Touristen bleiben aussen vorBeim Booster hört die Gastfreundschaft auf
Von Gil Bieler und Lukas Meyer
28.12.2021
Corona-Tests sind auch für Touristen gratis, weil dies dem Schutz der ganzen Bevölkerung diene – die Boosterimpfung erhalten sie aber nicht. Zumindest nicht auf offiziellem Weg.
Von Gil Bieler und Lukas Meyer
28.12.2021, 23:30
29.12.2021, 09:28
Gil Bieler und Lukas Meyer
Touristinnen und Touristen sind in der Schweiz auch in der Pandemie willkommen. Die Skipisten sind offen, und mit dem neuesten Massnahmenpaket hat der Bundesrat die Einreisebestimmungen wieder gelockert. War davor ein zweiter Corona-Test nach der Einreise fällig, reicht seit dem 20. Dezember ein negatives Testresultat beim Grenzübertritt.
Auch was die Übernahme von Testkosten angeht, ist die Schweiz generös: «Für Touristinnen und Touristen werden die Testkosten analog zur Bevölkerung in der Schweiz übernommen», erklärt ein Mediensprecher des Bundesamts für Gesundheit (BAG) auf Anfrage. Damit solle es allen Personen, die sich in der Schweiz aufhalten, möglich sein, sich testen zu lassen. «Nur so ist ein guter, wirksamer epidemiologischer Effekt und Schutz der Bevölkerung möglich.»
Was bei den Testkosten gilt
Der Bund trägt die Kosten für Antigenschnelltests und Speichel-PCR-Pooltests.
Fällt eine Poolprobe positiv aus, wird auch der darauffolgende Einzel-PCR-Test bezahlt.
Die Kosten für Einzel-PCR-Tests werden ausserdem bei Krankheitssymptomen oder Kontakt zu positiv Getesteten übernommen.
Nicht bezahlt werden Selbsttests sowie Einzel-PCR-Tests und Antikörpertests.
Beim Corona-Impfstoff hört die Gastfreundschaft allerdings auf. Das musste auch ein Reisender erfahren, den wir Peter* nennen wollen und der den Winter als Tourist in der Schweiz verbringt.
Der 30-Jährige ist auf Reisen in Europa, trotz Corona. Weil er bis nach dem Jahreswechsel in der Schweiz bleiben will und Omikron ihm Sorgen bereitet, informierte er sich auch über die Möglichkeit, sich boostern zu lassen. Seine zweite Impfdosis liegt über ein halbes Jahr zurück. Der richtige Zeitpunkt also für die Auffrischung, für die auch gern bezahlen würde – doch in der Schweiz sind Impfungen für Reisende nicht erlaubt. «Touristen sollen sich an ihrem Wohnort impfen lassen», heisst es auf der BAG-Website.
Die Überlegung dahinter? Man will einen Impftourismus in die Schweiz verhindern, der «als nicht opportun erachtet» würde, erklärt eine BAG-Sprecherin. Der Bundesrat habe eine Covid-Impfung für Tourist*innen aus diesem Grund ausgeschlossen – «auch gegen Bezahlung». Die Kantone seien angewiesen, Reisende nicht zu impfen. Eine Ausnahme besteht einzig für Grenzgängerinnen und Grenzgänger.
Ist Tourist gleich Tourist?
Selbst Tourismuskantone haben kein Interesse am Impftourismus. Dem BAG liegen keine Anfragen der Kantone vor, die Impfung für Tourist*innen zu öffnen.
Gleichzeitig vertritt die Gesundheitsdirektion des Wallis aber einen differenzierten Ansatz: «Die Impfung von Touristen, die sich für einen kurzen Zeitraum in der Schweiz aufhalten, wäre epidemiologisch nicht sehr sinnvoll», erklärt Mediensprecher Gaël Bourgeois. Doch: Wer als Tourist einreist, kann bis zu drei Monate im Land bleiben. Ein anderer Fall.
Umfrage
Sollten sich auch Tourist*innen boostern lassen dürfen?
«Unserer Ansicht nach fallen Touristen, die drei Monate in der Schweiz bleiben, unter die Kategorie der Personen, die sich für einen relativ langen Zeitraum in der Schweiz aufhalten, und können sich daher impfen lassen», führt Bourgeois aus. Die Situation bei solch langen Aufenthalten sei vergleichbar mit jener von Saisonarbeiter*innen.
Ob man diese Ansicht beim BAG teilt, ist offen. Eine Nachfrage vor den Feiertagen blieb unbeantwortet.
«Ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk»
Trotz fehlender rechtlicher Grundlage: Peter fand einen Arzt, der ihm doch noch zur Auffrischimpfung verhalf. Wo, das will er nicht verraten. Sein Covid-Zertifikat, das blue News vorliegt, bezeugt: Den Piks erhielt er bereits vor einigen Wochen – also noch bevor der Bund die Wartefrist für den Booster von sechs auf vier Monate verkürzt hat. Zu jener Zeit durften sich auch impfwillige Einheimische nicht boostern lassen.
Seither ist im Pandemiegeschehen viel passiert. Ob Peter heute noch geboostert würde? «Ich glaube nicht», sagt er, «was ich sogar verstehen könnte.» Vordrängeln würde er sich bestimmt nicht, beteuert er. «Doch damals sagte mir der Arzt, dass er genug Impfstoff habe, um auch mich berücksichtigen zu können.» Also nutzte er die Chance.
Peter ist dem Arzt sehr dankbar für den Piks: «Das war für mich wie ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk.»