Ukraine-ÜbersichtMehrere tote Kinder nach Explosionen in der Ukraine +++ AKW Saporischschja hängt nur noch an Reserveleitung
Agenturen/red
3.9.2022
Abschied von Gorbatschow ohne Pomp und ohne Putin
Hunderte Russen haben am Samstag Abschied von Michail Gorbatschow genommen. Die Trauerfeier für den früheren sowjetischen Präsidenten in Moskau fand ohne grossen Pomp statt – und auch ohne Russlands Präsident Wladimir Putin.
03.09.2022
Durch russische Angriffe und fahrlässigen Umgang mit Munition sind in der Ukraine mehrere Kinder getötet und verletzt worden. Das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben von IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi auch mit der letzten von vier externen Stromleitungen nicht mehr verbunden. Die Situation im Ticker.
Agenturen/red
03.09.2022, 22:00
Agenturen/red
Angesichts des andauernden Beschusses des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja bangen internationale Experten nach einem Besuch um die Sicherheit dort. Seine grösste Sorge bleibe, dass das AKW durch weiteren Beschuss schwer beschädigt werden könnte, sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Rafael Grossi in Wien. Zwar seien Schäden offenkundig und inakzeptabel, aber wichtige Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Kraftwerks funktionierten. Er habe auch nicht den Eindruck, dass die russischen Besatzer etwas verborgen haben. «Wir haben alles gesehen, was ich sehen wollte», sagte Grossi.
Russland meldet ukrainischen Militäreinsatz nahe AKW
Die Lage rund um das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine bleibt unübersichtlich. Das russische Verteidigungsministerium beschuldigte die ukrainische Armee, trotz der Anwesenheit internationaler Atomexperten das AKW zurückerobern zu wollen. An der Aktion seien 250 Soldaten und «ausländische Söldner» beteiligt gewesen. Die russische Armee will den Angriff abgewehrt und dabei mehrere Boote zerstört haben. Diese Angaben liessen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen. Das ukrainische Militär beschuldigte wiederum Russland, es habe in der Nacht zum Samstag Angriffe in Richtung Saporischschja vorgenommen.
Türkei will zwischen Russland und Ukraine vermitteln
Die Türkei hat sich im Streit um das Kraftwerk als Vermittler ins Gespräch gebracht. Das sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie Erdogans Büro mitteilte. Ankara könnte «in der AKW-Frage von Saporischschja eine unterstützende Rolle spielen, wie es beim Getreideexport der Fall war». Aus Moskau gab es dazu keine Reaktion. Die UN und die Türkei hatten Vereinbarungen vermittelt, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges wieder Getreide über ihre Schwarzmeerhäfen ausführen darf.
Breiter Vormarsch ukrainischer Truppen westlich des Dnipro
Die Ukraine forciert bei ihrer Gegenoffensive in der Region Cherson im Süden des Landes britischen Geheimdiensten zufolge derzeit einen breiten Vormarsch auf drei Achsen westlich des Flusses Dnipro. Diese Offensive habe zwar nur begrenzt unmittelbare Ziele, die Russen aber mutmasslich taktisch überrascht, hiess es in einem Kurzbericht des Verteidigungsministeriums in London. Damit würden logistische Mängel und Schwächen in der Führung der russischen Offensive entlarvt.
Moskau spricht von hohen ukrainischen Verlusten
Das ukrainische Militär erleidet nach russischen Angaben bei seiner Gegenoffensive hohe Verluste. Versuche, sich im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih festzusetzen, seien erfolglos, berichtete das Verteidigungsministerium. Dabei habe die Ukraine 23 Panzer und 27 Kampffahrzeuge verloren. Zudem sollen mehr als 230 Soldaten getötet worden sein. In Krankenhäusern fehlten Betten und Blutkonserven. Die Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die Ereignisse des Tages in der Übersicht
Das Wichtigste in Kürze
Das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben von IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi auch mit der letzten von vier externen Stromleitungen nicht mehr verbunden.
Die EU ist laut Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni für einen möglichen vollständigen russischen Gas-Lieferstopp gut gerüstet.
Das ukrainische Militär setzt nach russischen Angaben seine Gegenoffensive im Süden des Landes fort, allerdings mit hohen Verlusten.
Das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist am frühen Samstagmorgen erneut vom Netz genommen worden.
Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem halben Jahr sind nach Angaben aus Kiew mindestens 380 Kinder getötet worden.
