Wikileaks Assange sitzt seit 1000 Tagen im Hochsicherheits-Gefängnis

SDA

5.1.2022 - 00:00

Er hat sich mit den Falschen angelegt: Wikileaks-Gründer Julian Assange ist seit bald 1000 Tagen in Haft, fast zwei Jahre davon ohne Anklage. 
Er hat sich mit den Falschen angelegt: Wikileaks-Gründer Julian Assange ist seit bald 1000 Tagen in Haft, fast zwei Jahre davon ohne Anklage. 
Bild: Keystone

Im Hochsicherheits-Gefängnis von Belmarsh sitzen die gefährlichsten Verbrecher des Vereinigten Königreichs: Mörder, Vergewaltiger und Terroristen. Und hier wird Wikileaks-Gründer Julian Assange festgehalten. An diesem Mittwoch sind es 1000 Tage seit seiner Festnahme im April 2019.

Seit bald drei Jahren sitzt Julian Assange, Gründer von Wikileaks, in Haft. Verurteilt worden ist er bloss zu einem knappen Jahr wegen Verstoss gegen Kautionsauflagen. Doch weil die USA seine Auslieferung fordern, wird der Australier seit fast zwei Jahren ohne Verurteilung festgehalten. 

Zuvor hatte er sich jahrelang in der ecuadorianischen Botschaft dem Zugriff der Behörden entzogen, die ihn wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden suchten. Die Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.

Im juristischen Tauziehen mit Washington musste Assange erst vor kurzem einen heftigen Rückschlag hinnehmen. Der Londoner High Court gab dem Berufungsantrag der USA statt und hob das von einem anderen Gericht verhängte Auslieferungsverbot wieder auf. Nun warten die Anwälte Assanges darauf, die Erlaubnis für eine erneute Berufung vor dem obersten britischen Gericht, dem Supreme Court, zu erhalten. Für Assange geht die Ungewissheit also weiter.

Staatsgeheimnisse preisgegeben oder Kriegsverbrechen aufgedeckt?

Die US-Justiz wirft ihm vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan sowie eine riesige Zahl diplomatischer Depeschen gestohlen und auf der Internetplattform Wikileaks veröffentlicht zu haben. Damit sei das Leben amerikanischer Informanten in vielen Ländern in Gefahr gebracht worden. Für die US-Ermittler ist Assange ein Spion. Ihm droht ein Strafmass von bis zu 175 Jahren.

Doch seine Unterstützer argumentieren, die Veröffentlichungen hätten Kriegsverbrechen aufgedeckt. Beispielsweise zeigte ein Video die Tötung von Zivilisten durch die Besatzung eines US-Hubschraubers im Irak. Anders als Assange musste sich von den beteiligten Soldaten bislang kein einziger vor Gericht verantworten.

Assanges Angehörige, vor allem seine Verlobte Stella Moris, machen sich Sorgen um seine Gesundheit. Und während bislang sein psychisches Wohlergehen im Vordergrund stand, scheint ihm seine Situation auch immer stärker körperlich zuzusetzen. Kurz nach dem jüngsten Urteil teilte Moris mit, Assange habe einen kleinen Schlaganfall erlitten, aus Stress über das Gezerre vor Gericht. «Julian quält sich und ich fürchte, dieser Mini-Schlaganfall könnte der Vorläufer für einen grösseren Anfall sein», sagte sie.

Wird an Julian Assange ein Exempel statuiert?

Ein Mann, der sich seit Jahren unbeirrt für die Freilassung Assanges einsetzt, ist der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer. Der Schweizer Rechtsprofessor spricht inzwischen von einer Täuschung, der sich Behörden in dem Fall bedienten. «Wenn Sie denken, dass Assange ein Verräter, ein Vergewaltiger und ein Hacker ist, verurteilte ich Sie dafür nicht. Sie sind getäuscht worden», sagte Melzer der US-Youtuberin Katie Halper Ende des vergangenen Jahres. Er fügte hinzu: «Ich konnte nicht fassen, wie viel Korruption mir in diesem Fall begegnet ist.»

Für Melzer ist die Lage klar: An Assange soll ein Exempel statuiert werden. «Die Absicht dieser Strafverfolgung ist nicht, Assange für ein echtes Verbrechen zu bestrafen, das er begangen hat», sagte Melzer. Alles, was ihm vorgeworfen werden könne, sei die Veröffentlichung von Material, das ihm zugespielt worden sei und dessen Inhalt von öffentlichem Interesse sei. Es gehe daher in Wirklichkeit darum, andere Journalisten einzuschüchtern, die ähnlich brisantes Material in die Hände bekämen, so der UN-Experte.

SDA, smi