Terrorismus Tatverdächtiger von Norwegen in U-Haft in medizinischer Einrichtung

dpa

15.10.2021 - 20:02

Die Ermittlungen nach dem tödlichen Angriff von Kongsberg laufen auch Hochtouren. 
Die Ermittlungen nach dem tödlichen Angriff von Kongsberg laufen auch Hochtouren. 
Bild: Håkon Mosvold Larsen/NTB/dpa

Nach dem tödlichen Angriff mit Pfeil und Bogen in der norwegischen Stadt Kongsberg muss der Tatverdächtige für mindestens vier Wochen in Untersuchungshaft unter ärztlicher Aufsicht. Es mehren sich Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Mannes.

15.10.2021 - 20:02

Der Mann, der im norwegischen Kongsberg fünf Menschen getötet haben soll, muss für vier Wochen in Untersuchungshaft. Das hat das Gericht in Buskerud am Freitag entschieden. Die ersten zwei Wochen muss er isoliert verbringen. Ausserdem verhängte das Gericht ein Besuchs-, Medien- und Briefverbot.

Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er aber nicht im Gefängnis, sondern in einer geschlossen medizinischen Einrichtung untergebracht, sagte ein Polizeisprecher am Freitagnachmittag.



Man halte es für wahrscheinlich, dass der Mann psychisch krank ist. «Unsere Hypothese ist, dass der Hintergrund eine Erkrankung ist», sagte Polizeiinspektor Thomas Omholt. Mindestens zwei Rechtspsychiater sollen nun beurteilen, ob der Mann zurechnungsfähig ist. Bislang werde ihm keine Terrortat, sondern fünffacher Mord vorgeworfen. Das werde allerdings fortlaufend neu bewertet.

Fünf Todesopfer nach Angriff

Der 37-jährige Däne hatte eingeräumt, am Mittwochabend in Kongsberg mehrere Menschen mit Pfeil und Bogen und anderen Waffen angegriffen zu haben. Fünf Menschen starben, drei wurden verletzt, darunter ein Polizist und eine Frau aus Litauen. Die Verletzten wurden inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen.

Der Mann habe die faktischen Vorfälle eingeräumt, erkenne aber keine Strafschuld, sagte der Polizeisprecher. Der Sicherheitsdienst der norwegischen Polizei hatte die Tat zunächst als Terrorhandlung eingestuft, den Verdacht aber später abgeschwächt.

Der neue norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre und Justizministerin Emilie Enger Mehl besuchten an ihrem zweiten Tag im Amt die Stadt Kongsberg. Auf dem Platz vor dem Supermarkt, wo sich ein Teil des Dramas abspielte, legten sie Blumen nieder.

«Wir müssen füreinander da sein»

Støre sagte, dass die Menschen im ganzen Land stark geprägt seien von dem schrecklichen Ereignis, bei dem so viele Leben brutal und sinnlos verloren gingen. «Wir müssen zusammenstehen und füreinander da sein, wenn wir – wie heute hier in Kongsberg – in eine Krise geraten», sagte Støre, «aber auch um vorzubeugen, dass so etwas wieder geschieht.»

Jonas Gahr Støre, Ministerpräsident von Norwegen, legte bei seinem Besuch in Kongsberg Blumen für die Opfer eines Attentats nieder.
Jonas Gahr Støre, Ministerpräsident von Norwegen, legte bei seinem Besuch in Kongsberg Blumen für die Opfer eines Attentats nieder.
Bild: Terje Bendiksby//dpa

Die Polizei gab inzwischen weitere Details zum Tathergang bekannt. Demnach trafen zwei Beamte zum ersten Mal in einem Supermarkt auf den Täter. Sie wurden mit Pfeilen beschossen und kamen nicht in eine Position, von der aus sie auf ihn schiessen konnten, wie ein Polizeisprecher sagte. Während die Beamten Schutzkleidung holten, gelang dem Täter die Flucht.

Danach lief der Täter weiter durch die Innenstadt und drang auch in Wohnungen ein, wo er Menschen tötete. Die Polizei vermutet, dass alle fünf Opfer getötet wurden, nachdem der Mann zum ersten Mal mit der Polizei zusammengetroffen war.

Wohl keine geplante Tat

Staatsanwältin Ann Irén Svane Mathiassen sagte dem Fernsehsender TV2, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass der Mann die Tat geplant habe. «Es deutet auch nichts darauf hin, dass es eine Situation im Laden gab, die dies ausgelöst hat.»

Die Polizei versucht nun, ein klareres Bild vom Leben des Verdächtigen zu bekommen. Menschen aus dem Umfeld des Mannes sagten dem norwegischen Rundfunk NRK, der Däne leide seit langem unter psychischen Problemen und sei schon als Jugendlicher ein Aussenseiter gewesen.

Ausserdem gab es Hinweise, dass er zum Islam konvertiert war und radikale Ansichten hatte. Der Sicherheitsdienst der Polizei hatte bereits 2015 Warnungen zu dem Mann bekommen. Man hielt es aber für unwahrscheinlich, dass er eine politisch motivierte Gewalttat begehen würde.

dpa