Eine Übersicht zu den Ereignissen vom Freitag gibt es hier.
Selenskyj: Russland sucht Entscheidung im Energiekrieg gegen Europa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland einen Energiekrieg vorgeworfen und zu mehr Einheit in Europa aufgerufen. «Russland versucht in diesen Tagen, den Energiedruck auf Europa noch weiter zu erhöhen - das Pumpen von Gas durch die Nord Stream wurde komplett eingestellt», sagte Selenskyj am Samstagabend in seiner täglichen Videobotschaft. «Russland will das normale Leben jedes Europäers zerstören - in allen Ländern unseres Kontinents.»
Es gehe darum, die Staaten in Europa zu schwächen und einzuschüchtern. Russland verwende dazu neben Panzern und Raketen auch Energie als Waffe. In diesem Winter bereite Russland den «entscheidenden Schlag» im Energiesektor vor. Dagegen helfe nur ein noch größerer Zusammenhalt, sagte Selenskyj. Die Europäer müssten ihre Gegenmaßnahmen besser koordinieren und einander mehr Hilfe leisten. Zudem müsse der Druck auf Russland erhöht werden, um die Öl- und Gaseinnahmen des Landes zu begrenzen.
21.16 Uhr
Schweden stützt Energiefirmen mit Milliarden-Garantien
Nach der Unterbrechung der russischen Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 reagiert Schweden. Die Regierung kündigte Massnahmen zur Vermeidung einer Finanzkrise im Land an.
Schweden will mit Milliarden-Garantien für Energieunternehmen in nordischen und baltischen Ländern eine Finanzkrise verhindern. Die schwedische Regierungschefin Magdalena Andersson sprach am Samstag bei einer Pressekonferenz von der Gefahr eines «Kriegswinters». Die Finanzgarantien in Milliardenhöhe gäben den Energieunternehmen, die als Folge des Ukraine-Kriegs in Bedrängnis geraten, «die Atempause, die sie brauchen».
Die Finanzierungsgarantien müssen noch im Detail ausgearbeitet werden, sollen aber bereits am Montag vor Schliessung der Börsen in Kraft treten. Im Laufe der nächsten zwei Wochen sollen sie dann alle nordischen und baltischen Energieunternehmen abdecken. Die Abgeordneten des schwedischen Parlaments wurden aus ihrer Sommerpause zurückgerufen, um noch am Montag darüber abzustimmen.
20.25 Uhr
Tote und verletzte Kinder nach Explosionen in der Ukraine
Durch russische Angriffe und fahrlässigen Umgang mit Munition sind in der Ukraine mehrere Kinder getötet und verletzt worden. «In Selenodolsk haben die Russen einen neunjährigen Jungen getötet», teilte der Militärgouverneur der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Insgesamt seien durch die Raketenangriffe etwa zehn Personen verletzt worden, die meisten davon schwer. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich.
Raketenangriffe gab es auch in der Region Mykolajiw im Süden der Ukraine. Dort soll ein achtjähriges Kind durch die Einschläge getötet worden sein, zwei weitere Kinder und vier Erwachsene wurden verletzt.
Im Norden der Ukraine, im Gebiet Tschernihiw meldeten die Behörden zwar auch zahlreiche russische Artillerieeinschläge, bei denen mehrere Gebäude beschädigt wurden. Hier aber war allem Anschein nach Fahrlässigkeit der Ukrainer selbst an der Verletzung mehrerer Kinder schuld: Bei einer Waffenausstellung in der Gebietshauptstadt Tschernihiw löste sich ein Schuss aus einem Granatwerfer. Bei dem Vorfall wurden fünf Menschen, darunter vier Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren, verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat Untersuchungen eingeleitet.
19.52 Uhr
Scholz trifft ukrainischen Regierungschef Schmyhal in Berlin
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz empfängt am Sonntag den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal im Berliner Kanzleramt (14.00 Uhr). Vorher ist der Regierungschef des von Russland angegriffenen Landes bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue. Er ist der höchstrangige ukrainische Politiker, der seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem halben Jahr Deutschland besucht.
Eine gemeinsame Pressekonferenz von Scholz und Schmyhal wurde am Samstag überraschend abgesagt. Ein Regierungssprecher begründete das mit einer «Terminverschiebung» ohne das näher zu erläutern. Schmyhal hatte vor seiner Ankunft in Deutschland in einem dpa-Interview von der Bundesregierung die Lieferung von Kampfpanzern, weitere Finanzhilfe und neue Sanktionen gegen Russland gefordert.
