilometer schrumpfen, wenn eine Pufferzone errichtet würde, die durchgehend einen Kilometer breit wäre. Im südlichsten Abschnitt würden überwiegend landwirtschaftliche Flächen verschwinden. Im weiteren Verlauf befinden sich aber in unmittelbarer Nähe zur Grenze auch Siedlungen wie etwa Chirbet Chusaa.
Auf Satelliten-Bildern des Unternehmens Planet Labs sind im Bereich dieser Siedlung deutliche Zerstörungen des Gebäudebestands auf einer Fläche von etwa sechs Quadratkilometern zu sehen. Gut vier Kilometer weiter nördlich ist im Grenzgebiet Ackerland aufgewühlt worden. Noch weiter nördlich liegt in Grenznähe das Flüchtlingslager Maghasi. Im Januar waren dort 21 israelische Reservisten durch Beschuss mit einer Panzerfaust getötet worden – die Granate brachte Sprengstoff zur Explosion, den die Israelis in zwei Gebäuden platziert hatten, um diese zu zerstören. Etwa auf Höhe der Stadt Gaza ist an der Grenze ein grosser Lagerhaus-Komplex zerstört worden.
Die Analyse der AP deckt sich mit Auswertungen von Wissenschaftlern, die das Geschehen im Gazastreifen mithilfe von Satelliten-Bildern verfolgen. Auch Adi Ben-Nun, der an der Hebräischen Universität in Jerusalem das Zentrum für geografische Informationssysteme leitet, hat sich den Bereich einer möglichen neuen Pufferzone genauer angeschaut. Seinen Angaben zufolge waren dort von ursprünglich etwa 2850 Gebäuden bis zum 17. Januar bereits 1100 beschädigt. Die Gesamtzahl der im Gazastreifen im aktuellen Krieg beschädigten Gebäude schätzt er auf etwa 80'000.
Corey Scher von der City University of New York und Jamon Van Den Hoek von der Oregon State University gehen davon aus, dass im Gazastreifen seit dem 7. Oktober sogar etwa 143 900 Gebäude zerstört oder beschädigt worden sind – das wäre mindestens jedes zweite in dem dicht besiedelten Küstengebiet. In dem Bereich, der für eine Pufferzone in Frage käme, sind laut Angaben der beiden US-Experten mindestens 1329 Gebäude betroffen.
Gaza-Krieg: Hoffnung auf neue Feuerpause und Geiselfreilassung
Tel Aviv/Gaza, 24.01.24: Bilder der israelischen Armee bei ihrem Einsatz im Gaza-Streifen. Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe auf den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens.
Währenddessen bemühen sich Vermittler in dem Krieg um eine neue Waffenruhe. Und die Hoffnung auf ein mögliches neues Abkommen zur Befreiung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas im Gegenzug für eine längere Kampfpause ist gestiegen. Das berichtet die Zeitung «The Times of Israel».
Die Islamisten haben Medienberichten zufolge Vermittlern erklärt, sie seien zu Gesprächen über die Freilassung der weiblichen Zivilisten und Kinder im Gegenzug für eine «signifikante» Feuerpause bereit.
Im Laufe einer einwöchigen Waffenruhe Ende November vergangenen Jahres hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen – im Gegenzug entliess Israel 240 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen.
Die Hamas knüpfte bislang jegliche weitere Geiselfreilassungen an ein Ende des Krieges. Terroristen halten israelischen Regierungsangaben zufolge noch immer rund 130 Menschen fest. Diese hatten sie bei ihrem Überfall aus Israel am 7. Oktober in den Gazastreifen entführt.
25.01.2024
US-Aussenminister: «Wir unterstützen keinerlei Verkleinerung des Territoriums des Gazastreifens»
Bereits im Dezember hatte Israel westliche Verbündete und einige arabische Nachbarstaaten über Pläne zur Schaffung einer Pufferzone informiert, wie die AP aus westlichen und ägyptischen Diplomatenkreisen erfuhr. Dabei waren den Angaben zufolge aber noch keine Details genannt worden. Erste Berichte über die ins Spiel gebrachte Massnahme führten zu deutlichen Reaktionen. «Wir unterstützen keinerlei Verkleinerung des Territoriums des Gazastreifens», sagte US-Aussenminister Antony Blinken am 25. Januar.
Besonders heftige Kritik an dem Vorhaben kommt natürlich von palästinensischer Seite. Das Ziel der Palästinenser ist weiterhin die Schaffung eines eigenen Staates, der sowohl den Gazastreifen als auch das Westjordanland sowie Ostjerusalem umfasst. Die Pufferzone stünde dieser Lösung ebenso im Wege wie der zunehmende Bau von jüdischen Siedlungen im Westjordanland.
«Israel treibt seine Besatzungs- und Kolonialprojekte im Gazastreifen weiter voran. Das zeigt sich nun auch in der Schaffung dessen, was es als eine «Pufferzone» entlang der Grenze des Gazastreifens bezeichnet», hiess es kürzlich in einer Stellungnahme des Aussenministeriums der im Westjordanland regierenden Palästinensischen Autonomiebehörde. Die Hamas, die bis zum Beginn des Krieges den Gazastreifen kontrollierte, kündigte Widerstand gegen die Pläne Israels an. Man sei «entschlossen, dies nicht geschehen zu lassen», sagte Bassem Naim, ein ranghoher Vertreter der radikalislamischen Organisation, die mit dem Terrorangriff vom 7. Oktober den Konflikt mit Israel eskalieren liess.