Russland Selenskyj: Ukraine braucht mehr Waffen – Nato und EU beraten

SDA

7.4.2022 - 12:55

In diesem Bild aus einem Video des Pressebüros des ukrainischen Präsidenten spricht Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, in Kiew, Ukraine. Foto: Uncredited/Pressebüro des ukrainischen Präsidenten via AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
In diesem Bild aus einem Video des Pressebüros des ukrainischen Präsidenten spricht Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, in Kiew, Ukraine. Foto: Uncredited/Pressebüro des ukrainischen Präsidenten via AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
Keystone

Vor einer erwarteten russischen Offensive in der Ostukraine fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mehr Unterstützung aus dem Westen ein. Sollte es kein «wirklich schmerzhaftes Sanktionspaket» und keine Lieferung von Kiew geforderter Waffen geben, werde Russland dies als «Erlaubnis zum Vormarsch» sehen, warnte er.

Keystone-SDA

Grossbritannien versprach am Donnerstag zusätzliche militärische Unterstützung. Die EU beriet am Donnerstag über ein fünftes Sanktionspaket, das auch ein Importverbot für russische Kohle enthalten sollte.

Die britische Aussenministerin Liz Truss sagte der Ukraine am Rande des Nato-Treffens in Brüssel zusätzliche militärische Unterstützung zu. «Wir intensivieren unsere Waffenlieferungen an die Ukraine», sagte sie und bezeichnete das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine als entsetzlich.

Die Aussenminister der 30 Nato-Staaten beraten an diesem Donnerstag über eine weitere Unterstützung der Ukraine und eine Verstärkung der Verteidigungsfähigkeiten im östlichen Bündnisgebiet. Am Rande des Treffens wollen auch die Aussenminister der G7-Staaten zusammenkommen.

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell hofft, dass die EU möglichst bald den Import von Öl aus Russland einschränkt. Ein Öl-Embargo sei zwar nicht Teil des Sanktionspakets, über das die EU-Staaten derzeit berieten, sagte der Spanier. Doch es werde Thema beim Treffen der EU-Aussenminister am Montag sein. «Und früher oder später, ich hoffe früher, wird es passieren.»

Laut Schätzungen des Ökonomen Simone Tagliapietra von der Denkfabrik Bruegel gibt die EU zur Zeit täglich 15 Millionen Euro für Kohle aus Russland aus, etwa 400 Millionen Euro für russisches Gas sowie 450 Millionen Euro für Öl aus dem Land.

Italien werde sich einem Erdgasembargo der EU anschliessen, sagte Ministerpräsident Mario Draghi. Dem Ex-Chef der Europäischen Zentralbank zufolge liegt derzeit aber noch kein Gas-Embargo-Plan auf dem Tisch und er wisse auch nicht, ob das je dazu kommen werde. «Wir fragen uns, ob der Gaspreis für den Frieden eingetauscht werden darf», sagte der 74 Jahre alte Ex-Chef der Europäischen Zentralbank am Mittwochabend in Rom. «Angesichts dieser beiden Dinge, was bevorzugen wir da – den Frieden oder entspannt bleiben, mit angeschalteten Heizungen oder jetzt mit laufender Klimaanlage über den ganzen Sommer?», fragte der parteilose Regierungschef.

USA liefern Ukraine weitere Panzerabwehrwaffen und Drohnen

Die USA wollen die Ukraine besonders mit weiteren Panzerabwehrwaffen vom Typ Javelin unterstützen. Dazu sollen 100 Millionen Dollar genutzt werden, die die US-Regierung für weitere Waffenlieferungen genehmigt hatte, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Man sei ausserdem mit den Ukrainern im Gespräch über die Lieferung weiterer Drohnen vom Typ Switchblade. Davon seien bereits 100 geschickt worden. Die Switchblades sind Mini-Drohnen, die lange über dem Boden kreisen können, um dort auf ein Ziel zu lauern und gezielt anzugreifen. Dabei zerstören sie sich dann selbst.

Zelenskyj appelliert an Russen

Der ukrainische Präsident rief die Menschen in Russland dazu auf, ein Ende des Kriegs zu fordern. Die Ermordung von Zivilisten in von russischen Truppen besetzen Städten wie Butscha müsse ein entscheidendes Argument sein. «Niemand in Russland, der jetzt nicht ein Ende des Krieges und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine fordert, hat eine Zukunft», sagte Selenskyj. Die Bürger sollten sich lieber jetzt der russischen Repressionsmaschine stellen, als ihr Leben lang «mit Nazis verglichen zu werden».

Widersprüchliche Darstellungen zu Kontrolle über Mariupol

Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben eigenen Angaben zufolge mithilfe russischer Truppen weitgehend die Kontrolle über das Stadtzentrum von Mariupol erlangt. «Man kann sagen, dass im zentralen Teil der Stadt die Hauptkämpfe beendet sind», sagte der Sprecher der prorussischen Kräfte im Gebiet Donezk, Eduard Bassurin, im russischen Staatsfernsehen. Die ukrainische Seite bestätigte diese Darstellung nicht. «Mariupol hält sich», sagte Präsidentenberater Olexeij Arestowytsch. In der seit Wochen belagerten Hafenstadt werden viele zivile Opfer nach russischen Angriffen befürchtet.

Bürgermeister von Charkiw: Keine Massenevakuierung nötig

Nach Aufrufen zur Flucht aus dem Osten der Ukraine angesichts einer möglichen russischen Grossoffensive versucht der Bürgermeister von Charkiw zu beruhigen. Weder er noch das Militär hielten es momentan für notwendig, eine zentralisierte Evakuierung aus der zweitgrössten Stadt des Landes durchzuführen, sagte Ihor Terechow in einer Videobotschaft. Zugleich gehen die Angriffe weiter. Innerhalb eines Tages hätten die russischen Truppen die zweitgrösste Stadt des Landes 48 Mal mit Raketenwerfern, Artillerie und Mörsern beschossen, schrieb der Gouverneur des Gebiets, Oleh Synjehubow.

UN-Institution zu Ukraine-Krieg: Bis zu 47 Millionen mehr Hungernde

Wegen des Ukraine-Kriegs rechnet das Welternährungsprogramm mit Dutzenden Millionen Menschen mehr in Hunger und Armut. «Je nach Dauer des Krieges könnten zwischen 33 und 47 Millionen Menschen zusätzlich in Hunger und Armut abrutschen», sagte der Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) in Deutschland, Martin Frick, der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl der akut Hungernden habe schon vor Beginn des Krieges mit 276 Millionen Menschen auf einem traurigen Rekordniveau gelegen.

Shell schreibt Milliarden auf aufgegebenes Russland-Geschäft ab

Der Ölkonzern Shell muss für seinen Rückzug aus Russland milliardenschwere Abschreibungen vornehmen. Im Zuge des Überfalls Russlands auf die Ukraine hatte der Konzern Anfang März beschlossen, seine Geschäftstätigkeiten in Russland einzustellen. Im ersten Quartal werden Abschreibungen von 4 bis 5 Milliarden US-Dollar (bis zu 4,6 Mrd Euro) anfallen, wie Shell am Donnerstag in einem Zwischenbericht mitteilte.