19.43 Uhr
AKW Saporischschja: Laut IAEA-Chef nur noch Reserveleitung in Betrieb
Das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben von IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi auch mit der letzten von vier externen Stromleitungen nicht mehr verbunden. Das hätten ranghohe Mitarbeiter des ukrainischen Betreiberpersonals den Experten der Internationalen Atomenergiebehörde gesagt, erklärte Grossi am Samstag. Unter andauerndem Beschuss könne Strom aber noch über eine Reserveleitung fliessen.
Die am Donnerstag eingetroffenen Experten hätten erfahren, dass die Reserveleitung, die die Anlage mit einem nahe gelegenen Wärmekraftwerk verbindet, den von der Anlage erzeugten Strom ins externe Netz transportiere. Die Reserveleitung könne die Anlage, wenn nötig, auch mit Notstrom versorgen. Die IAEA verstehe bereits besser, welche Funktion die Reserveleitung für den Anschluss der Anlage ans Netz habe. Es handele sich für die Einschätzung der Lage um entscheidende Informationen.
Das Management der Anlage habe die IAEA darüber informiert, dass ein Reaktor am Samstagnachmittag wegen Netzbeschränkungen abgeschaltet worden sei. Ein weiterer Reaktor sei noch in Betrieb und erzeuge Strom sowohl für die Kühlung und andere Sicherheitsfunktionen der Anlage als auch für Haushalte und Betriebe über das Netz, hiess es in der Erklärung Grossis.
#Zaporizhzhya NPP again lost connection to its last remaining main external power line but plant continues to supply electricity to grid thru reserve line, IAEA was told at site today, less than 48h after @RafaelMGrossi established presence of IAEA at site https://t.co/poctRjHtpkpic.twitter.com/F6wgbtDqTr
— IAEA - International Atomic Energy Agency (@iaeaorg) September 3, 2022
18.35 Uhr
Zehntausende demonstrieren in Prag gegen tschechische Regierung
Rund 70’000 Menschen haben nach Polizeiangaben am Samstag auf dem Wenzelsplatz in Prag gegen die Politik der tschechischen Regierung demonstriert. Zu der Protestkundgebung unter dem Slogan «Die Tschechische Republik zuerst» hatten mehrere regierungskritische Organisationen, Bürgerinitiativen und teils ausserparlamentarische Oppositionsparteien aufgerufen, wie die Nachrichtenagentur CTK berichtete.
Die Teilnehmenden schwenkten tschechische Fahnen und führten Transparente mit sich, in denen sie die hohen Energiepreise anprangerten und den Rücktritt der Regierung forderten. Auch verlangten sie ein Ende der EU-Sanktionspolitik gegen Russland, weil diese der tschechischen Wirtschaft und Bevölkerung schade.
Der liberal-konservative Ministerpräsident Petr Fiala warf den Organisatoren der Demonstration eine «prorussische Orientierung» vor, die den Interessen Tschechiens schade. Die CTK zitierte ihn mit den Worten: «Es ist klar, dass sich die russische Propaganda und Desinformationskampagne immer wieder in unserem Land zeigt und ihr jemand verfällt.»
16.59 Uhr
First Lady der Ukraine: Während ihr Pfennige zählt, zählen wir Opfer
Die ukrainische First Lady Olena Selenska hat angesichts der Debatte über steigende Verbraucherpreise in Europa an die menschlichen Kosten des Krieges in ihrem Land erinnert. «Während ihr anfangt, die Pfennige auf eurem Konto oder in eurer Tasche zu zählen, tun wir das gleiche und zählen unsere Opfer», sagte die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem BBC-Interview, das am Sonntag in voller Länge ausgestrahlt werden sollte.
Die Geschichten der Menschen, die vor dem Krieg fliehen oder sogar ihr Leben verlieren, und ihre Gesichter müssten in aller Welt bekannt werden, sagte die 44-Jährige. «Nicht die Zahl der gefallenen Bomben oder die ausgegebenen Summen, sondern menschliche Geschichten – und davon gibt es Tausende.»
