EuropaVon der Leyen zu Besuch in Kiew – Gespräche über EU-Erweiterung
SDA
4.11.2023 - 09:55
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Samstag zu ihrem sechsten Besuch in der Ukraine seit dem russischen Angriff vor gut 20 Monaten eingetroffen. Dort will sie mit Präsident Wolodymyr Selenskyj Gespräche über die Fortschritte des Landes auf dem Weg in die Europäische Union führen. Der Besuch war aus Sicherheitsgründen vorher nicht angekündigt worden. Der ukrainische Präsident empfing von der Leyen am Bahnhof. Gemeinsam zeichneten sie anschliessend Mitarbeiter der Bahn mit Medaillen aus.
Keystone-SDA
04.11.2023, 09:55
SDA
Am kommenden Mittwoch legt von der Leyen in Brüssel Berichte zu den Reformfortschritten der Ukraine vor. Auf deren Grundlage wollen dann im Dezember die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union entscheiden, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Regierung in Kiew gestartet werden sollen. Die Vorstellung der Berichte sind Anlass der Reise.
Von der Leyen will «Ermutigung und Zuspruch» bringen
Auf dem Weg nach Kiew sagte die EU-Kommissionspräsidentin vor Journalisten, sie wolle der von Russland angegriffenen Ukraine versichern, «dass wir fest an ihrer Seite stehen» und ihr «Ermutigung und Zuspruch» bringen. Es werde neben dem angestrebten EU-Beitritt des Landes unter anderem um finanzielle und militärische Unterstützung sowie Sanktionen gegen Russland gehen. Die Kommissionspräsidentin und frühere Bundesverteidigungsministerin wies aber auch auf die Gefahren der Reise hin. «Immer wenn ich die Ukraine fahre, ist da ein gewisses Gefühl der Anspannung natürlich, weil es Kriegsgebiet ist.» Von der Leyen fuhr wie immer mit einem Sonderzug von Polen nach Kiew. Flüge über das Gebiet der Ukraine sind weiterhin nicht möglich.
Seit vergangenem Sommer EU-Beitrittskandidat
Das Land ist seit vergangenem Sommer bereits offiziell EU-Beitrittskandidat. Den Beginn der Verhandlungen müssen die 27 EU-Staaten allerdings noch einstimmig beschliessen. Ein positives Votum soll es dann geben, wenn die Ukraine sieben Voraussetzungen erfüllt hat. Bei diesen geht es etwa um das Auswahlverfahren ukrainischer Verfassungsrichter und eine stärkere Korruptionsbekämpfung – insbesondere auf hoher Ebene. Die EU fordert zudem, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermässigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.
Wohl noch nicht alle Voraussetzungen für Verhandlungen erfüllt
Aus Kommissionskreisen hiess es zuletzt, dass die Ukraine sehr grosse Fortschritte gemacht habe, es aber vermutlich noch nicht möglich sein werde, alle sieben Voraussetzungen uneingeschränkt als erfüllt zu beurteilen. Voraussichtlich werde den EU-Staaten deswegen empfohlen, den Start der Beitrittsverhandlungen zu beschliessen, den ersten Verhandlungstermin aber erst nach Erfüllung aller Reformauflagen festzulegen.
Damit würde die EU-Kommission auch all denjenigen EU-Staaten entgegenkommen, die der Ansicht sind, dass Fortschritte im EU-Beitrittsprozess komplett leistungsbezogen sein sollten. Sie argumentieren, dass es vor allem in den Beitrittskandidatenländern auf dem Westbalkan zu grosser Frustration kommen könnte, wenn nun aus politischen Gründen von dem auf dem Reformfortschritten basierenden Ansatz abgewichen wird. Ihnen gegenüber stehen vor allem mittel- und osteuropäische Staaten, die den Start der Verhandlungen als notwendige geopolitische Investition sehen und argumentieren, dass die Hoffnung auf einen EU-Beitritt auch ein Motivationsfaktor im Kampf gegen die russischen Angreifer sei.
Reformen sollen Erweiterung ermöglichen
Grundsätzlich sind viele in der EU der Ansicht, dass eine Aufnahme von grossen Ländern wie der Ukraine nur dann zu einem Erfolg werden kann, wenn es zuvor interne Reformen gab. Die Entscheidungsprozesse im Bereich der Aussenpolitik sind beispielsweise schon heute teilweise sehr schwerfällig, weil in der Regel das Einstimmigkeitsprinzip gilt.
Zudem würde die riesige Landwirtschaft der Ukraine vermutlich eine umfangreiche Reform der EU-Agrarförderungen notwendig machen. EU-Experten rechneten zuletzt aus, dass ohne Änderungen in einem Haushaltszeitraum von sieben Jahren EU-Mittel in Höhe von insgesamt 186 Milliarden Euro in die Ukraine fliessen würden.
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