USAOberster Gerichtshof könnte Recht auf Abtreibung einschränken
dpa
1.12.2021 - 06:48
Die Entscheidung Roe v. Wade polarisiert in den USA – sie regelt das Recht auf Abtreibung. Konservativen ist das Urteil seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Nun könnte es tatsächlich kippen.
DPA
01.12.2021, 06:48
01.12.2021, 09:02
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Das Oberste Gericht der USA will sich an diesem Mittwoch mit einem Versuch befassen, das aktuelle Recht auf Abtreibung massiv einzuschränken.
Die Richterinnen und Richter des Supreme Court wollen ab 16:00 Uhr MEZ Argumente in einem Fall aus dem Bundesstaat Mississippi hören. Die Bedeutung des Falls geht aber weit über den Staat im Süden des Landes hinaus: Die Entscheidung des Gerichts könnte zur Folge haben, dass konservative Bundesstaaten Abtreibungen strikt einschränken oder verbieten.
Die Gefahr, dass das Recht auf Abtreibung beschnitten werden könnte, scheint so gross wie selten zuvor – unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ist der Supreme Court deutlich nach rechts gerückt.
Nach einem Grundsatzurteil von 1973 sind Abtreibungen in den USA bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Die Entscheidung, die als Roe v. Wade bekannt ist, gilt als Meilenstein. Im Fall Planned Parenthood v. Casey entschied das Gericht 1992, dass Staaten die Möglichkeit von Frauen, eine Abtreibung in Anspruch zu nehmen, nicht unangemessen erschweren dürfen. Es dürfe keine unzumutbare Belastung geben. Befürworterinnen und Befürworter des Rechts auf Abtreibung fürchten, dass der Supreme Court diese Entscheidungen kippen könnte.
Hintergrund ist ein Gesetz aus Mississippi, das fast alle Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche verbietet. Niedrigere Instanzen hatten zuvor entschieden, dass das Gesetz nicht mit dem Grundsatzurteil Roe v. Wade vereinbar sei. Der konservativ regierte Bundesstaat hatte daraufhin das Oberste Gericht der USA angerufen, den Fall zu überprüfen.
Für Beobachter ist es dabei schon überraschend, dass der Supreme Court sich überhaupt des Falls annimmt. In Mississippi ist aktuell nur eine einzige Abtreibungsklinik geöffnet – das Pink House in der Hauptstadt Jackson. Vor der Klinik kommt es regelmässig zu massiven Protesten – Frauen werden belästigt und von Freiwilligen beschützt.
Entscheidung 2022 erwartet
Eine Entscheidung des Supreme Court in dem Fall wird erst im kommenden Jahr erwartet. Diese könnte aber schwerwiegende Konsequenzen für Schwangere haben. Die Richterinnen und Richter könnten entscheiden, dass ein Fötus schon vor der 24. Woche lebensfähig ist. Oder sie könnten Lebensfähigkeit anders definieren. Sie könnten auch die Frage, was eine unzumutbare Belastung ist, grosszügig auslegen. Im schlimmsten Fall könnte das Gericht auch die Entscheidungen der Vergangenheit komplett kippen und es somit allein den Bundesstaaten überlassen, wie sie ihr Abtreibungsrecht regeln. Einige Staaten haben bereits Gesetze vorbereitet, die sofort in Kraft treten könnten. Es sind vor allem die erzkonservativen Staaten im Süden und mittleren Westen, die Abtreibung ganz oder fast komplett verbieten wollen.
Das oberste Gericht stellt mit seinen Entscheidungen zu besonders strittigen Themen wie Abtreibung, Einwanderung oder gleichgeschlechtliche Ehen immer wieder wichtige Weichen für die US-Gesellschaft. Während Trumps Amtszeit wurde mit den Nachbesetzungen auf der Richterbank die konservative Mehrheit an dem Gericht auf sechs der neun Sitze ausgebaut. Besonders im Fokus stand nach dem Tod der liberalen Justiz-Ikone Ruth Bader Ginsburg der Neuzugang Amy Coney Barrett. Barrett tritt seit Jahrzehnten als überzeugte Katholikin in Erscheinung.
Herzschlag-Gesetz in Texas
Erst vor wenigen Wochen hatte sich das Gericht mit einem Fall zum Abtreibungsrecht in Texas befasst. Das sogenannte Herzschlag-Gesetz aus Texas verbietet Abtreibungen, sobald der Herzschlag des Fötus festgestellt worden ist. Das kann schon in der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall sein. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Bei der Anhörung vor dem Supreme Court Anfang November ging es aber nur indirekt um die Frage des Rechts auf Abtreibung – vielmehr standen technische Fragen – etwa wie die Regelung entworfen ist – im Vordergrund.
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