16.56 Uhr
Tschetschenen-Führer Kadyrow sieht Ende seiner Macht gekommen
Der Tschetschenen-Anführer Ramsan Kadyrow kündigte auf seinem Telegramkanal an, dass er eine «unbestimmte und lange» Pause von seinem Amt einlegen wolle. «Ich habe erkannt, dass ich schon sehr lange auf meinem Posten sitze», schrieb er. «Ich denke, meine Zeit ist gekommen, um die Macht abzugeben.»
Kadyrow inszeniert sich und sein Militär gerne als brutale Elitekämpfer. In Russland droht Putins «Bluthund» dem Westen immer wieder mit Krieg. Er warte nur noch auf den Befehl, westliche Länder «in Stücke zu sprengen», behauptete Kadyrow im Juli in einem Post auf Telegram.
❗️Don-Don Kadyrov said he is old and about to leave
"We have a proverb among Caucasians, Chechens. No matter how respected, long-awaited a guest is, if he leaves on time, then it is even more pleasant. I think that my time has also come. Until they kicked me out," said Kadyrov. pic.twitter.com/DT842FHKKA
Russland meldet ukrainischen Militäreinsatz nahe AKW Saporischschja
Rund um das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine bleibt die Lage weiter unübersichtlich. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau beschuldigte am Samstag die ukrainische Armee, trotz der Anwesenheit internationaler Atomexperten das AKW zurückerobern zu wollen.
An der Aktion seien 250 Soldaten und «ausländische Söldner» beteiligt gewesen. Die russische Armee will den Angriff abgewehrt und dabei mehrere Boote zerstört haben. Laut Verteidigungsministerium in Moskau sollen 47 «Militante» getötet worden. Diese Angaben liessen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
Das ukrainische Militär beschuldigte wiederum Russland, es habe in der Nacht zum Samstag Angriffe in Richtung Saporischschja vorgenommen. Einzelheiten wurden in dem Armeebericht aber nicht genannt. Der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge soll bei Beschuss eine Stromleitung beschädigt worden sein. Deshalb sei die Stromversorgung in das nicht von Russland besetzte Gebiet unterbrochen worden.
16.09 Uhr
Wirtschaftskommissar Gentiloni: EU für russischen Gas-Lieferstopp gut gerüstet
Die EU ist laut Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni für einen möglichen vollständigen russischen Gas-Lieferstopp gut gerüstet. «Wir sind gut darauf vorbereitet, Russlands extremer Nutzung von Gas als Waffe standzuhalten», sagte der EU-Kommissar am Samstag am Rande eines Wirtschaftsforums in der italienischen Stadt Cernobbio am Comer See. Er verwies auf die verstärkte Speicherung von Erdgas in der Europäischen Union sowie Massnahmen zum Einsparen von Energie.
«Wir haben keine Angst vor den Entscheidungen Putins», sagte Gentiloni mit Blick auf den russischen Staatschef Wladimir Putin. Die EU verlange «von den Russen, die Verträge einzuhalten, aber wenn sie das nicht tun, sind wir bereit zu reagieren».
14.55 Uhr
Medwedew: USA wollen Zerfall Russlands herbeiführen
Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew hat die USA und ihre Verbündeten beschuldigt, einen Zerfall des Landes provozieren zu wollen. Medwedew, der stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrats ist, teilte in den sozialen Medien mit, solche Versuche kämen einem «Schachspiel mit dem Tod» gleich und könnten zum Untergang führen.
Nach seiner Teilnahme an der Trauerfeier für den ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow veröffentlichte Medwedew einen Beitrag in einer Messenger-App, in dem er auf den Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 einging und Vorwürfe gegen den Westen erhob. Einige dort wollten den militärischen Konflikt in der Ukraine ausnutzen, um Russland in eine neue Phase des Zerfalls zu stürzen, schrieb er. Sie wollten die staatlichen Institutionen Russlands lähmen, wie sie es 1991 getan hätten.
14.44 Uhr
Ukraine will Atomstrom nach Deutschland liefern
Die Ukraine will Deutschland mit der Lieferung von Atomstrom auf dem Weg aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen unterstützen.
«Derzeit exportiert die Ukraine ihren Strom nach Moldau, Rumänien, in die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit, unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern», sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben eine ausreichende Menge an Strom in der Ukraine dank unserer Kernkraftwerke. Bei meinem Besuch in Berlin und dann auch in Brüssel werde ich das ansprechen.»
