Machtsymbol Saudi-Arabien plant mit virtueller Realität gefüllten Riesenwürfel

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22.2.2023

400 Meter hoch und breit soll der grösste Würfel der Welt werden. 
400 Meter hoch und breit soll der grösste Würfel der Welt werden. 
Bild: YouTube

Um seine Stellung als führende Macht der islamischen Welt zu sichern, plant Saudi-Arabien zahlreiche Riesenprojekte. Das neueste: Ein Megawürfel, in dem man in virtueller Realität einkaufen kann.

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Einmal im Leben soll jeder Muslim, wenn er denn dazu in der Lage ist, nach Mekka reisen. Das eigentliche Ziel dieser wichtigsten Pilgerfahrt im Islam hat eine Würfelform: Im Innenhof der Heiligen Moschee von Mekka steht die Kaaba. Das Wort «Kaaba» bedeutet auch «Kubus» oder «Würfel».

Als «Haus Gottes» gilt die Kaaba als zentrales Heiligtum des Islams. Jedes muslimische Gebet muss in ihre Richtung deuten. Die geometrische Form des Würfels hat, kurz gesagt, eine enorme symbolische Bedeutung für die Religion.

Der grösste Würfel der Welt

Das ist mit Sicherheit auch Mohammed bin Salman bewusst gewesen, als er das jüngste seiner extravaganten Bauprojekte in Auftrag gab. Der saudische Kronprinz möchte einen gigantischen Würfel in Riad bauen lassen – den grössten der Welt.

400 Meter hoch und breit soll er werden. Sollte der gigantische Kubus Realität werden, würde das Empire State Building zwanzigmal hineinpassen. Er soll das Schmuckstück von New Murabba werden, der «grössten modernen Innenstadt der Welt», wie es heisst.

Doch der Mukaab – so der Name des ambitionierten Projekts – soll kein blosses religiöses Symbol werden. Es gibt einen Twist: Er soll unzählige Geschäfte, Hotels und Wohnungen beherbergen.

Aussen religiös, innen supermodern

Supermodern soll das gigantische Gebäude werden inklusive eines «immersiven, erfahrbaren Ortes», an dem «Gastfreundschaft, Einzelhandel und Freizeit in atemberaubenden, sich ständig wandelnden Umgebungen neue Höhen erreichen».

So heisst es zumindest auf der Website von New Murabba. Damit ist ein elaboriertes Virtual-Reality-Projekt gemeint. Nähere Details liefern die Verantwortlichen nicht.

Der Mukaab ist nicht das erste Extremprojekt bin Salmans. Im Norden Saudi-Arabiens möchte er in der Wüste auf einer 170 Kilometer langen Gerade die supermoderne Stadt Neom bauen, in der Dienstleistungen aller Art von Robotern ausgeführt werden sollen. Sogar einen eigenen, künstlichen Mond soll Neom kriegen.

Politische Motivation

Die Errichtung der Stadt wird von teils heftiger Kritik begleitet. Etwa 20’000 Angehörige von Beduinen-Stämmen müssen dafür zwangsumgesiedelt werden. Wer sich dem weigert, muss mit einer Verhaftung oder Schlimmerem rechnen.

Ein Mann namens Abdulrahim al-Howeiti nahm eine Videobotschaft auf, in der er den «Staatsterror» beklagte. Kurz darauf wurde er ermordet – wahrscheinlich von Regierungskräften.

Natürlich gibt es politische Hintergründe für extravagante Vorhaben wie diese. In Neom zum Beispiel soll Energie aus Wind- und Sonnenkraft gewonnen werden. Mit New Murabba mitsamt dem Mukaab als Herzstück sollen 50 Milliarden Dollar Umsatz geschaffen werden.

Beide Projekte sind Teil einer grösser angelegten Kampagne mit dem Ziel, die saudische Wirtschaft unabhängiger von Öl zu machen. Ausserdem sollen sie Arbeitsplätze schaffen und das Interesse von Investoren wecken.

Symbol einer neuen islamischen Welt

Dass das neueste dieser Megaprojekte nun einen Bezug zum zentralen Heiligtum des Islams herstellt, kann als Bekundung des Anspruchs bin Salmans interpretiert werden, eine erneuerte, moderne islamische Welt anführen zu wollen.

Auch Mekka befindet sich in Saudi-Arabien. Und nun schickt sich der Herrscher des Landes an, eine gigantische, mit kommerziellen Orten gefüllte Version des grössten Heiligtums der Muslime zu erbauen: eine neue, hyperkapitalistische Kaaba.

Bin Salman möchte den Weg in die Zukunft weisen. Er gibt dabei allerdings keinen Anlass für die Annahme, dass diese weniger autoritär sein wird als die Vergangenheit.