Ihr Bild ging um die Welt So überlebte die «Frau im roten Schal» den Hamas-Angriff  

tmxh

8.12.2023

Israelisches Festival endete in Massaker

Israelisches Festival endete in Massaker

Bei einem Musikfestival in Israel sind Hunderte einem Überfall der Hamas-Organisation zum Opfer gefallen. Bisher sind 260 Leichen bestätigt. Augenzeugen berichten von einem Massaker.

09.10.2023

Sie ist die fliehende Frau im roten Schal, deren Bilder nach dem Angriff der Hamas auf ein Festival um die Welt gingen. Vlada Patapow überlebte und berichtet nun in einem Interview von den Ereignissen.

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8.12.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nach dem Angriff der Hamas auf ein Festival in Israel am 7. Oktober gingen Bilder einer fliehenden Frau mit rotem Schal um die Welt.
  • Nun ist das Schicksal der 25-jährigen gebürtigen Ukrainerin und Mutter einer kleinen Tochter bekannt.
  • Vlada Patapow überlebte das Massaker und berichtete nun in einem Interview von den Ereignissen.

Die Bilder von ihr gingen um die Welt. Nach dem Angriff der Hamas auf das Nova-Festival in Israel am 7. Oktober zeigte ein online verbreitetes Video eine junge Frau mit rotem Schal, die gemeinsam mit hunderten anderen verängstigten Festivalbesucher*innen in der Wüste vor den Terroristen floh. Nun ist ihr Schicksal, über das viel spekuliert wurde, klar: Vlada Patapow, so ihr Name, überlebte das Massaker, bei dem rund 340 Menschen getötet und 40 Geiseln genommen wurden. 

Der britischen Zeitung «Daily Mail» ist es gelungen, die 25-Jährige, die zum Symbol des Grauens wurde, ausfindig zu machen. Im Interview erzählt die gebürtige Ukrainerin, dass sie sich spontan entschieden habe, das Rave-Festival zu besuchen. «Das Komische ist, dass ich erst nicht zu dem Festival wollte», so Patapow, die als Hochzeitsplanerin arbeitet. «Als wir losfuhren, hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte.»

Sie habe gedacht, dass es eigenartig sei, ein Festival so nah an der Grenze zu Gaza zu veranstalten, wo nicht selten Raketen zu sehen seien. «Aber ich glaubte, dass die Organisatoren das Ganze für sicher erachten – sonst hätten sie es nicht veranstaltet», berichtet die Mutter einer kleinen Tochter.

Flucht im Auto

Gegen 6:30 Uhr am nächsten Tag seien die Feiernden durch Sirenen und Lärm jäh aus ihrer Feierlaune gerissen worden. «Ich hörte sofort Schüsse. Es war laut und sehr nah», erinnert sich Patapow. «Raketen flogen über uns. Ein Mann rief zur Evakuierung auf. Alle rannten zu ihren Autos.» Zusammen mit ihrem Partner Matan und ihrer Kollegin Mai sei sie losgefahren, doch der Weg sei überall blockiert gewesen.

Zuerst hätten die Leute gedacht, es sei eine der regelmässigen Raketenangriffe aus Gaza. Dann hätten sie einen Mann in Militäruniform gesehen und zunächst geglaubt, es sei ein israelischer Soldat. «Ein junger Mann stieg aus einem anderen Auto, und der Soldat erschoss ihn. Da wurde uns klar, dass es ein Terroranschlag war.» Sie hätten sich zum Schutz geduckt, berichtet Patapow. Inmitten des Chaos habe ihr Partner versucht, das Auto zu wenden, um einen anderen Ausweg zu finden.

«Überall waren verlassene Autos, und wir schafften es zu einer Schutzhütte», sagt sie. «Ein Polizist schrie, wir sollten nach Osten fahren, wenn wir überleben wollten.» Auf dem Weg hätten Terroristen in Autos, auf Motorrädern und in Lastwagen auf sie geschossen. Beim Versuch, über die Felder zu fahren, seien sie mit dem Auto stecken geblieben und anschliessend zu Fuss um ihr Leben gerannt.  

Das Video zeigt, wie sie ihren Retter traf

Anschliessend sei sie von ihrem Partner Matan getrennt worden, erzählt die junge Frau gegenüber der «Daily Mail». Gemeinsam mit ihrer Kollegin sei sie zu einer Gruppe Bäume gerannt, wo beide geweint hätten. «Wir wussten nicht, was wir tun oder wohin wir gehen sollten.» Sie habe nur an ihre Tochter denken können, so Patapow: «Ich sah immer wieder ihr Gesicht und sagte mir, dass jemand für sie überleben muss.»

Die folgende Szene, als beide wieder anfingen zu rennen, ist auf dem berühmt gewordenen Video festgehalten: «Ich stieg in das Auto meines Engels, eines Mannes namens Yosef Ben Avu, der anhielt und uns zum Einsteigen aufforderte.» Zu acht seien sie im kleinen Kia Picanto «übereinander gestapelt» gewesen. Sie habe Matan angerufen, der ebenfalls von einem Auto mitgenommen worden sei. 

«Es ist immer noch sehr schmerzhaft»

Vlada Patapow und ihre Begleiter*innen kamen mit dem Schrecken davon: Sie und ihre Kollegin Mai erreichten einen Armee-Stützpunkt, ihr Partner Matan einen anderen. Bis heute kann die junge Frau nicht verstehen, warum das Rave-Festival Ziel eines solchen Angriffs wurde. «Die Menschen tanzten, es war friedlich. Und dann kamen sie und töteten – auch einige meiner Freunde. Und wofür?», fragt sie im Interview. 

Noch immer kämpft Patapow mit den Folgen der Geschehnisse vom 7. Oktober: «Ich spreche nicht gern darüber. Es ist immer noch sehr schmerzhaft», gesteht sie. «Jeden Morgen danke ich Gott, dass ich noch lebe.» Nicht zuletzt plagen sie Schuldgefühle: «Manchmal fühle ich mich schlecht, weil ich überlebt habe.» Sie denke viel an die Geiseln in Gaza, die man nicht vergessen dürfe.