Polizei Hamburg: Täter möglicherweise unter den Toten
In der Hansestadt waren am Donnerstagabend Schüsse gefallen. Nach Angaben der Polizei wurden mehrere Menschen getötet. Ein Sprecher der Polizei gab an, es gebe noch keine Erkenntnisse zu den Hintergründen der Tat.
10.03.2023
In Hamburg fallen am Abend Schüsse, Polizei und Feuerwehr sind mit einem Grossaufgebot vor Ort. Mehrere Tote und Verletzte werden aus einem Gebäude der Zeugen Jehovas getragen. Unter den Toten soll auch der Täter sein.
Mehrere Menschen wurden während einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg durch Schüsse getötet oder verletzt. Medienberichten zufolge starben am Donnerstagabend sechs oder sieben Menschen, mindestens acht weitere Personen seien verletzt worden. Diese Zahlen bestätigten zunächst weder die Polizei noch die Hamburger Innenbehörde. «Es ist nach ersten Erkenntnissen so, dass mehrere Tote unter den Opfern zu beklagen sind», sagte ein Polizeisprecher dazu. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stuft die Hamburger Polizei die Schüsse als Amoktat ein.
«Die Toten haben alle Schussverletzungen», hiess es. Unter den Toten soll auch der Täter sein: Beamte hätten «eine leblose Person aufgefunden, bei der wir davon ausgehen, dass es sich um einen Täter handeln könnte». Es werde derzeit nicht von weiteren Tätern ausgegangen, hiess es am Freitagmorgen.
Die Polizei sprach von einer Grosslage. Die Hintergründe der Schüsse im Stadtteil Alsterdorf waren nach Angaben der Ermittler zunächst unklar. Es gebe keinen Hinweis auf einen anderen oder einen flüchtigen Täter: «Im Moment ist die Lage so weit beruhigt», sagte ein Polizeisprecher am späten Abend. Es bestehe deshalb auch keine Gefahr mehr für die Bevölkerung rund um den Tatort.
Streifenwagen mit Blaulicht hatten den Tatort am Abend weiträumig abgesperrt. Beamte mit Maschinenpistolen sicherten den Bereich zusätzlich ab. Unmittelbar nach den Schüssen waren alle Fenster des Gebäudes hell erleuchtet, ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Rettungswagen standen in den Strassen.
Bericht einer Anwohnerin
Eine Nachbarin hat von mehreren Schüssen bei der Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg am Donnerstagabend berichtet. «Es waren ungefähr vier Schussperioden. In diesen Perioden fielen immer mehrere Schüsse, etwa im Abstand von 20 Sekunden bis einer Minute», berichtete Studentin Lara Bauch am späten Donnerstagabend. «Ich habe dann weiter aus dem Fenster geschaut und bei den Zeugen Jehovas eine Person ganz hektisch vom Erdgeschoss ins erste Geschoss laufen sehen.» Menschen seien später von Polizisten an Händen und Füssen auf die Strasse getragen worden.
«Erfahrungsgemäss ist der Gottesdienst hier schon immer sehr gut besucht», sagte die 23-Jährige weiter. Die Besucher und Besucherinnen seien immer sehr gemischt – Familien, ältere Leute, jüngere Leute.
Reaktionen
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zeigte sich bestürzt über die Schüsse während einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas. «Die Meldungen sind erschütternd», schrieb Tschentscher bei Twitter. «Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl. Die Einsatzkräfte arbeiten mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter und der Aufklärung der Hintergründe.» Tschentscher rief die Bürgerinnen und Bürger auf, die Hinweise der Polizei zu beachten.
Über eine amtliche Gefahrendurchsage der Behörde für Inneres in Hamburg war die Rede von einer «extremen Gefahr». «Am heutigen Tag gegen 21:00 Uhr schoss(en) ein oder mehrere unbekannte Täter auf Personen in einer Kirche», hiess es in dem Text. Die Polizei sei gegen 21:15 Uhr telefonisch über die Schüsse informiert worden. Die Gefahrenwarnung sollte kurz nach Mitternacht aufgehoben werden.
Einsatzkräfte vor einem Gebäude in Alsterdorf.
Blick auf den Einsatzort in Hamburg.
Ein Polizist steht mit einer Waffe in einem Gebäude.
Polizisten in Spezialausrüstung.
Bei Schüssen in einer Hamburger Kirche starben mehrere Menschen.
Polizisten in Spezialausrüstung stehen neben einem Gebäude der Zeugen Jehovas.
Polizisten stehen in einem Gebäude. Die Polizei spricht von einer Großlage.
Polizisten und Helfer am Tatort in Hamburg.
