BrexitVernichtendes Urteil über Premierministerin May
dpa/sob
9.1.2019 - 00:06
Wenige Tage vor der angekündigten Abstimmung über den Brexit muss die britische Premierministerin Theresa May im Parlament einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Sie ist jetzt schon die grosse Brexit-Verliererin.
Die völlig zerstrittenen britischen Parlamentarier stecken mitten in der Brexit-Debatte. Die Abgeordneten setzten am Dienstag durch, dass die Regierung ausdrücklich die Zustimmung des britischen Parlaments für einen Austritt aus der EU ohne Vereinbarung («No-Deal Brexit») benötigt, bevor sie auf bestimmte Befugnisse bei der Steuer-Gesetzgebung zurückgreifen kann. 303 Parlamentarier stimmten für diesen Weg. 296 Abgeordnete votierten dagegen – ein weiterer Denkzettel für die Premierministerin.
Vernichtende Umfrage
Nach Ansicht von knapp drei Viertel aller britischen Abgeordneten hat Premierministerin Theresa May einen schlechten Job bei den Brexit-Verhandlungen gemacht. Die Meinungsverschiedenheiten im Unterhaus hätten sich binnen eines Jahres erheblich vergrössert, ergab eine Befragung der Parlamentarier durch die Londoner Universität Queen Mary gemeinsam mit einer Denkfabrik. Angesichts solcher Verhältnisse sei es kaum möglich, dass May das von ihr mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen durch das Parlament bringe. Am 15. Januar solle über das Abkommen abgestimmt werden.
«No-Deal Brexit» wäre fatal
Grossbritannien will sich am 29. März von der Europäischen Union trennen. Ein «No Deal» – also ein ungeregelter Austritt ohne Abkommen – könnte fatale Folgen für fast alle Lebensbereiche haben. Vor allem die Wirtschaft befürchtet Einbußen. Bei einem geregelten Austritt hingegen würde eine Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 gelten, in der sich praktisch nichts ändert.
In Mays Konservativer Partei stösst das Abkommen auf viel Ablehnung. Im Dezember überstand die Premierministerin ein Misstrauensvotum ihrer Fraktion. Die nordirische DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, verweigert die Gefolgschaft. Der Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, setzt auf eine Neuwahl.
Veto-Recht als Blockade
Die Abgeordneten des Unterhauses sicherten sich bei der Verabschiedung des EU-Austrittsgesetzes im vergangenen Jahr eine Art Veto-Recht für das Abkommen. Demnach kann die Regierung den Vertrag nur mit vorheriger Billigung des Parlaments unterzeichnen. Die Abgeordneten können die Zustimmung auch mit Bedingungen versehen.
Ursprünglich war die Abstimmung schon für den 11. Dezember geplant. Wegen der sich abzeichnenden Niederlage verschob May das Votum aber auf den 15. Januar. Angesichts der verfahrenen Situation im Parlament wird zunehmend über eine Verschiebung des Brexits spekuliert.
Brüssel bleibt hart
Der britische «Telegraph» berichtete, Regierungsvertreter aus London hätten in Brüssel vorgefühlt, ob eine Verlängerung der Verhandlungsfrist nach EU-Artikel 50 infrage käme. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird eine solche Verlängerung oder Verschiebung auf EU-Seite nicht ausgeschlossen.
Die Briten votierten im Juni 2016 mit 51,9 Prozent für den Brexit. Rufen nach einem zweiten Referendum erteilte May eine Absage.
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