Nach Luftangriff Statt Abzug wieder mittendrin: Trumps Dilemma in Syrien

von Julie Pace, AP

15.4.2018

US-Präsident Donald Trump machte in den vergangenen Wochen deutlich, dass er seine Truppen möglichst rasch aus Syrien abziehen will. Doch mit dem Luftangriff vom Wochenende wurden die Karten wieder neu gemischt. Bei vielen seiner Anhänger kam das gar nicht gut an.

US-Präsident Donald Trump steht in Syrien wieder einmal vor eine Richtungsentscheidung. Eigentlich will er die US-Soldaten möglichst rasch aus dem Bürgerkriegsland abziehen, wie er in den vergangenen Wochen in hitzigen Debatten mit seinem nationalen Sicherheitsteam mehrfach betonte. Doch neben dem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat stehen auch geopolitische Rivalitäten dagegen - und auch die Gräueltaten der Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Mit den Luftangriffen auf mehrere Ziele in Syrien am Wochenende stecken die USA wieder tief im Morast des Bürgerkrieges und seiner weltpolitischen Ausläufer. Darüber, ob die gemeinsamen Attacken mit Grossbritannien und Frankreich etwas für die künftige US-Strategie in Syrien bedeuten, machten Trump und sein Kabinett allerdings unterschiedliche Angaben.

«Einmalige Vergeltungsaktion»

Verteidigungsminister James Mattis sagte, es sei eine einmalige Vergeltungsaktion für den mutmasslichen Chemiewaffenangriff der Assad-Regierung auf Duma mit mindestens 40 Toten gewesen. Trump selbst erklärte, die USA seien zu weiteren Militärschlägen bereit, sollte Assad wieder verbotene Chemiewaffen einsetzen. Und auch seine UN-Botschafterin Nikki Haley drohte, die Waffen der USA seien für einen solchen Fall «geladen und entsichert», also bereit für einen weiteren Angriff.

Dabei hatte Trump noch Anfang des Monats in privaten Unterredungen mit seinen Beratern gesagt, die USA hätten «nichts» von ihrem Einsatz in Syrien. Er machte deutlich, dass er die 2000 Soldaten, die derzeit dort am Kampf gegen den IS beteiligt sind, möglichst rasch abziehen will. Obwohl die Truppe vergleichsweise klein ist, äusserten einige seiner Berater aber Bedenken, dass der Iran sich den US-Abzug zunutze machen und das Machtvakuum füllen könnte. Das Weisse Haus ruderte daraufhin ein Stück weit zurück und erklärte, der Einsatz gegen den IS werde auf jeden Fall bis zum Ende geführt. Ein konkreter Zeitplan wurde nicht genannt. Aber aus Trumps Umfeld hiess es, er wolle nicht länger als bis zum Herbst in Syrien bleiben.

Pentagon und Aussenministerium lehnen Abzugspläne ab

Während sein Generalstab, das Pentagon und das Aussenministerium sowie die Geheimdienste den Abzugsplan ablehnten, feierten viele seiner politischen Anhänger Trump dafür. Sie werteten seine Aussagen als Beweis, dass er seine «America First»-Strategie auch umsetzen und kostspielige Kriege der Vorgängerregierungen nicht weiterführen will. «Dafür wurde Donald Trump nicht gewählt», sagte etwa die Fox-News-Moderatorin Laura Ingraham über den Syrien-Einsatz.

Entsprechend auch die Reaktionen auf den westlichen Militärangriff in der Nacht zum Samstag. Die konservative Kommentatorin Ann Coulter verwies das ganze Wochenende über auf die verärgerten Reaktionen darauf im Trump-Land. Ein Nutzer schrieb auf Twitter: «Der direkte Schaden galt einigen Gebäuden in Damaskus; den Kollateralschaden trug Trumps politische Wählerschaft davon.»

Trump lobt Einsatz

Trump selbst äusserte sich - zumindest zunächst - nicht zu dieser Kritik. Stattdessen lobte er den Erfolg des Einsatzes mit Worten, die bereits seinen Vorvorgänger George W. Bush zum Verhängnis geworden waren: «Mission accomplished» - Mission erfüllt. Bush hatte damit einst den Irak-Krieg für beendet erklärt, der die USA aber bis heute nicht so recht losgelassen hat. Für viele Kritiker stehen diese zwei Worte denn auch symbolisch für die Kurzsichtigkeit der Politik der USA in der Region.

Trump selbst hatte im Fall von Syrien in den vergangenen Jahren mehrfach seine Position geändert. Er verurteilte seinen Vorgänger Barack Obama dafür, dass er den Einsatz von Chemiewaffen durch Assad als «rote Linie» für die USA bezeichnet hatte. Später geisselte er den Ex-Präsidenten dafür, dass er den angedrohten Militärschlag gegen Assad nicht in die Tat umgesetzt hatte. Obama wählte stattdessen eine diplomatische Lösung mit einer Absprache über die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals.

Keine drei Monate nach Trumps Amtsantritt setzte Assad nach US-Erkenntnissen wieder Chemiewaffen gegen seine Landsleute ein. Und plötzlich sprach auch Trump von «vielen, vielen Linien», die damit überschritten worden seien. Er ordnete einen US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt an.

Doch seitdem rutschte Syrien auf Trumps Prioritätenliste wieder zunehmend nach unten. Der IS wurde aus seinen einstigen Hochburgen vertrieben und Trump machte deutlich, dass für ihn die USA nicht langfristig dafür verantwortlich seien, Syrien dauerhaft zu stabilisieren und ein Wiedererstarken der Extremisten zu verhindern. «Lasst das andere Leute übernehmen», sagte er erst Ende März bei einer Veranstaltung in Ohio. Nur eine Woche später kam es zu dem mutmasslichen Chemiewaffenangriff, durch den die Karten wieder einmal neu gemischt wurden.

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