Mitarbeiter der Spurensicherung der Polizei Hamburg sind Vorort.
Mehrere Tote nach Schiesserei bei Zeugen Jehovas - Gallery
Einsatzkräfte vor einem Gebäude in Alsterdorf.
Blick auf den Einsatzort in Hamburg.
Ein Polizist steht mit einer Waffe in einem Gebäude.
Polizisten in Spezialausrüstung.
Bei Schüssen in einer Hamburger Kirche starben mehrere Menschen.
Polizisten in Spezialausrüstung stehen neben einem Gebäude der Zeugen Jehovas.
Polizisten stehen in einem Gebäude. Die Polizei spricht von einer Großlage.
Polizisten und Helfer am Tatort in Hamburg.
Mitarbeiter der Spurensicherung der Polizei Hamburg sind Vorort.
Auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank zeigte sich erschüttert. «Ich bin schockiert über die Schiesserei in Gross Borstel, bei der es mehrere Tote und Verletzte gab», schrieb die Grünen-Politikerin bei Twitter. «Mein tiefes Mitgefühl gilt den Familien und Freunden der Opfer. Dank an alle Einsatzkräfte, die mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter und der Aufklärung dieser grausamen Tat arbeiten.»
Das Erzbistum Hamburg zeigt sich erschüttert über die Schüsse bei einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas. «In Hamburg sind mehrere Menschen Opfer eines brutalen Verbrechens geworden. Vieles ist noch unklar. Wir sind erschüttert. Gemeinsam beten wir», schrieb das Erzbistum am Donnerstagabend auf Twitter. Weiter hiess es: «Wir sind bei denen, die verletzt sind und bei denen, die aus dem Leben gerissen wurden.»
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich «erschüttert». «Meine Gedanken sind in dieser schweren Stunde bei den Opfern und ihren Angehörigen, bei den Gemeindemitgliedern und auch bei den Einsatzkräften», sagte Faeser der Deutschen Presse-Agentur.
Polizeieinheit war in der Nähe
Eine besondere Einheit der Bereitschaftspolizei, die in der Nähe war, sei in das Objekt reingegangen und habe sogar auch noch einen Schuss aus einem oberen Stockwerk gehört, so der Polizeisprecher weiter. Dabei sei auch eine Person tot aufgefunden worden. «Ob es sich dabei um den Täter handelt, ist noch unklar.»
Welche Art von Veranstaltung in der Kirchengemeinde der Zeugen Jehovas abgehalten wurde, war zunächst unklar. Auf der Internetseite der Zeugen Jehovas war für den Donnerstagabend eine von zwei wöchentlichen Zusammenkünften geplant. Dazu ist den Informationen zufolge auch die Öffentlichkeit eingeladen. Bei den Zusammenkünften wird sich demzufolge mit der Bibel befasst und damit, wie das, was sie lehrt, im Leben berücksichtigt werden kann. Polizeiangaben zufolge hatten mehrere Menschen die Veranstaltung besucht: «Es sind mehrere Personen in dem Gebäude gewesen während der Veranstaltung», so ein Sprecher.
Die Polizei hat ein Hinweisportal eingerichtet. Auf der Webseite https://hh.hinweisportal.de/ können «Fotos und Videos zur Tat oder relevanten Ereignissen in diesem Zusammenhang hochgeladen werden», teilte die Polizei Hamburg auf Twitter mit.
Zeugen Jehovas – Hintergrund
Die Zeugen Jehovas sind eine christliche Gemeinschaft mit eigener Bibel-Auslegung. Die Anhänger glauben an Jehova als «allmächtigen Gott und Schöpfer» und sollen sich strengen Vorschriften unterwerfen. Sie sind davon überzeugt, dass eine neue Welt bevorsteht und sie als auserwählte Gemeinde gerettet werden. Weltweit haben die Zeugen Jehovas etwa acht Millionen Mitglieder. Die «Weltzentrale» ist in New York. Die deutsche Gemeinschaft mit weniger als 200'000 Mitgliedern gehört zu den grössten in Europa.
Hintergrund zum Tatort
Bei dem Tatort handelt es sich um ein dreistöckiges Gewerbegebäude, das an einer breiten Strasse und neben einem Malerbetrieb sowie einer Baustelle mit drei grossen Kränen liegt. In Hamburg-Alsterdorf leben rund 15'000 Menschen, der Stadtteil im Bezirk Hamburg-Nord ist etwa drei Quadratkilometer gross. Neben Alsterdorf gibt es zwölf weitere Stadtteile in dem Bezirk. In Hamburg-Alsterdorf sind zahlreiche Unternehmen angesiedelt. Durch den Stadtteil verläuft der Fluss Alster.