Referendum gegen Pensionskassenreform eingereicht
Die Gegner der vom Parlament beschlossenen Pensionskassenreform haben das Referendum eingereicht. Laut eigenen Angaben sammelten sie rund 140'000 Unterschriften. Das sind fast dreimal so viele Unterschriften wie nötig, wie das Bündnis aus Gewerkschaften, SP und Grünen am Dienstag mitteilte. Damit das Referendum zustande kommt und das Volk abstimmen kann, muss das Bündnis bis zum 6. Juli 50'000 gültige Unterschriften sammeln. Die Bundeskanzlei überprüft die Unterschriften. Vertreterinnen und Vertreter des Bündnisses argumentieren, dass die vom Parlament beschlossene Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge zu Rentenverlusten und «massiven Mehrkosten für Normalverdienende» führt. Ebenso würden die deutliche Zinswende und die hohe Teuerung komplett ignoriert.
27.06.2023
Drei Mal mehr Unterschriften als nötig kamen beim BVG-Referendum zusammen. Im kommenden Jahr stimmen wir also über die berufliche Vorsorge ab. Hier findest du alles, was du darüber wissen musst.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Die Revision der beruflichen Vorsorge kommt vors Volk.
- SP, Grüne, Gewerkschaften sowie Arbeitnehmendenverbände sammelten gut 140'000 Unterschriften.
- Im März 2024 wird darüber abgestimmt.
- Es dürfte ein heisser Abstimmungskampf werden.
1. Was ist das Problem?
Die zweite der drei Säulen des Schweizer Vorsorge-Systems soll für die Zukunft gerüstet werden. Denn mehr und mehr Baby-Boomer kommen in Rente. Die Pensionskassen mussten wegen der Überalterung der Gesellschaft zuletzt mehr Geld für die Finanzierung der laufenden Renten aufwenden, als zuvor von Arbeitgebern und Angestellten angespart worden war.
2. Was wollen National- und Ständerat?
Die Höhe der Rente aus der zweiten Säule wird durch den Umwandlungssatz bestimmt. Aktuell beträgt dieser 6,8 Prozent. Wer auf seinem BVG-Konto 100'000 Franken hat, erhält ab Eintritt in die Pension 6800 Franken Jahresrente. Die eidgenössischen Räte haben nun beschlossen, dass dieser Umwandlungssatz auf 6 Prozent gesenkt werden soll.
Als Kompensation erhält die betroffene Übergangsgeneration einen Rentenzuschlag. Zum Zuge kommt, wessen angespartes Pensionskassenguthaben eine bestimmte Schwelle nicht übersteigt. Profitieren soll rund die Hälfte der Betroffenen aus 15 Übergangsjahrgängen.
Neu soll zudem kein fixer Koordinationsabzug mehr gelten. Stattdessen sollen immer achtzig Prozent des jeweiligen Lohns versichert sein. Die neue Lösung soll die geringer verdienenden Teilzeitarbeitenden – das sind oft Frauen – besserstellen.
3. Wann wird darüber abgestimmt?
Weil SP, Grüne, Gewerkschaften sowie Arbeitnehmendenverbände das Referendum ergriffen und dafür gut 140'000 Unterschriften sammelten, wird im kommenden März darüber abgestimmt.
Wie der «Blick» berichtet, könnte es sein, dass zeitgleich über zwei weitere Renten-Vorlagen abgestimmt wird. Nämlich über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen, die eine Erhöhung des Rentenalters auf 66 und eine anschliessende Knüpfung an die Lebenserwartung verlangt. Ebenfalls dann zur Abstimmung kommen könnte die Volksinitiative der Gewerkschaften für eine 13. AHV-Rente.
4. Was sagen die Gegner*innen der Vorlage?
«Das Parlament hat schlecht gearbeitet», sagte der Waadtländer SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard vor den Medien. Der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) kritisierte die Senkung des Umwandlungssatzes, die zu weniger hohen Renten für viele führen würde, als unnötig. «Die Bürgerlichen wollen Gutverdienende nicht in die Verantwortung nehmen.»
Gleichzeitig machten Banken und Versicherer mit den Guthaben in der zweiten Säule Milliardengewinne, machte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer geltend. «Es handelt sich deshalb auch um ein Abzockerproblem.» Die Vorlage müsse zurück an den Absender – ohne Erhöhung der Lohnbeiträge zulasten der Frauen.
5. Was sagt der Bundesrat?
Sozialminister Alain Berset hatte im Parlament gewarnt, dass die Vorlage Schiffbruch erleiden könnte. Er gab zu bedenken, dass während der AHV-Abstimmung im vergangenen Jahr verschiedene Versprechen abgegeben worden seien. Mit der nun gewählten Lösung erhalte die Hälfte der Betroffenen keine Kompensation.
Berset wird die Vorlage im Namen des Bundesrats indes nicht mehr verteidigen müssen. Nach seiner Rücktrittsankündigung wird diese Aufgabe seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin obliegen.
6. Wie wird der Abstimmungskampf?
Ein Blick zurück in die jüngere Geschichte zeigt auf, dass ein harter Kampf bevorstehen könnte. Denn: Im vergangenen Jahrzehnt waren alle Reformbestrebungen der zweiten Säule gescheitert. 2010 versenkte das Stimmvolk die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6,4 Prozent ohne Kompensationen mit 73 Prozent Nein-Stimmen. 2017 wurde die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent mit einer Kompensation in der AHV verworfen.
*Mit Material der Nachrichtenagentur keystone-sda.