Analyse Trump und den Republikanern ist jetzt jedes Mittel recht

Von Tobias Bühlmann

24.10.2019

Donald Trump und seine Republikaner geraten zunehmend in die Enge und schlagen darum wild um sich. Das Ziel: Ja nicht über die Vorwürfe in der Ukraine-Affäre sprechen. Bisher geht die Strategie auf. 

Ein Präsident, der sich als Opfer eines Lynch-Mobs sieht, und bizarre PR-Aktionen: Das politische Klima in Washington stösst gerade wieder in neue Dimensionen der Erregung vor, der Ton ist noch einmal schriller geworden. Der Kampf um die öffentliche Meinung führt zu Handlungsweisen, die selbst für die derzeitigen Verhältnisse in den USA extrem sind. Doch in dem vermeintlichen Chaos ist eine klare und einleuchtende Strategie zu erkennen.

Mythen sind wichtiger als Fakten

Der neueste Akt spielt sich in einem Keller tief unter dem US-Kapitol ab: Gut zwei Dutzend republikanische Abgeordnete stürmen öffentlichkeitswirksam eine Anhörung in einem besonders abhörsicheren Sitzungszimmer. Dort befragt ein Kongressausschuss gerade eine hohe Pentagon-Mitarbeiterin zur Ukraine-Affäre. Die Störenfriede aus der republikanischen Partei bemängeln vor den im Schlepptau befindlichen Journalisten, dass das Hearing im Verborgenen vonstattengehe.

Die republikanischen Politiker fordern, dass die Impeachment-Voruntersuchungen gegen Donald Trump in der Öffentlichkeit stattzufinden hätten und dass der US-Präsident das Recht erhalten müsse, seinen Anklägern gegenüberzutreten. Schliesslich sei ein faires Verfahren das Mindeste, was ein Angeklagter erwarten könne, erst recht der US-Präsident.

US-Präsident Donald Trump und seine Republikaner schlagen wild um sich.
US-Präsident Donald Trump und seine Republikaner schlagen wild um sich.
Bild: Keystone/AP/Evan Vucci

Was die Gruppe fordert, hat mit Blick auf die amerikanische Verfassung zwar weder Hand noch Fuss, doch um das geltende Recht geht es ohnehin nicht: Es ist schlicht der jüngste Versuch, die Demokraten und ihre Untersuchung der Ukraine-Affäre als rachsüchtig und hinterlistig brandzumarken. Und dazu bedienen sich die Republikaner eines mächtigen Mythos' des US-Rechtssystems, wonach jeder Angeklagte ein Anrecht habe auf seinen day in court: also ein Gerichtsverfahren, in dem er die Chance erhält, seinen Anklägern ins Auge zu schauen und die Vorwürfe zu entkräften. Einzig: Dieser day in court ist erst später fällig, und zwar bei der eigentlichen Impeachment-Verhandlung im Senat.

Ein Diplomat sorgt für Sprengstoff

Doch all das sind Ablenkungsmanöver, denn was von der Impeachment-Voruntersuchung nach aussen gedrungen ist, lässt Donald Trump schlecht aussehen – besonders eine Aussage hat es in sich: Am Dienstag hat der geschäftsführende US-Vertreter in der Ukraine, Bill Taylor, vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt. Und die Angaben des Diplomaten sind genau die Munition, die die Demokraten gegen den US-Präsidenten benötigen: Taylor sagte unmissverständlich, dass die Entourage des US-Präsidenten die Ukraine habe erpressen wollen, genauer: Sie hätte dem Land überlebenswichtige US-Militärhilfe verweigert.

Ein Einlenken hätten sie laut Taylor von einer Erklärung des ukrainischen Präsidenten abhängig gemacht. Wolodymyr Selenskyj hätte demnach öffentlich kundtun sollen, dass man eine Untersuchung durchführe gegen Hunter Biden, Sohn des demokratischen Präsidentschaftsanwärters Joe Biden.

Das bedeutet konkret: Trump und seine Leute sollen US-Gelder eingesetzt haben, um seinem aussichtsreichsten Gegner zu schaden. Entsprechend viel Staub hat die Aussage aufgewirbelt.

Republikaner halten stramm zu Trump

Dem Kern der Vorwürfe hat Trump nichts entgegenzusetzen. Erst recht nicht, seit sein Stabschef vor Journalisten eingeräumt hat, dass das Weisse Haus die Militärhilfe eingesetzt habe, um in der Ukraine die gewünschte Untersuchung anzuschieben. Darum versuchen der Präsident und seine republikanischen Parteifreunde nun alles, um die Legitimität des Impeachment-Verfahrens infrage zu stellen.

Denn wenn es Trump gelingt, dass die Amerikaner das Verfahren an sich hinterfragen, muss er zu den Vorwürfen gar nie Stellung nehmen.

Derzeit scheint diese Strategie aufzugehen: Die republikanische Basis steht nach wie vor fest zu ihrem Präsidenten. Solange das so bleibt, werden auch die republikanischen Senatoren zu Trump halten, alles andere wäre politischer Suizid. Und genau auf jene Politiker kommt es im Impeachment-Verfahren an: Um einen Präsidenten aus dem Amt zu entfernen, braucht es im Senat 67 Stimmen. Derzeit haben die Demokraten 47 Stimmen, 20 Republikaner müssten also mit der Opposition stimmen. Aktuell sieht es nicht danach aus.

Bilder des Tages
Zurück zur Startseite