Politik Selenskyj: Werden «Russlands System zerschlagen» – Nacht im Überblick

SDA

1.3.2023 - 05:12

«Die schwierigste Situation ist nach wie vor Bachmut», sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Yevhen Titov/AP
«Die schwierigste Situation ist nach wie vor Bachmut», sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Yevhen Titov/AP
Keystone

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich mit Nachdruck für eine strafrechtliche Aufarbeitung des russischen Angriffskriegs auf sein Land auf internationaler Ebene ausgesprochen.

«Wir werden dieses gesamte russische völkermörderische System – von den Rädchen bis zu den Architekten – zerschlagen und vor Gericht bringen», sagte Selenskyj am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Dies sei aber keine leichte Aufgabe.

Selenskyj trifft Chefankläger vom Internationalen Strafgerichtshof

Bei einem Treffen mit Chefankläger Karim Khan vom Internationalen Strafgerichtshof in Kiew sagte Selenskyj unter anderem, er hoffe auf Hilfe bei der Ermittlung der Zahl der Kriegsopfer. «Wir kennen nicht einmal die offizielle Zahl getöteter Zivilisten in den von Russland besetzten Gebieten», sagte der Präsident einer Mitteilung zufolge.

Ein Vorgehen des Internationalen Strafgerichtshofs zum Beispiel gegen Kremlchef Wladimir Putin ist aktuell unter anderem deswegen nicht möglich, weil weder Russland noch die Ukraine Vertragspartner des Römischen Statuts als Rechtsgrundlage für diesen Gerichtshof sind. Kiew wirbt um internationale Unterstützung für ein Sondertribunal.

Ukraine: Tote und Verletzte durch russischen Beschuss

Unterdessen dauern die Gefechte zwischen der ukrainischen Armee und russischen Einheiten im Donbass der Militärführung in Kiew zufolge an. Der ukrainische Generalstab erwähnte in seinem Abendbericht Kämpfe beim Dorf Bohdaniwka und im Bereich der Stadt Tschassiw Jar. Das würde sich mit russischen Berichten decken, wonach die Verbindungsstrassen aus der belagerten Stadt Bachmut nach Westen bereits akut gefährdet sind. Auch an anderen Abschnitten habe es in den Gebieten Charkiw, Luhansk und Donezk Gefechte gegeben. «Die schwierigste Situation ist nach wie vor Bachmut», sagte Selenskyj.

Bei russischem Beschuss im Bereich Cherson wurden der örtlichen Verwaltung zufolge vier Menschen getötet und fünf verletzt. Unabhängig überprüfbar waren die Angaben nicht.

IAEA erneut alarmiert über Kämpfe bei ukrainischem Atomkraftwerk

Artilleriefeuer rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja alarmierte erneut die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA). Es seien am Montag rund 20 Detonationen offenbar in der Nähe der Anlage zu hören gewesen, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi unter Berufung auf die in dem Kraftwerk stationierten Experten der UN-Behörde. In jüngster Vergangenheit sei eine zunehmende Sicherheitspräsenz auf dem Gelände zu verzeichnen. «Dies ist ein besorgniserregender Trend, der die Dringlichkeit und Bedeutung der Einrichtung einer nuklearen Sicherheits- und Schutzzone im Kernkraftwerk Saporischschja zeigt.»

Polen kauft 1000 neue Schützenpanzer für seine Armee

Die polnische Armee bekommt mehr als tausend neue Schützenpanzer des Typs «Borsuk» (Dachs) und dazu Hunderte Begleitfahrzeuge. Eine Vereinbarung darüber unterschrieb Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bei der Herstellerfirma Huta Stalowa Wola in Südostpolen, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete.

Selenskyj führt Lagebesprechung mit Militärs durch

Bei einer Besprechung mit führenden Militärs erörterte Präsident Selenskyj die Lage an der Front. Dem kürzlich als Chef der sogenannten Operation der Vereinten Kräfte entlassenen Eduard Moskaljow wurde demnach das Kommando über den Bereich «Odessa» übertragen. Die «Operation der Vereinten Kräfte» bezeichnete ab 2018 den als «Antiterroroperation» laufenden Kampf gegen ostukrainische Separatisten. Mit dem russischen Einmarsch verlor diese gesonderte Kommandostruktur für die im Osten eingesetzten Einheiten von Armee, Nationalgarde und Geheimdienst ihren Aufgabenbereich.

OECD eröffnet eigenes Regionalbüro in Kiew

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat von diesem Mittwoch an ein eigenes Regionalbüro in Kiew. Die entsprechenden Räumlichkeiten würden von der Botschaft der Slowakei bereitgestellt, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann ukrainischen Medien zufolge bei einem Besuch in Kiew. Ein Team von vier OECD-Beamten werde die Umsetzung eines neuen Länderprogramms vor Ort koordinieren, hiess es. Die Industriestaatenorganisation sieht die Ukraine als potenzielles Mitglied.

Mehr Menschen in Kiew als vor Kriegsbeginn

Trotz des seit mehr als einem Jahr währenden russischen Angriffskriegs leben in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mehr Menschen als vor Kriegsbeginn. «Gerade sind etwa 3,5 Millionen Menschen in der Stadt», sagte der Erste Vizebürgermeister Mykola Poworosnyk der Staatsagentur Ukrinform. Darunter seien rund 230.000 offiziell registrierte Binnenflüchtlinge. Kurz vor Kriegsausbruch lag die offizielle Einwohnerzahl bei etwas unter drei Millionen. Mitte März 2022 waren weniger als 800.000 Menschen in Kiew verblieben.

Ukraine-Regierungschef: «Schwierigste Zeit der Heizperiode» vorbei

Nach wiederholten schweren russischen Luftangriffen auf ukrainische Infrastruktur hat das Land nach Einschätzung von Regierungschef Denys Schmyhal «die schwierigste Zeit der Heizperiode» hinter sich. «Wir haben dem russischen Energieterror widerstanden und für Wärme in den Häusern der Ukrainer gesorgt», sagte Schmyhal. Seit 17 Tagen seien nun keine Stromausfälle im Energienetz des Landes zu verzeichnen. «Und es ist auch nicht damit zu rechnen – es sei denn, es gibt einen massiven Raketenangriff.» Ab Oktober hatten massive russische Raketen- und Drohnenangriffe zu Problemen bei der Strom- und Wasserversorgung in weiten Teilen der Ukraine geführt.

Das bringt der Tag

Gut ein Jahr nach Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine treffen sich von Mittwoch an die Aussenminister der G20-Runde der führenden Wirtschaftsmächte in Indien. Mit Spannung wird der Auftritt des russischen Aussenministers Sergej Lawrow in Neu Delhi erwartet.

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko beginnt einen Besuch in China. Im Mittelpunkt steht der Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den beiden «umfassenden strategischen Partnern», wie es hiess. Die Visite des Verbündeten von Kremlchef Putin erfolgt kurz nach der Vorlage des chinesischen Positionspapiers zum Ukraine-Krieg.