International Selenskyj kämpft weiter um Leopard-Panzer – Die Nacht im Überblick

SDA

21.1.2023 - 05:14

Ein Ermittler inspiziert die Stelle, an der ein Hubschrauber abgestürzt ist. Foto: Daniel Cole/AP/dpa
Ein Ermittler inspiziert die Stelle, an der ein Hubschrauber abgestürzt ist. Foto: Daniel Cole/AP/dpa
Keystone

Nach der Ukraine-Konferenz im deutschen Ramstein will Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew weiter für eine rasche Lieferung von deutschen Leopard-2-Panzern an sein Land kämpfen. Er habe bei den Gesprächen viel Verständnis für die Erfordernisse der von Russland angegriffenen Ukraine gehört, sagte Selenskyj. «Ja, wir werden noch kämpfen müssen um die Lieferung moderner Panzer, aber mit jedem Tag machen wir es noch offenkundiger, dass es keine Alternative gibt zu der Entscheidung für Panzer.»

Bei der Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt fiel am Freitag noch keine Entscheidung für die Lieferung von Kampfpanzern, weil Deutschland weiter zögert. Trotzdem zeigte sich Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft optimistisch, dass er die Panzer erhalten wird.

Auch der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow sagte nach einem Treffen mit seinem neuen deutschen Kollegen Boris Pistorius, dass die Gespräche über die Leopards 2 fortgesetzt würden. Er dankte der deutschen Regierung und der Bevölkerung für die Militärhilfe. Medien in Kiew berichteten nach Resnikows Angaben, dass eine Reihe Staaten zugestimmt habe, die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Leopard-2-Panzern zu beginnen. Insbesondere dankte er demnach Polen für die Initiative.

Selenskyj sagte, notwendig seien auch Raketen mit grösseren Reichweiten, um ukrainische Gebiete zu befreien. Nicht alles, worüber in Ramstein gesprochen wurde, sei für die Öffentlichkeit bestimmt, meinte Selenskyj. Unterm Strich aber stehe eine Stärkung des ukrainischen Widerstandes gegen die russische Aggression.

Enttäuschung nach ausgebliebener Kampfpanzer-Entscheidung

Angesichts der weiter aufgeschobenen Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine haben sich Politiker aus Ampel-Koalition und Opposition enttäuscht gezeigt. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FPD), sagte am Freitagabend im ZDF-"heute journal»: «Zumindest wäre ein Signal richtig gewesen, den Partnern schon mal grünes Licht zu geben.» «Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt», monierte Strack-Zimmermann. Die Union befürchtet nun einen schweren aussenpolitischen Schaden. «Deutschland hat der Ukraine und sich selbst für die künftige Position einen Bärendienst erwiesen», sagte der CDU-Aussenexperte Roderich Kiesewetter.

Pentagon-Chef lobt Deutschland als Partner

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat Deutschland trotz des Zögerns mit Blick auf eine Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine als verlässlichen Partner gelobt. «Ja, sie sind ein zuverlässiger Verbündeter. Das sind sie schon seit sehr, sehr langer Zeit», sagte Austin am Freitag in Ramstein nach dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe.

Trotz erheblichen Drucks aus der Ukraine und von verbündeten Staaten hat die Bundesregierung noch keine Entscheidung über die Lieferung der Panzer getroffen. Die Ukraine hatte Deutschland bereits am 3. März 2022 – gut eine Woche nach dem russischen Angriff – erstmals offiziell um die Kampfpanzer gebeten und diese Forderung danach immer wiederholt. Deutschland nimmt als Produktionsland in der Frage eine Schlüsselrolle ein. Eine Weitergabe an die Ukraine auch durch andere Länder muss von der Bundesregierung genehmigt werden.

Die US-Regierung betonte, dass jedes Land souveräne Entscheidungen treffe, was die Lieferung von Waffen angehe. «Wir drängen niemanden zu etwas und lassen uns auch von niemandem zu etwas drängen», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Freitag in Washington.

Austin betonte, für den militärischen Erfolg der Ukraine sei nicht ein einzelnes Waffensystem entscheidend. Die Ukrainer hätten ein Paket mit grossen militärischen Fähigkeiten bekommen – darunter seien Schützenpanzer aus den USA und anderen Ländern. Wenn diese Mittel richtig eingesetzt würden, könnten sie zum Erfolg führen.

USA wollen russische Söldner zur kriminellen Organisation erklären

Die US-Regierung kündigte ausserdem an, die neben den Kremltruppen in der Ukraine kämpfende russische Privatarmee Wagner zur transnationalen kriminellen Organisation zu erklären. Die Einstufung erlaube es den USA und anderen Ländern, die internationalen Geschäfte der Söldnergruppe und ihres weltweiten Unterstützernetzwerks einzuschränken, teilte Kirby mit.

Die US-Regierung werde kommende Woche konkrete Sanktionen gegen die Wagner-Gruppe verhängen. Einzelheiten zu den Sanktionen nannte Kirby noch nicht. Wagner sei eine kriminelle Organisation, die für Gräueltaten und Menschenrechtsverstösse in der Ukraine und weltweit verantwortlich sei.

Die Gruppe gehört Jewgeni Prigoschin, einem engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin. In den Reihen der Privatarmee seien derzeit rund 50 000 Kämpfer in der Ukraine im Einsatz, sagte Kirby. Darunter seien 10 000 Söldner und 40 000 Strafgefangene, die Prigoschin in russischen Gefängnissen angeworben hatte. Der Wagner-Chef warf den USA in einer Reaktion auf die angekündigten Sanktionen vor, selbst kriminell zu sein. Nun seien Wagner und die USA Kollegen, sie würden daher wie «Verbrecherklans» gegeneinander kämpfen, meinte Prigoschin.

Was heute wichtig wird

Die Ukraine will weiter Druck machen auf Deutschland, Kampfpanzer zu liefern. Die russischen Truppen hingegen setzen ihre Angriffe in den Regionen Donezk und Saporischschja fort, um die von der Ukraine kontrollierten Teile der Gebiete zu besetzen. Die russischen Truppen hatten dort nach eigenen Angaben zuletzt erstmals seit dem Sommer und nach vielen Niederlagen wieder von Eroberungen gesprochen.