Schmyhal wird am Samstag in Berlin erwartet und am Sonntag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt empfangen. Parallel zum russischen Einmarsch Ende Februar hatte die Ukraine sich zusammen mit dem Nachbarland Moldau vom ehemals sowjetischen Stromnetz abgekoppelt. Mitte März erfolgte die Synchronisierung mit dem europäischen Netzwerk.
13.58 Uhr
Moskau spricht von hohen ukrainischen Verlusten
Das ukrainische Militär setzt nach russischen Angaben seine Gegenoffensive im Süden des Landes fort, allerdings mit hohen Verlusten. Das «Regime» aus Kiew führe seine erfolglosen Versuche fort, sich im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih festzusetzen, berichtete das Verteidigungsministerium am Samstag in Moskau.
Dabei habe die Ukraine 23 Panzer und 27 Kampffahrzeuge verloren. Zudem sollen mehr als 230 Soldaten getötet worden sein. In Krankenhäusern fehlten Betten und Blutkonserven. Die Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Ukraine selbst gibt keine genaueren Auskünfte zu der am Montag gestarteten Offensive.
13.44 Uhr
Ukrainisches AKW Saporischschja erneut vom Netz genommen
Das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist am frühen Samstagmorgen erneut vom Netz genommen worden. Die von Russland eingesetzte Verwaltung teilte mit, durch anhaltenden Beschuss sei eine wichtige Stromleitung zerstört worden. Auf dem Gelände seien mehrere Geschosse eingeschlagen. Derzeit hält sich ein Team der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im Kraftwerk auf, um die Sicherheit der Anlage zu prüfen.
«Die Dneprowskaja-Stromleitung ist getroffen worden. Das Kernkraftwerk hat auf Eigenversorgung umgeschaltet», schrieb Wladimir Rogow, ein Mitglied der vom Kreml eingesetzten Regionalverwaltung, auf Telegramm. Eine Granate sei im Bereich zwischen zwei Reaktoren eingeschlagen. Seine Angaben konnten nicht umgehend überprüft werden.
Am späten Freitagabend meldeten die Behörden, die Anlage sei etwa zwei Stunden lang beschossen worden, und machten die ukrainischen Streitkräfte dafür verantwortlich. Bis Samstagmorgen äusserten sich weder die ukrainische Regierung noch der ukrainische Betreiber Energoatom zu diesen Angaben. Seit der vergangenen Woche wurde das Atomkraftwerk wiederholt vollständig vom ukrainischen Stromnetz getrennt. Der Betreiber verwies auf Angriffe und Brände in der Umgebung.
Als einer von wenigen ausländischen Politikern ist Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban am Samstag zur Trauerfeier für den früheren sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow nach Moskau gekommen.
Dies berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. Orban pflegt trotz der westlichen Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein gutes Verhältnis zu Präsident Wladimir Putin. Sein Sprecher sagte der staatlichen Nachrichtenagentur MTI, der Regierungschef wolle Gorbatschow «an der Bahre seine letzte Ehre erweisen».
Putin nimmt an der Zeremonie nicht teil. Die von Gorbatschow eingeleitete Auflösung der Sowjetunion bezeichnet er als grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts.
Die Trauerfeier für Gorbatschow, der am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben war, begann am Vormittag. Wegen des Kriegs sind viele westliche Staaten nur mit ihren Botschaftern vertreten.
Vor dem Haus der Gewerkschaften, wo der Sarg aufgebahrt wurde, standen Hunderte Menschen. Sie wurden in Gruppen in das Gebäude in Sichtweite des Kreml gelassen. Ob Orban in Moskau auch Putin treffen wird, war zunächst nicht bekannt. Der Staatschef hatte seine Teilnahme an dem Begräbnis wegen anderer Termine abgesagt.
10.05 Uhr
Kiew: Mindestens 380 Kinder im Krieg in Ukraine getötet
Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem halben Jahr sind nach Angaben aus Kiew mindestens 380 Kinder getötet worden. Das teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zudem seien mindestens 737 Kinder in den vergangenen sechs Monaten verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass es sich um vorläufige Zahlen handle. Es sei schwierig, Daten in von Russland besetzten oder umkämpften Gebieten zu erfassen.
Im Gebiet Donezk im Osten habe es mit 388 Opfern die meisten verletzten und getöteten Kinder gegeben, gefolgt vom Gebiet Charkiw (204). Ferner seien insgesamt 2328 Bildungseinrichtungen durch Bomben oder Beschuss beschädigt worden. 289 davon seien völlig zerstört worden. Die Behörde machte Russland dafür verantwortlich.
