US-Wahlen 2020 US-Wahlkampfteams rechnen auch 2020 mit Cyberattacken

AP

4.5.2019

Wahlkabinen in Minneapolis: Lange Zeit hatte IT-Sicherheit für amerikanische Politiker im Wahlkampf keine besonders hohe Priorität.
Wahlkabinen in Minneapolis: Lange Zeit hatte IT-Sicherheit für amerikanische Politiker im Wahlkampf keine besonders hohe Priorität.
Steve Karnowski/AP/dpa (Archivbild)

Zusätzliche Werbespots schalten oder die Netzwerke besser schützen? Ob Republikaner oder Demokraten – auf beiden Seiten investieren Kandidaten inzwischen in die Sicherheit der eigenen Daten.

Die Wahlkampfhelfer waren so beschäftigt, dass es die russischen Angreifer einfach hatten. Alles begann mit einer betrügerischen E-Mail und einer überstürzten Passwort-Eingabe. Die anschliessende Veröffentlichung von internen Dokumenten beeinflusste die US-Politik nachhaltig – und überschattet bis heute die Präsidentschaft von Donald Trump. Ob die Parteien aus den Fehlern von 2016 gelernt haben, wird sich im kommenden Jahr zeigen. Cyberattacken werden als ernsthafte Bedrohung erkannt. Doch der Schutz gegen sie ist aufwendig und teuer.

«Wenn du das Pentagon bist oder die NSA, dann hast du es zwar mit den besten Gegnern der Welt zu tun. Aber du hast auch einige der besten Leute zur eigenen Verteidigung», sagt Robby Mook, der 2016 für die Demokratin Hillary Clinton im Einsatz war. «Wahlkampfteams stehen ganz ähnlichen Gegnern gegenüber. Und sie haben keine vergleichbaren Ressourcen und praktisch überhaupt keine Spezialkenntnisse.»

Lange Zeit hatte IT-Sicherheit für amerikanische Politiker im Wahlkampf keine besonders hohe Priorität. Gerade in der Anfangsphase einer Kandidatur waren sie in der Regel voll und ganz damit ausgelastet, Spenden einzuwerben, gute Mitarbeiter zu finden, landesweite Strukturen aufzubauen und von einem Staat zum anderen zu reisen. Wenn die Vorwahlen in die heisse Phase gehen, müssen Wahlkampfmanager oft genau überlegen, wie sie mit den vorhandenen Mitteln die entscheidenden Zielgruppen erreichen. Ein griffiger TV-Spot erscheint da womöglich wichtiger als ein weiteres Upgrade für den Schutz der Computer in den provisorischen Wahlkampfbüros.

«Du solltest nicht vor der Entscheidung stehen, entweder den Wählern deine Botschaft vermitteln zu können oder die Chinesen vom Lesen deiner E-Mails abzuhalten», sagt Mook, der inzwischen an der Harvard Kennedy School für das Defending Digital Democracy Project arbeitet. Experten des US-Heimatschutzministeriums bieten zwar Unterstützung an. Für die Demokraten ist es allerdings eine nicht gerade optimale Option, Hilfe von der Regierung anzunehmen, die sie ablösen wollen.

Präsidentschaftsanwärter der US-Demokraten

Einige der demokratischen Bewerber scheinen sich dennoch auf die Zusammenarbeit einzulassen. Nach Angaben des Ministeriums hat es diesbezüglich bereits etwa ein Dutzend Gespräche gegeben. Zunächst gehe es darum, Vertrauen aufzubauen, damit Informationen über potenzielle Bedrohungen ausgetauscht werden könnten, sagt Matt Masterson, ein hochrangiger Cybersicherheitsberater des Ministeriums. Die Herausforderung liege darin, dass bei den Wahlkampfteams vieles improvisiert sei. «Die Leute kommen und gehen, und dabei müssen Zugänge verwaltet werden.»

IT-Sicherheit feste Ausgabe

John Delaney, der als erster Demokrat verkündete, sich um die Präsidentschaftskandidatur der Partei bewerben zu wollen, betrachtet Investitionen in die IT-Sicherheit nach eigenen Angaben als feste Ausgabe. «Es geht nicht darum, dass Supercomputer deine Firewall durchbrechen», sagt er. Das Problem sei tatsächlich vor allem, dass Leute auf «irreführende E-Mails» reagieren und damit Informationen preisgeben würden.

Auch von den nationalen Organisationen ihrer Parteien werden die Kandidaten beraten. Für den nationalen Dachverband der Republikaner habe Datensicherheit «oberste Priorität», sagt dessen Sprecherin Blair Ellis. Das Pendant der Demokraten engagierte im vergangenen Jahr Bob Lord, der früher beim Internet-Unternehmen Yahoo für die digitale Sicherheit zuständig war.

Für die Demokraten hat Lord nun unter anderem eine Checkliste erstellt, die an grundlegende Standards erinnern soll: Passwort-Sicherheit, Website-Verschlüsselung und Datenschutz in sozialen Medien. Auch er legt den Fokus nicht so sehr auf technische Spielereien. «Neue und interessante Dinge sind schön und gut. Entscheidend ist aber, dass man sich mit grösster Sorgfalt an das Grundlegende hält», sagt er. «Das ist nicht glamourös – genauso wenig wie der Ratschlag, sich fit zu halten.»

Die Cyberattacken im Vorfeld der Wahlen von 2016 dienen dabei als mahnendes Beispiel. Russische Agenten verschickten hundertfach ganz gezielte Phishing-Mails an Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer des Clinton-Teams. Nachdem eine der ins Visier genommenen Personen einen Link angeklickt und ein Passwort eingegeben hatte, erhielten die Angreifer zunächst Zugang zum Netzwerk des Kongress-Kampagnenkomitees der Demokraten und darüber schliesslich auch zu dem des nationalen Dachverbands der Partei.

Clintons Wahlkampfleiter John Podesta tappte ebenfalls in die Falle: Die Russen verschafften sich Zugriff auf seinen persönlichen E-Mail-Account und konnten Tausende Nachrichten mit Bezug zur internen Planung der Kampagne stehlen.

«Ich will niemandem Angst einjagen»

Mook betont, dass es auch 2016 durchaus Vorsichtsmassnahmen gegeben habe. Dass die Hacker dennoch relativ leicht ans Ziel kamen, zeigt die besondere Gefährdung von Wahlkampfteams. Clinton wird deswegen nicht müde, ihre Parteikollegen zu warnen. «Ich will niemandem Angst einjagen», sagte sie in einem Interview des Nachrichtensenders MSNBC.
«Aber ich möchte, dass sich alle Kandidaten darüber im Klaren sind, dass dies noch immer eine Bedrohung ist.»

Mehrere Bewerber der Demokraten wollten sich gegenüber der Nachrichtenagentur AP nicht zum Thema äussern oder liessen entsprechende Anfragen unbeantwortet. Das Team von Kamala Harris betonte, dass Vorkehrungen wie verschlüsselte Kommunikation und doppelte Authentifizierung im Rahmen der Teilnahme an den Vorwahlen Standard seien. «Alle Mitarbeiter werden dahingehend trainiert, Gefahren zu erkennen und nicht so leicht ins Visier zu geraten», sagte Ian Sams, Sprecher der kalifornischen Senatorin.


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