Im äussersten Osten Russlands ist es nach der Festnahme des Gouverneurs Sergej Furgal zu grösseren Protesten gekommen. Zehntausende Menschen wandten sich am Wochenende gegen das Vorgehen der Behörden in Moskau.
Sie forderten auch den Rücktritt von Kremlchef Wladimir Putin. Gegen den 50 Jahre alten Gouverneur, der nicht zur Kremlpartei Geeintes Russland gehört, wird wegen des Verdachts der Ermordung von Geschäftsleuten ermittelt.
Demonstrationen gab es am Samstag und Sonntag in mehreren Städten der Region Chabarowsk. Die liegt gut acht Flugstunden von Moskau entfernt. In Russland sind Proteste wegen der Corona-Pandemie derzeit verboten. Berichte von Festnahmen gab es zunächst nicht. Die nicht von den Behörden genehmigten Aktionen blieben allesamt friedlich.
In der Grossstadt Chabarowsk sprachen Beobachter lokalen Medien zufolge von den grössten Demonstrationen seit Jahren. Die Polizei schätzte am Samstag die Zahl der Teilnehmer der Proteste in der Region auf bis zu 12'000. In Medienberichten schwankten die Zahlen zwischen 30'000 und 65'000. Am Sonntag berichtete das Team des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny von 2000 Teilnehmern.
Sie riefen auf Strassen und Plätzen «Bringt Furgal zurück», «Wir sind Sergej Furgal», «Moskau, geh weg» und «Putin ist ein Dieb». Es seien Unterschriften für die Freilassung des beliebten Gouverneurs gesammelt worden. Demonstranten kritisierten auch die Einflussnahme des Machtapparats in Moskau auf die Region, die nicht weit von China entfernt liegt. Rechnungshofchef Alexej Kudrin schlug der Agentur Interfax zufolge vor, den Regionen mehr Unabhängigkeit zu geben.
Die Sprecherin des Gouverneurs dankte bei Instagram für die Unterstützung. Die Region habe selten solch eine Einmütigkeit erlebt, schrieb Nadeschda Tomtschenko. Sie wandte sich auch direkt an die Demonstranten: «Wir sind sicher, dass Sie erhört werden.»
Der regierungskritische Politiker Gennadi Gudkow sagte dem Radiosender Echo Moskwy, die Proteste seien eine letzte Warnung an Kremlchef Wladimir Putin. «Die Menschen sind wütend, verärgert, verarmt und sehen keine Perspektiven mehr für sich.» Ausserdem hätten sie genug von der Willkür der Bürokraten und Sicherheitskräfte. Der Politologe Abbas Galljamow sieht in den Protesten auch eine deutliche «Anti-Moskau-Haltung» der Menschen in den Regionen Russlands.
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