6.30 Uhr
Atomenergiebehörde besorgt nach AKW-Beschuss
Seine grösste Sorge bleibe, dass das AKW durch weiteren Beschuss schwer beschädigt werden könnte, sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Rafael Grossi in Wien. Zwar seien Schäden offenkundig und inakzeptabel, aber wichtige Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Kraftwerks funktionierten.
Auch die Zusammenarbeit zwischen den russischen Besatzern und dem ukrainischen Personal klappe auf professioneller Ebene einigermassen, sagte Grossi am Freitagabend nach seiner Rückkehr aus der Ukraine am Flughafen Wien. Er erwarte eine genaue Analyse der Sicherheit des Kraftwerks durch seine vor Ort verbliebenen Experten im Laufe der nächsten Woche. Noch seien sechs IAEA-Experten beim Atomkraftwerk. Vier würden zurückkehren, zwei bis auf Weiteres vor Ort bleiben.
Er habe nicht den Eindruck, dass die russischen Besatzer etwas verborgen haben. «Wir haben alles gesehen, was ich sehen wollte», sagte Grossi. Ein entscheidender Unterschied zu vorher sei auch, dass er nun aus eigenen Quellen erfahre, was vor Ort passiere.
Der IAEA-Chef betonte erneut, dass er die Mission seiner Behörde als permanent ansehe. «Die IAEA ist da, um so lange wie nötig zu bleiben.» Dazu gebe es aktuell die Zustimmung der Ukraine und Russlands. Dass sich die Dinge ändern könnten, sei ihm klar. Am meisten sorge ihn derzeit, dass das Kriegsgeschehen rund um das Kraftwerk an Intensität zunehme, sagte Grossi.
Trotz Nord-Stream-Lieferstopp füllt Deutschland seine Gasvorräte
Der vergangene Mittwoch als erster Tag der Lieferunterbrechung habe dies bereits gezeigt, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Initiative Energien Speichern (INES), Sebastian Bleschke, der Deutschen Presse-Agentur.
Unterm Strich seien an diesem Tag bundesweit 611 Gigawattstunden Gas hinzugekommen, sagte Bleschke. Zum Vergleich: Am Montag, dem letzten Tag vor der angekündigen Lieferreduktion, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas.
«Ich gehe davon aus, dass Einspeicherungen auf diesem Niveau aufrechterhalten werden können, so dass das 85-Prozent-Ziel in wenigen Tagen erreicht werden wird», sagte Bleschke weiter.
«Sollte der komplette Ausfall russischer Gastransporte sich bis in den November fortsetzen, wird ein Erreichen des 95-Prozent-Ziels allerdings grosse Anstrengungen erfordern.» Laut einer neuen Verordnung sollen die Speicher in Deutschland am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein.
00.05 Uhr
EU-Kommission: «Russland liefert kein Gas über Nord Stream 1 wegen falscher Vorwände»
Die Europäische Kommission hat dem russischen Staatskonzern Gazprom vorgeworfen, den Gasfluss über die Ostseepipeline Nord Stream 1 wegen falscher Vorwände aufzuhalten.
«Die Ankündigung von Gazprom, ab sofort Nord Stream 1 erneut unter falschen Vorwänden stillzulegen, ist ein weiterer Beleg seiner Unzuverlässigkeit als Lieferant», schrieb ein Sprecher der EU-Kommission am Freitagabend auf Twitter.
Es sei auch ein Beweis für den Zynismus Russlands, da es vorziehe, Gas zu verbrennen statt Verträge zu erfüllen. Gazprom hatte zuvor angekündigt, den Gasfluss über Nord Stream 1 nicht wie angekündigt nach einer Wartung wieder aufzunehmen.
Gazprom’s announcement this afternoon that it is once again shutting down NorthStream1 under fallacious pretenses is another confirmation of its unreliability as a supplier.
It’s also proof of Russia’s cynicism, as it prefers to flare gas instead of honoring contracts.
Grund sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja. Bis zur Beseitigung bleibe der Gasdurchfluss gestoppt. Es war damit gerechnet worden, dass nach Abschluss der angekündigten dreitägigen Wartungsarbeiten ab Samstagmorgen wieder Gas durch die Leitung fliesst.