Streit ums Geld Bei der AKW-Stilllegung muss der Bund über die Bücher

SDA, gbi

30.1.2023 - 12:00

Das AKW Mühleberg ging Ende 2019 vom Netz – und muss jetzt rückgebaut werden.
Das AKW Mühleberg ging Ende 2019 vom Netz – und muss jetzt rückgebaut werden.
Bild: Keystone

Die Beiträge der AKW-Betreiber für den Stilllegungsfonds müssen für die Periode 2017 bis 2021 neu berechnet werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

30.1.2023 - 12:00

Der Berner Energiekonzern BKW hat als Betreiberin des Ende 2019 abgestellten Atomkraftwerks Mühleberg einen Teilsieg vor Gericht errungen.

Das Kernenergiegesetz sieht nicht vor, dass bei einer Stilllegung die Gebäude einer Atomanlage abgerissen werden müssen, wenn keine radiologische Gefahr mehr besteht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschieden.

Das Gesetz lasse nicht nur das sogenannte Stilllegungsziel «grüne Wiese» zu. Erlaubt sei auch die «braune Wiese», wie die BKW argumentierte. In diesem Fall könnten die Eigentümer den Fortbestand der Gebäude einer früheren Anlage beantragen. Sobald die Gebäude kontaminationsfrei seien, unterstünden sie nicht mehr dem Kernenergiegesetz, sondern kantonalem Baurecht.

Als Beispiel für eine solche Weiternutzung nennt das Bundesverwaltungsgericht das ehemalige Versuchsatomkraftwerk in Lucens VD. Das Gelände mit den unter- und oberirdischen Bauten untersteht bis auf ein kleines Zwischenlager nicht mehr der Atomgesetzgebung. Der Kanton Waadt nutzt die Gebäude zur Aufbewahrung von kulturellen und archäologischen Gütern.

«Braune Wiese» prüfen

Der Stilllegungsfonds (Stenfo) hielt nur die Variante der «grünen Wiese» für zulässig und berechnete davon ausgehend die Jahresbeiträge der Anlagenbetreiber. Nun muss er über die Bücher.

Für die Beurteilung der voraussichtlichen Stilllegungskosten muss er unter anderem abklären, wie gross die konkrete Wahrscheinlichkeit ist, dass das Szenario «braune Wiese» realisiert werden kann.

Die BKW rügte in ihrer Beschwerde zahlreiche weitere Punkte. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese in einem über 60 Seiten umfassenden Urteil jedoch abgewiesen.

Regelmässige Überprüfung

Die Eigentümer der schweizerischen Atomkraftwerke müssen für die zukünftige Stilllegung ihrer Anlagen Jahresbeiträge an den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds leisten. Die Beiträge orientieren sich an der Höhe der erwarteten Kosten. Weil die Berechnung verschiedenen Unsicherheiten unterliegt, muss sie alle fünf Jahre auf der Basis neuer technischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüft werden.

Der Stenfo legte die voraussichtlichen Gesamtkosten für die Stilllegung der Atomkraftwerke und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle 2020 auf 23,856 Milliarden Franken fest. Davon sind 3,779 Milliarden Franken für die Stilllegung und 20,077 Milliarden Franken für die Entsorgung vorgesehen.

Urteil A-1972/2021 vom 18.1.2023

SDA, gbi