Corona-Pandemie Top-Virologe der USA kämpft auch gegen Erschöpfung und Trolle

AP/toko

4.4.2020

Der Chef-Virologe Anthony Fauci im Weissen Haus.
Der Chef-Virologe Anthony Fauci im Weissen Haus.
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Der Corona-Experte Anthony Fauci ist derzeit einer der wohl wichtigsten Berater des US-Präsidenten. Mit seiner direkten Art hat er sich in der exponierten Rolle auch Feinde gemacht. Bislang scheint ihn dies aber nicht in seiner Arbeit zu beeinträchtigen.

Die eigene Gesundheit mag gelitten haben – in den vergangenen paar Wochen hat der 79-Jährige wenig geschlafen und manchmal den ganzen Tag nichts gegessen. Doch für die Gesundheit der amerikanischen Gesamtbevölkerung dürfte sich der Einsatz von Dr. Anthony Fauci gelohnt haben. Als Donald Trump die Gefahr des Coronavirus herunterspielte, nahm der Virologe in seiner Kritik kein Blatt vor den Mund. Inzwischen wird sein Rat im Weissen Haus meist befolgt.



Die Pandemie bringt den Leiter des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten zwar an die Grenze der Belastbarkeit – zumal er wegen seiner Arbeit zum Teil auch offen bedroht wird. Doch das macht ihn nur umso entschlossener. «Ich habe mir dieses Leben ausgesucht», betonte er am Donnerstag in einer NBC-Sendung. «Einige Aspekte davon sind manchmal verstörend. Aber man konzentriert sich einfach auf den anstehenden Job und legt diesen ganzen Kram beiseite und ignoriert ihn so gut es geht.»

Zielscheibe von Verschwörungstheoretikern

Wegen seiner deutlichen Worte und der nicht zuletzt auf Grundlage seines Rates verhängten Schutzmassnahmen wurde Fauci zur Zielscheibe von Verschwörungstheoretikern und anderen fanatischen Trump-Anhängern. Aus Sorge um die Sicherheit des Top-Virologen soll das Gesundheitsministerium Personenschutz beantragt haben. Das Justizministerium sei der Bitte nachgekommen, neun Spezialagenten dafür abzustellen, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person gegen Zusicherung von Anonymität der Nachrichtenagentur AP.

Fauci ist in Washington alles andere als ein Neuling – er hat alle US-Präsidenten seit Ronald Reagan beraten. Mit seinen stets faktenbasierten Stellungnahmen zur Entwicklung der aktuellen Krise bildete er gerade in der Anfangsphase einen Gegenpol zu Trump, der den Ausbruch des Coronavirus lange zu verharmlosen versuchte. In der öffentlichen Wahrnehmung galt er damit zunehmend als «Stimme der Vernunft», die das Weisse Haus vor schlimmen Fehlern bewahrte.

Aus der politisch rechten Ecke wurde Fauci aber genau deswegen verteufelt. Dass der Virologe nicht davor zurückschreckte, dem Präsidenten immer wieder öffentlich zu widersprechen, brachte auch erzkonservative Medien wie den Sender Fox News gegen ihn auf. Einige warfen ihm vor, die Bedrohung durch das Virus aufzubauschen, andere bezeichneten ihn wegen seiner schon 36 Jahre währenden Nähe zum Weissen Haus als Agenten des «Deep State» – einer angeblichen «geheimen Macht» neben den demokratisch gewählten Regierungen. Impfgegner wiederum behaupten, Fauci wolle mit seinen Empfehlungen bloss die Pharma-Industrie bereichern.

Trump: «Er braucht keinen Schutz»

Als der Virologe bei einer Pressekonferenz im Weissen Haus am Mittwoch auf die Drohungen angesprochen wurde, gab er sich bedenklich. Trump mischte sich witzelnd ein und erklärte, dass er sich wegen der Sicherheit des Arztes keine Sorgen mache. «Er braucht keinen Schutz», sagte der Präsident. «Alle lieben ihn. Ausserdem – wenn sie ihn jemals angreifen sollten, würden sie in grosse Schwierigkeiten geraten.»

Trump, der nicht gerade für einen schonenden Umgang mit Kritikern bekannt ist, hat Fauci bisher überwiegend mit grossem Respekt behandelt – gerade auch bei öffentlichen Auftritten. Dabei hätte so manche Zurechtweisung des Wissenschaftlers gut und gerne auch als Steilvorlage für eine der berüchtigten Twitter-Tiraden des US-Präsidenten dienen können.

Als Trump im März behauptete, das Virus sei unter Kontrolle, warnte Fauci, dass das Schlimmste noch bevorstünde. Während Vertreter der Regierung erklärten, Coronavirus-Testkits würden schon bald allgemein verfügbar sein, bezeichnete Fauci in einer Kongress-Anhörung das Fehlen von weit verbreiteten Tests als «ein Versagen» des Systems. Und als Trump eine Studie anpries, laut der eine Kombination aus Hydroxychloroquin und dem Antibiotikum Azithromycin für die Behandlung von Covid-19-Patienten genutzt werden könne, betonte Fauci, dass es nur sehr vereinzelte Hinweise auf die Wirksamkeit solch einer Behandlung gebe.

Keine Zeit für Essen

Für Aufregung bei vielen Anhängern des Präsidenten und Belustigung bei dessen Gegnern sorgte eine von Fernsehkameras eingefangene Szene vor zwei Wochen. Bei einem der Presse-Briefings im Weissen Haus bezeichnete Trump das in den USA State Department genannte Aussenministerium als «Deep State Department». Der neben ihm stehende Fauci hielt sich daraufhin – wohl um sein Gesichtsausdruck zu verbergen – eine Hand an die Stirn.

Gegenüber Reportern hat Fauci eingeräumt, dass die Rolle in der sich zuspitzenden Krise für ihn sehr anstrengend sei. Nachdem der Präsident ihn als Berater hinzugezogen habe, seien ihm zunächst nur drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht geblieben, sagte er. Inzwischen versuche er, zumindest auf fünf Stunden zu kommen. In einem Interview für einen Podcast des Senders CNN berichtete der Arzt, seine Frau hätte ihn anfangs erinnern müssen, etwas zu essen. «Ich habe ganze Tage überhaupt nichts gegessen, weil ich so beschäftigt war», sagte er. «Ich hatte einfach keine Zeit zum Essen.»


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