Umstrittener Rüstungsexport Schweizer Pilatus-Werke informierten EDA nicht über Auftrag in Saudi-Arabien

dor

26.10.2018

Trainingsflugzeuge vom Typ «Pilatus PC-7 Turbo» der Schweizer Luftwaffe. 
Trainingsflugzeuge vom Typ «Pilatus PC-7 Turbo» der Schweizer Luftwaffe. 
Bild: Keystone/Archiv

Flugzeugbauer Pilatus hat dem Bund verschwiegen, dass er einen Vertrag mit der saudi-arabischen Luftwaffe hat. Diese ist in einen blutigen Konflikt im Jemen verwickelt.

Die Pilatus-Flugzeugwerke in Stans haben es unterlassen, die zuständige Behörde darüber zu informieren, dass sie die saudi-arabische Luftwaffe militärisch unterstützen. Dies haben Recherchen des «Tages-Anzeigers» ergeben, die zeigen, dass der Schweizer Konzern das Aussendepartement (EDA) rechtswidrig über seine Tätigkeiten in dem Land im Dunkeln liess.

Laut dem Bericht dürfte Pilatus damit gegen das sogenannte Söldnergesetz verstossen haben. Verletzungen der darin festgeschriebenen Meldepflicht werden mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet, berichtet die Zeitung.

Weiter heisst es, dass Schweizer Unternehmen, die im Ausland Sicherheitsdienstleistungen erbringen wollen, zuerst die Einwilligung des EDA einholen müssten. So soll verhindert werden, dass hiesige Firmen internationalen Aktivitäten nachgehen, die nicht mit der Neutralitätspolitik oder den aussenpolitischen Interessen der Schweiz vereinbar sind.

Bürgerkrieg und Hungersnot

Saudi-Arabien führt seit dreieinhalb Jahren einen Luftkrieg gegen das Nachbarland Jemen, bei dem Wohngebiete, Märkte, Beerdigungen, Hochzeiten, Gefängnisse, Krankenhäuser und andere Ziele der Zivilgesellschaft bombardiert werden. Im Jemen tobt seit rund vier Jahren ein Bürgerkrieg, der begann, als aufständische Huthi weite Teile des Landes überrannten. Saudi-Arabien ist mit der Regierung verbündet und bombardiert gemeinsam mit einer Koalition Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Zivilisten geraten zwischen die Fronten. Die Vereinten Nationen sprechen von der derzeit schlimmsten humanitären Katastrophe der Welt. Die Hälfte der Bevölkerung – 14 Millionen Menschen – ist von einer akuten Hungersnot bedroht.

Zerstörung nach einem Luftangriff der saudi-arabischen Luftwaffe auf Jemens Hauptstadt Sanaa am 5. November 2017
Zerstörung nach einem Luftangriff der saudi-arabischen Luftwaffe auf Jemens Hauptstadt Sanaa am 5. November 2017
Bild: EPA/Yahya Arhab

Das Söldnergesetz ist seit 2015 in Kraft. Trotzdem holte Pilatus in Bern keine Bewilligung für die Anfang 2017 mit der Royal Saudi Air Force ausgehandelte Kooperation ein. Der bisher unbekannte Supportvertrag zwischen Pilatus und Riad wurde erst am Mittwoch vom «Tages-Anzeiger» enthüllt.

Arbeitsstopp gefordert

Das EDA sei «erst vor kurzem aufgrund eigener Abklärungen» von Pilatus über deren Tätigkeit in Saudi-Arabien informiert worden, erklärt ein Sprecher gegenüber der Zeitung. Die Frage, ob Pilatus gegen das Söldnergesetz verstossen hat, wollte man beim EDA demnach nicht beantworten. Es soll aber ein nicht näher bezeichnetes Verfahren eingeleitet worden sein. Pilatus wollte am Donnerstag keine Fragen beantworten, heisst es in dem Bericht.

Politiker sind aber bereits deutlich geworden: «Wenn die Meldepflicht von Pilatus missachtet wurde, ist das natürlich nicht korrekt», sagt FDP-Sicherheitspolitikerin Corina Eichenberger dem «Tages-Anzeiger». Es brauche jetzt eine gründliche Abklärung, was genau im Supportvertrag von Pilatus enthalten sei.

Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli geht noch einen Schritt weiter. Er fordert laut der Zeitung einen Stopp der Pilatus-Arbeiten in Saudi­-Arabien, bis abgeklärt sei, ob die Tätigkeiten überhaupt bewilligungswürdig seien. Glättli regt zudem an, dass der Bund aktiv auf die Industrie zugehe und sie an die Einhaltung des Söldnergesetzes erinnere. Er hat laut dem Bericht den Eindruck, das «Gesetz sei noch nicht in den Köpfen der Industrievertreter angekommen».

Zurück zur Startseite

Mehr aus dem Ressort

Videos aus dem Ressort

Antisemitismus-Vorwürfe: Gil Ofarim gesteht im Prozess und entschuldigt sich

Antisemitismus-Vorwürfe: Gil Ofarim gesteht im Prozess und entschuldigt sich

Leipzig, 28.11.23: Der jüdische Musiker Gil Ofarim hat in seinem Prozess wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung überraschend ein Geständnis abgelegt. «Die Vorwürfe treffen zu», sagte der Musiker am Dienstag vor dem Landgericht Leipzig. Zu dem Hotelmanager, der als Nebenkläger auftritt, sagte er: «Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen.» Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem Video Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben. Das Video verbreitete sich stark in den sozialen Netzwerken. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hatte sich der Vorfall aber nicht so zugetragen. Nach umfangreichen Ermittlungen folgte eine Anklage gegen Ofarim. Das Verfahren gegen den Hotelmanager wurde eingestellt. Das Video habe er nun gelöscht, sagte Ofarim am Dienstag vor Gericht.

28.11.2023

Sibirischer Tiger // Wer starrt denn da in die Kamera?

Sibirischer Tiger // Wer starrt denn da in die Kamera?

Per Zufall entdecken Männer im Norden Chinas einen Sibirischen Tiger. Sie zücken ihr Handy und filmen ihn. Die Grosskatze war genauso neugierig wie ihre Beobachter.

28.11.2023

Winter in der Ukraine: Selenskyj weist auf Lage der Soldaten hin

Winter in der Ukraine: Selenskyj weist auf Lage der Soldaten hin

Der Winter ist in der Ukraine eingebrochen. Für die Soldaten an der Front bedeutet das eine zusätzliche Härte. Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft die Bevölkerung zum Dank an die Soldaten auf. «Jetzt, wo es so schwierig ist, wo die Bedingungen so schwierig sind, sollten wir alle denjenigen besonders dankbar sein, die die Verteidigung unseres Landes aufrechterhalten», sagte Selenskyj am Sonntagabend in seiner Videoansprache.

27.11.2023

Antisemitismus-Vorwürfe: Gil Ofarim gesteht im Prozess und entschuldigt sich

Antisemitismus-Vorwürfe: Gil Ofarim gesteht im Prozess und entschuldigt sich

Sibirischer Tiger // Wer starrt denn da in die Kamera?

Sibirischer Tiger // Wer starrt denn da in die Kamera?

Winter in der Ukraine: Selenskyj weist auf Lage der Soldaten hin

Winter in der Ukraine: Selenskyj weist auf Lage der Soldaten hin