Politik Schweiz als Brückenbauerin im Uno-Sicherheitsrat gefragt

sn, sda

8.6.2022 - 09:36

Nach Ansicht des französischen Botschafters bei der Uno, Nicolas de Rivière, dürfte der Ukraine-Krieg die zweijährigen Schweizer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat dominieren.
Nach Ansicht des französischen Botschafters bei der Uno, Nicolas de Rivière, dürfte der Ukraine-Krieg die zweijährigen Schweizer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat dominieren.
Keystone

Die Uno-Botschafter der Nachbarstaaten sehen den zwei Jahren der Schweiz im Uno-Sicherheitsrat mit Spannung entgegen. Die Fähigkeiten der Schweiz als Vermittlerin und Brückenbauerin werden auch im mächtigsten Uno-Gremium gefragt sein.

sn, sda

Die Schweiz soll am kommenden Donnerstag für 2023 und 2024 in den Uno-Sicherheitsrat gewählt wird. Im Vorfeld fordert Frankreich die Schweiz auf, den Begriff Neutralität «nicht zu wörtlich» zu nehmen. Vor allem im Mai 2023, wenn sie die Präsidentschaft des Rates inne habe, müsse die Schweiz konkrete Ergebnisse anstreben, sagte der französische Botschafter bei der Uno in New York, Nicolas de Rivière, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Aktive Rolle gefragt

Er habe der Schweiz keine Ratschläge zu geben, sagte der Botschafter weiter. Er hoffe aber, die Schweiz werde ihre Zeit im wichtigsten Gremium der Uno nutzen, um Lösungsvorschläge für aktuelle Krisen zu erarbeiten und voranzutreiben. De Rivière gab der Hoffnung Ausdruck, dass sich die Schweiz, von «heissen Situationen» nicht raus halte, zumal Bern über Expertise in der Konfliktprävention und -reaktion verfüge.

De Rivière begrüsste die Beteiligung der Schweiz an Sanktionen gegen Russland und forderte Bern auf, im Rat die gleiche Haltung einzunehmen. Neutralität dürfe nicht als Äquidistanz gesehen werden. Es gebe viele zweideutige Situationen, sagte der Botschafter im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. De Rivière glaubt, dass die Ukraine-Krieg die zwei Jahre des Schweizer Mandats im Gremium weitgehend ausfüllen wird.

Frankreich möchte bei Themen mit der Schweiz eng zusammenarbeiten, die der Schweiz am Herzen liegen wie etwa humanitäre Fragen oder der Multilateralismus. So hat bereits ein Treffen mit der Schweizer Botschafterin bei der Uno, Pascale Baeriswyl, stattgefunden. «Wir kennen die Qualität und die Professionalität der Schweizer Mission», sagte de Rivière.

Österreich sieht wertvollen Beitrag

Grosse Unterstützung erhält die Schweiz vom österreichischen Botschafter bei der Uno, Alexander Marschick. Die Schweiz habe wie Österreich gezeigt, wie ein Staat seine Werte und Vermittlungsmöglichkeiten als neutraler Staat in der Uno aktiv mitgestalten könne, sagte Marschik auf Anfrage.

«Wir sind zuversichtlich, dass die Schweiz diese Schwerpunkte und Fähigkeiten in den Sicherheitsrat tragen und dort mit Nachdruck verfolgen wird. Sie leistet damit einen wertvollen Beitrag für die globale Sicherheit», sagte der Botschafter. Gerade in Zeiten grosser internationaler Herausforderungen und Vertrauensdefiziten zwischen den Grossmächten sei die aktive Teilnahme von kleineren und mittleren Staaten mit starkem multilateralen Profil in den wesentlichen Entscheidungsorganen der Vereinten Nationen essentiell.

Österreich war bereits drei Mal nichtständiges Mitglied, zuletzt 2009 und 2010. Das Land kandidiert wieder für einen Sitz für die Periode 2027 und 2028.

Deutschland und Italien nehmen bis zur Wahl der Schweiz als nicht ständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat vorerst nicht Stellung. Das nördliche Nachbarland der Schweiz geht davon aus, dass die zur Wahl stehenden Kandidaten am Donnerstag auch gewählt werden. Dann wolle man gerne gratulieren, erklärte der Sprecher der deutschen Uno-Mission, Holger Dreiseitl.

Er versicherte, dass Deutschland das grosse Engagement der Schweiz in den Vereinten Nationen sehr schätze und erfreut sei, dass es zu vielen Themen einen engen Austausch gebe. Diese Partnerschaften wolle Deutschland fortführen und stärken.

Die italienische Uno-Mission kündigte an, nach der Wahl am Donnerstag einen Kommentar bereit zu halten.

Seite an Seite mit Liechtenstein

Mit dem Fürstentum Liechtenstein hat die Schweiz bei der Uno einen kleinen, aber mutigen Partner an seiner Seite. In Zusammenarbeit mit dem Fürstentum hat die Schweiz in den vergangenen Jahren auch als Nichtmitglied des Sicherheitsrates immer wieder für bessere Arbeitsmethoden des Rates geweibelt, sagte der Liechtensteiner Botschafter bei der Uno, Christian Wenaweser.

Beide Länder haben sich zudem für den Schutz der zivilen Bevölkerung in bewaffneten Konflikten, für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie für mehr Transparenz, Inklusion und Rechenschaftspflicht des Gremiums ausgesprochen.

Vor Kurzem hat Liechtenstein in der Uno-Generalversammlung eine Entscheidung erwirkt, durch die Vetos im Sicherheitsrat künftig von der Vollversammlung durchleuchtet werden. Das würde neu auch Vetos gegen Russland und China gegen Ukraine-Resolutionen betreffen. Wenaweser hofft auf einen unabhängigen und von Eigeninitiative geprägten Auftritt der Schweiz im Rat.

Trotz wiederholter Anfragen wollte der russische Botschafter Wassili Nebenzia gegenüber Keystone-SDA die Analyse seines Landes über den bevorstehenden Einzug der Schweiz in den Rat nicht kommentieren.