Militärischer Deal bereitet SorgenDer neue Pakt zwischen Kim und Putin könnte gefährlich werden
tafi / Agenturen
20.6.2024 - 00:00
Putin und Kim besiegeln in Nordkorea «strategische Festung» gegen Westen
Bei seinem ersten Besuch in Nordkorea seit 24 Jahren hat der russische Präsident Wladimir Putin mit Machthaber Kim Jong Un einen Ausbau der Beziehungen zwischen den beiden Staaten vereinbart.
19.06.2024
Kremlchef Wladimir Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un üben den Schulterschluss gegen den Westen. Unter anderem verpflichten sie sich zu Beistand im Falle einer Aggression. Doch was bedeutet das genau?
DPA, tafi / Agenturen
20.06.2024, 00:00
20.06.2024, 08:08
dpa
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Russland und Nordkorea wollen enger zusammenarbeiten: Die Machthaber beider Länder, Wladimir Putin und Kim Jong-un, haben eine weitreichende Partnerschaft vereinbart.
Was genau in dem Pakt steht, bleibt vorerst geheim. Sicher ist nur, dass sich die international weitgehend isolierten Länder im Falle einer «Aggression» durch den Westen zu gegenseitigem Beistand verpflichtet haben.
Beobachter betrachten die Zusammenarbeit mit Sorge: Ein Transfer von russischer Militärtechnologie nach Nordkorea könnte Kims Atomraketenprogramm neuen Schub verleihen.
Die von Kremlchef Wladimir Putin und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un vereinbarte strategische Partnerschaft ist nach Bekunden beider Seiten eine bahnbrechende Vereinbarung. Der genaue Text des Abkommens wurde jedoch nicht veröffentlicht und es bleibt offen, welche kurz- und langfristigen Folgen es haben wird.
Putin sagte nach der Unterzeichnung, dass die allumfassende strategische Partnerschaft auch «gegenseitigen Beistand im Falle einer Aggression gegen eine der beiden Vertragsparteien» beinhalte.
Doch was bedeutet das genau? Hier sind wichtigsten Fragen und Antworten zum Putin-Kim-Pakt.
Warum spannen Putin und Kim zusammen?
Klar ist, dass die strategische Partnerschaft das international isolierte Nordkorea und das wegen des Ukraine-Kriegs vom Westen geächtete Russland zusammenrücken lässt. Die internationale Gemeinschaft dürfte der Schulterschluss vor neue Herausforderungen stellen.
Russland und Nordkorea würden sich westlicher «Erpressung» nicht beugen, betonte Putin: «Heute kämpfen wir gemeinsam gegen neokoloniale Praktiken der USA und ihrer Satelliten.»
Aus Sicht des Experten Wladimir Tichonow von der Universität Oslo ermöglicht es Putins Unterstützung für Kim, «seine Abhängigkeit von seinem anderen wichtigen Verbündeten Peking auszugleichen». Im Gegenzug erhalte Putin «sicheren Zugang zu Artilleriegranaten sowjetischen Typs, die er jetzt in enormen Mengen» benötige.
Was verstehen Putin und Kim unter einer «Aggression»?
Nordkorea bezeichnete in der Vergangenheit auch schon gemeinsame Militärmanöver der USA und Südkoreas in der Region als Aggression, denn für Pjöngjang stellen diese Vorbereitungen für eine Invasion dar. Allein schon Kritik der USA an der Menschenrechtslage in Nordkorea hatte Pjöngjang als «Mittel der Aggression» verurteilt, gegen das man sich entschlossen zur Wehr setzen werde.
Russland wiederum hat seinen Angriffskrieg in der Ukraine unter anderem damit begründet, dass es die Nato sei, von der eine Aggression ausgehe. Auch bei den Protesten, die zum Sturz des russlandfreundlichen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Jahr 2014 führten, sprach Putin von einer Aggression.
Welche konkreten Reaktionen sind bei einer «Aggression» von Russland und Nordkorea zu erwarten?
Weder Putin noch Kim führten im Detail aus, ob das Abkommen eine ähnlich definierte Beistandspflicht enthält, wie sie etwa der Nato-Vertrag für einen sogenannten Bündnisfall vorsieht, bei dem die anderen Nato-Staaten einem angegriffenen Bündnispartner zur Seite stehen müssen. Ebenfalls unklar blieb, wie der «gegenseitige Beistand» aussehen könnte – vielleicht Soldaten, Rüstungsgüter oder auch humanitäre Hilfe.
Was ändert der Putin-Kim-Pakt an der bisherigen Zusammenarbeit?
Wahrscheinlich nichts. Das am Mittwoch unterzeichnete Abkommen formalisiert die militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Atommächten lediglich. Die Kooperation zwischen Putin und Kim ist nach Ansicht westlicher Beobachter schon längst im Gange.
So erhielt Moskau nach Einschätzung von Nato-Staaten wie den USA Munition und Raketen aus Nordkorea, um sein Kriegsarsenal aufzufüllen, und lieferte im Gegenzug Technologie nach Pjöngjang. Putin deutete am Mittwoch an, dass der Westen mit der Lieferung von Waffensystem an die Ukraine das Gleiche tue. «Die Russische Föderation schliesst die Entwicklung der militärisch-technischen Zusammenarbeit mit der Demokratischen Volksrepublik Korea im Einklang mit dem heute unterzeichneten Dokument nicht aus», sagte der Präsident.
Wie gefährlich ist die militärisch-technische Zusammenarbeit für die globale Sicherheit?
Weniger Sorgen machen muss man sich jedenfalls nicht. Kim ist schon seit Längerem an moderner Militärtechnologie interessiert, etwa für Atom-U-Boote, Hyperschallwaffen und Interkontinentalraketen, schreibt der «Spiegel». Nahrungsmittel und Treibstoff als Bezahlung für Waffenlieferungen dürften Kim nicht genügen.
Sollte Nordkorea durch den Transfer von militärischem Know-how und der dazugehörigen Technologie sein Raketenprogramm entscheidend weiterentwickeln können, könnte das für noch mehr Instabilität in der Region, aber nicht nur dort, sorgen. Kim könnte in die Lage versetzt werden, die USA mit Nuklearsprengköpfen zu bedrohen, und damit von einem Eingreifen in einem allfälligen Konflikt zwischen Nord- und Südkorea abhalten.
Welche wirtschaftliche Bedeutung hat das Abkommen?
Der Pakt dürft sich wirtschaftlich vor allem für Nordkorea lohnen, das durch internationale Sanktionen isoliert und dringend auf Waren aus dem Ausland angewiesen ist. Im Gegenzug könnten nordkoreanische Arbeiter in Russland zum Einsatz kommen, ihre Gehälter in Dollar oder Euro wechseln und harte Devisen nach Hause schicken.
Wer lässt wem den Vortritt? Wladimir Putin und Kim Jong-Un sind sich uneinig
Kreml-Chef Wladimir Putin und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un haben in Pjongjang eine «umfassende strategische Partnerschaft» vereinbart. Uneinig waren sie sich bei einem anderen Punkt: Wer beim Einsteigen ins Auto den Vortritt hat.