Kantonale Vorlage Wallis will Sterbehilfe in Pflegeheimen gesetzlich regeln

red. / SDA

26.11.2022

Das Stimmergebnis der Walliser Gemeinden.

Grafik: Keystone-SDA

Sterbehilfe darf in Walliser Spitälern und Heimen künftig nicht mehr verhindert werden. Diesem Grundsatz hat das Walliser Volk am Sonntag mit 75,8 Prozent Ja deutlich zugestimmt. So haben die Gemeinden dazu abgestimmt.

red. / SDA

26.11.2022

Das umstrittene Gesetz über die Palliativ Care und die Rahmenbedingungen für die Beihilfe zum Suizid in Institutionen und Einrichtungen war dem obligatorischen Referendum unterstellt worden, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich zu diesen gesellschaftspolitisch sensiblen Themen zu äussern. Es wurde mit 63'837 Ja- gegen 20'399 Nein-Stimmen angenommen, wie die Staatskanzlei mitteilte. Die Stimmbeteiligung lag bei 40 Prozent.

Das Walliser Gesetz soll das Recht auf Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten und Bewohnerinnen und Bewohnern gewährleisten und dafür sorgen, dass die Beihilfe innerhalb eines gewissen Rahmens stattfindet und nicht zu Auswüchsen führt. Bisher war es nicht in allen Walliser Gesundheitseinrichtungen möglich, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, da sich einige Leitung dagegen aussprachen und sie in ihren Räumlichkeiten nicht zuliessen.

Heute ist es nicht in allen Walliser Gesundheitseinrichtungen möglich, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, da sich einige Leitungen dagegen aussprechen und sie in ihren Räumlichkeiten nicht zulassen.

Das Gesetz soll das Recht auf Selbstbestimmung und Würde der Patient*innen und Bewohner*innen gewährleisten. Gleichzeitig soll dafür gesorgt werden, dass die Beihilfe innerhalb eines gewissen Rahmens stattfindet und nicht zu Auswüchsen führt.

Der Staat oder eine seiner Institutionen dürfen eine Person laut einem Urteil des Bundesgerichts nicht daran hindern, Sterbehilfe von aussen zu verlangen und diese, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, auch zu erhalten, unabhängig davon, ob sie zu Hause wohnt oder sich in einer Einrichtung mit öffentlichem Auftrag aufhält.

Die Befürworter*innen des Gesetzes betonen, dass es sich bei der Suizidbeihilfe um ein Grundrecht handelt, das der Staat oder seine Institutionen nicht unterstützen oder finanzieren müssen, dessen Ausübung aber auch nicht verhindert werden dürfe.

Oberwallis deutlich skeptischer

Das Thema Sterbehilfe spaltet das katholisch geprägte Wallis nicht nur entlang der Parteien, sondern auch geografisch. Die Linke und die FDP gehören zu den Befürwortern des assistierten Suizids, während sich die SVP und die katholische Kirche dagegen aussprechen. In der CVP sind die Meinungen geteilt.

Auffallend ist, dass im Oberwallis die Ablehnung deutlich überwiegt. Dort erlaubte 2021 nur ein einziges Pflegeheim seinen Bewohner*innen, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.

Ein Komitee mit dem Namen Pro Liberty wirbt für ein Nein an der Urne. Es wird präsidiert vom ehemaligen Staatsrat und CVP-Ständerat Jean-René Fournier. Das Komitee, in dem sich auch Gesundheitsfachleute engagieren, setzt sich für die Freiheit der Institutionen ein. Es ist der Ansicht, dass die Palliativpflege gefördert werden soll.

Mit einem Nein an der Urne werde die Würde des Menschen verteidigt. Das Gesetz fördere einen oft nicht ausgereiften Sterbewunsch und wecke Schuldgefühle bei jenen, die weiterleben wollten.

Jean-René Fournier ist Präsident des Komitees Pro Liberty, das für ein Ja an der Urne kämpft.
Jean-René Fournier ist Präsident des Komitees Pro Liberty, das für ein Ja an der Urne kämpft.
Bild: Keystone

Kritik an «Giesskannenprinzip»

Die zweite kantonale Abstimmungsvorlage sieht eine Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen vor. Sie ist ein Gegenentwurf zur 2019 eingereichten Volksinitiative «Mehr Familienzulagen für ihre Kinder». Die Walliser Regierung und die Mehrheit des Grossen Rates befürworteten die Initiative grundsätzlich, setzten die Beiträge aber etwas tiefer an. Die Initiative wurde daraufhin zurückgezogen.

Die FDP Wallis und die SVP Oberwallis ergriffen das Referendum. Die Gegner sind der Auffassung, dass die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge eine zu grosse Belastung für die Unternehmen darstellt. Ausserdem argumentieren sie, die Gelder würden nach dem Giesskannenprinzip an alle Familien ohne Rücksicht auf ihr Einkommen verteilt. Das Gesetz sei somit ineffizient, und die zusätzlichen Mehrkosten von 25 Millionen Franken pro Jahr seien «verschwendet».

Das Abstimmungsergebnis der Walliser Gemeinden.

Grafik: Keystone-SDA

Der Staatsrat weist darauf hin, dass die Familienzulagen im Kanton Wallis seit 2009 nicht mehr angepasst wurden. Damit stünden sie nicht mehr im Einklang mit der kantonalen Familienpolitik, die in Sachen Zulagen lange als vorbildlich gegolten habe.

Mit der Erhöhung der Kinderzulage um 30 Franken auf 305 Franken pro Monat und Kind und mit der Erhöhung der Ausbildungszulage um 20 Franken auf 445 Franken pro Monat und Kind wäre der Kanton Wallis laut dem Staatsrat wieder der vorteilhafteste Kanton für Familienzulagen. Gemäss dem Bundesgesetz über Familienzulagen müssen die Kinderzulagen mindestens 200 Franken und die Ausbildungszulagen mindestens 250 Franken pro Monat betragen. Die Kantone können aber auch höhere Beiträge vorsehen.