Mehr Soldaten und atomare Drohungen So heftig reagiert Putin auf Selenskyjs USA-Besuch

red./dpa/sda/AP

22.12.2022

Putin will Russlands Militär umfassend stärken

Putin will Russlands Militär umfassend stärken

Putin will Russlands Militär umfassend stärken

21.12.2022

Wolodymyr Selenskyjs Reise in die USA scheint Moskau nervös zu machen: Der Kreml kündigte prompt an, die Armee vergrössern zu wollen – und droht wenig subtil mit seinem Atomwaffen-Arsenal.

red./dpa/sda/AP

22.12.2022

Wolodymyr Selenskyj hat sich im Weissen Haus mit Joe Biden getroffen, und über Unterstützung – vor allem das so lange ersehnte Raketenabwehrsystem Patriot – gesprochen.

Der Elefant im Raum war natürlich Wladimir Putin: Wie wird der Kremlchef auf den Besuch des ukrainischen Präsidenten bei dessen amerikanischen Amtskollegen reagieren?

«Der Zeitpunkt ist perfekt», erklärt Cedric Leighton, ein früherer Oberst der US-Armee, dem Nachrichtensender CNN. Der Grund: «Das Repräsentantenhaus denkt über Gesetze nach, die mehr Hilfe für die Ukraine ermöglichen.» Daher solle mit der Visite demonstriert werden, dass zwischen Kiew und Washington kein Blatt passe.

«Und es sendet Putin eine Botschaft», glaubt Leighton. Der sehe sich einem weiterhin geeinten Westen gegenüber.  Wie wird der Kreml-Chef reagieren? «Das ist eine wirklich gute Frage», sagt der frühere Oberst mit einem Lachen. «Ich denke, er wird versuchen, Selenskyj auf irgendeine Art zu diskreditieren.»

Kreml will mehr Soldaten

Dazu brauche es keine Fakten: Es reiche schon, auf Social Media Unwahrheiten zu streuen. «Doch das wäre eine schwache Antwort», räumt Leighton ein. «Putin könnte auch seine Zusammenarbeit mit dem Iran verstärken, er könnte die Waffenproduktion hochfahren oder eine Situation erschaffen, die eine Mobilisierung rechtfertigt.»

Putin während seines heutigen Treffens mit Militärs in Moskau.
Putin während seines heutigen Treffens mit Militärs in Moskau.
AP

Ganz nach dem Motto: Der Westen macht so viel Druck, dass wir mehr Truppen brauchen. «Ich glaube nicht, dass das funktionieren würde, aber das könnte seine Antwort sein.»

Kaum ausgesprochen, wird die These auch schon aus Moskau bestätigt: Russlands Verteidigungsminister hat angekündigt, die Streitkräfte des Landes deutlich aufzustocken.

Sergej Schoigu will die Zahl der Soldaten auf 1,5 Millionen anheben. Das entspricht einer Aufstockung von 350'000 Soldaten, sagte er bei einer im Fernsehen übertragenen erweiterten Sitzung des Verteidigungsministeriums unter Leitung von Putin. Der Kremlchef erklärte sich mit den Vorschlägen einverstanden.

Putin sieht «Bedrohung durch die Nato»

Vor allen bei den Zeitsoldaten soll deutlich nachgelegt werden. Deren Zahl soll auf 695'000 steigen. Zugleich wird auch der Alterszeitraum, in dem junge Männer als Wehrpflichtige eingezogen werden können, erweitert. Schoigu schlägt als Höchstgrenze 30 Jahre vor. Bisher wurden in Russland vor allem junge Männer nach Vollendung des 18. Lebensjahres einberufen.

Putin nimmt Generäle in die Pflicht

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Russlands Präsident Wladimir Putin fordert von der Armeespitze eine Verbesserung der militärischen Leistungen in der Ukraine. Die Armee müsse aus den Problemen in der Ukraine lernen und diese beseitigen, sagte das Staatsoberhaupt am Mittwoch vor führenden Vertretern des Verteidigungsministeriums in Moskau.

21.12.2022

Schoigu begründete die Massnahmen mit der geplanten Nord-Erweiterung der Nato. Der 67-Jährige empfahl, gerade im Nordwesten Russlands an der Grenze zu Schweden und Finnland neue Einheiten aufzustellen. Putin betonte, die Atommacht wisse sich gegen die «Bedrohung durch die Nato» zu verteidigen.

In diesem Kontext kündigte Schoigu an, dass im kommenden Jahr 22 Startrampen für Interkontinentalraketen in Betrieb genommen werden sollten, darunter für die Typen Sarmat, Avantgarde und Jars. Bei der Einführung der Sarmat (Nato-Codename: SS-X-30 Satan 2) gebe es zwar «Abweichungen von den Zeitplänen», räumte Putin ein. Doch nun stehe der Indienststellung nichts mehr im Wege: «Alles wird realisiert», versprach der 70-Jährige.

Weitere Beschaffungen

Die Rakete hat eine Reichweite von 18'000 Kilometern und kann mehrere Atomsprengköpfen mitführen. In Dienst gestellt werden sollten ausserdem drei Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-160M, fünf U-Boote und zwölf Kriegsschiffe.

Eine Fregatte soll dabei schon im Januar mit Antischiffsraketen vom Typ «Zirkon» ausgestattet werden, die angeblich ebenfalls Hyperschall-Geschwindigkeit erreichen kann. Gleichzeitig betonte Putin, Russland werde sich nicht wie die Sowjetunion im Rennen mit dem Westen kaputtrüsten.

Russland hatte die Sarmat inmitten des Krieges in der Ukraine im April getestet. Mit der Rakete kann Russland sowohl über den Nord- als auch über den Südpol angreifen und Ziele weltweit erreichen. Putin hatte erklärt, dass es noch auf lange Zeit nichts geben werde auf der Welt, was der Rakete ebenbürtig sei.

Der Komplex habe «beste taktisch-technische Eigenschaften und ist in der Lage, alle modernen Mittel der Raketenabwehr zu überwinden». Russland hatte seine Atomwaffen mit Beginn seines Krieges in der Ukraine im Februar in verstärkte Alarmbereitschaft versetzen lassen. Die Ankündigung wurde als Drohung mit den Atomwaffen des Landes aufgefasst.